Markus Kebschull und das Restaurant Seesteg auf Norderney
Wenn man es genau nimmt, hat Markus Kebschull seine Karriere dem eigenen Vater zu verdanken. Der arbeite nämlich beim Arbeitsamt und wusste ziemlich genau, welche Berufe sich großer Beliebtheit erfreuen. Kurzerhand schlug er seinem Sohn den Beruf des Kochs vor. Kebschull willigte ein und begann seine Ausbildung im Restaurant Kette in Wertheim am Main – ein klassisches Wirtshaus, in dem hausgemachte Knödel und Spätzle neben Schmorbraten und hauchdünn geklopftem Schnitzel auf der Karte standen. Das war 1985. Seitdem hat sich nicht nur die kulinarische Landschaft Deutschlands gewandelt, auch Markus Kebschull hat sein Handwerk dank Jahrzehnte langer Erfahrung und Stationen in ganz Europa verfeinert. Inzwischen ist der 46-jährige Küchenchef im Restaurant Seesteg des gleichnamigen Hotels auf Norderney und wurde 2015/2016 erneut mit einem Michelin Stern ausgezeichnet.
Die Nordseeinsel ist seit März 2012 das Zuhause des gebürtigen Baden-Württembergers und seiner Familie. Hier bietet er eine Gourmetküche an, die in Deutschland ihresgleichen sucht. Denn die Insel verfügt kaum über die übliche Gourmet-Ware und auch der Seesteg, ein privat geführtes Relais & Châteaux Hotel mit nur 16 Suiten, Rooftop-Pool und Private Spa, ist so ganz anders, als die klassischen Feinschmecker-Adressen des Landes. Das liegt natürlich an seiner Größe, vor allem aber am unaufdringlichen Luxus und dem angenehmen Understatement dieses besonderen Refugiums. Dementsprechend anders und auf jeden Fall ungezwungen ist auch das Restaurant Seesteg mit seinen markanten Ziegelsteinwänden, den bodentiefen Fenstern mit spektakulärem Blick auf die Nordsee, der gläsernen Showküche, den gemütlichen Sitzbänken und den puristisch eingedeckten Holztischen.
Markus Kebschull mag und schätzt das entspannte Ambiente seiner Wirkungsstätte. Denn in seinem Restaurant dreht sich wirklich einmal alles um den Gast. Und der macht in erster Linie Urlaub auf der Insel. Im Seesteg findet man daher weder das Schaulaufen einer Metropole noch vermeintliche Küchen-Trends oder Experimente. Hier geht es darum, den reinen Genuss und eine hervorragende Küche in stilvoller Umgebung ganz zwanglos und unaufgeregt zu erleben. Markus Kebschull bedient sich einer klassisch französisch beeinflussten Küche und erweitert diese mit saisonalen Produkten, wann immer möglich und sinnvoll aus der Region, sowie modernen Komponenten.
Seine Küche ist gradlinig, aromenstark und ausschließlich auf das Produkt fokussiert. Da findet man dann schon einmal Grünkohl mit edlem Steinbutt oder Hummer auf der Karte. Kebschull weiß, dass seine Gäste oftmals rund um die Welt reisen und in den besten Restaurants essen. Er versucht nicht, mit Effekthascherei zu beeindrucken – er präsentiert eine ehrliche Küche, die immer wieder überrascht und dennoch ganz vertraut wirkt. Vielleicht ist das der Grund, warum man sich bei ihm im Seesteg von der ersten Minute an wohlfühlt. Das liegt auch an der Auswahl der Produkte, wie beispielsweise Ziegenkäse von der Hofkäserei-Bachenbruch, fangfrischem Nordseefisch oder, wenn er ganz viel Glück hat, Norderneyer Hirsch. Zudem aber auch an Kebschulls Gabe, sich bei seinen Kreationen auf das Wesentliche zu konzentrieren und so manches Mal auch neue Kombinationen zu wagen.
Kebschull versteht sein Handwerk und schöpft aus einem reichen Erfahrungsschatz: Nach seiner Ausbildung arbeitete er unter Willi Tetz im besternten Restaurant Humperdinck in Frankfurt am Main. Dort hatte er das erste Mal Kontakt mit der Spitzenküche, arbeitete erstmals mit Hummer, Steinbutt und Kaviar und absolvierte, wie er selbst sagt, eine zweite Ausbildung – die in einer Gourmetküche. Von Frankfurt aus ging es in den Landkreis Main Spessart, zum Weinhaus Anker, ebenfalls ausgezeichnet mit einem Michelin Stern. Die Zeit dort hat Kebschull aufgrund der vielen Handgriffe nachhaltig geprägt, denn unter Küchenchef Hermann Kerscher wurden noch Fasane gerupft, ganze Rehe zerlegt und mit Stopfleber gefüllte Wachteln im Schweinenetz gegart. Doch Kebschull wollte zurück in die Stadt und heuerte nach kurzer Zeit im Restaurant Francais des Frankfurter Hofes an. Eine gute Entscheidung, wie sich schnell zeigte: Kebschull lernte im Hotel seine heutige Frau kennen, die dort als Patissière arbeitete. Gemeinsam ging es zwei Jahre später für drei Saisons in die Schweiz, von dort aus nach Irland und 1996 schließlich in das Badhotel Sternhagen nach Cuxhaven. 17 Jahre hat Kebschull dort verbracht und das Restaurant Sterneck zu insgesamt zwei Michelin Sternen geführt. Seit 2012 ist er nun Küchenchef im Restaurant Seesteg. Von seinem Arbeitsplatz aus sieht er die Nordsee. Wenn er am Abend das Haus verlässt, den klaren Sternenhimmel sieht und das Meer auch spät in der Nacht bei geöffnetem Fenster noch rauschen hört, dann weiß er: Hier bin ich genau richtig. Seine Gäste danken es ihm.
Der Seesteg ist ein selbständig geführtes Hotel, das sich im Besitz der beiden Brüder Marc und Jens Brune befindet. Gemeinsam leiten der studierte Architekt und gelernte Hotelier die Brune & Company mit Sitz in Bremen. Dabei handelt es sich um ein Unternehmen, das neben klassischen Architektur-Dienstleistungen insbesondere als Hotelbetreibergesellschaft und Projektagentur tätig ist und auch eine Immobiliensparte bedient. Auf der Insel Norderney betreibt die Familie Brune neben dem Seesteg noch weitere drei Projekte und die Milchbar Norderney (www.milchbar-norderney.de).