Käse mit Charakter beliebter

Im gesättigten und stark umkämpften deutschen Käsemarkt zeigt eine neue Untersuchung von Mintel eine wachsende Marktchance für herzhafte Sorten auf. Laut Mintels GNPD (Datenbank weltweiter Produktneueinführungen) ist die Anzahl neuer Produkte im Bereich Hartkäse und Halbhartkäse* mit Werbeversprechen wie „würzig“, „deftig“, „herzhaft“, „intensiver Geschmack“, „ausgeprägt“, „rustikal“ und „pikant“ von
10 % aller Produkteinführungen im Jahr 2012 auf 15 % im Jahr 2015 gestiegen. Und dieser Trend scheint anzuhalten: Beinahe eines von fünf (17 %) in den ersten sechs Monaten des Jahres 2015 in Deutschland eingeführten Hart- und Halbhartkäseprodukten wies eines oder mehrere dieser Werbebeversprechen auf.

Laut der Mintel-Untersuchung ist die Liebe der Deutschen zu herzhaftem Käse im europäischen Vergleich besonders stark – im Jahr 2014 wurden nur in Österreich (25 %) mehr neue Käseprodukte mit dieser Beschreibung eingeführt; Deutschland lag vor Schweden (13 % ) und Großbritannien (12 %). In Europa insgesamt wurden Werbeverprechungen wie „herzhaft“/„würzig“ bei einem von 14 (7 %) zwischen 2012 und 2014 neu eingeführten (nicht aromatisierten) Hartkäseprodukten verwendet.

Während herzhafter Käse zunehmend an Beliebtheit gewinnt, hat die Anzahl neuer „milder“ Käsesorteneinführungen in Deutschland abgenommen: Ihr Anteil sank von
24 % aller neuen Hartkäseprodukte im Jahr 2012 auf 16 % im Jahr 2014. Eine ähnliche Entwicklung kann europaweit beobachtet werden.

Julia Büch, Food and Drink Analystin bei Mintel, sagt:
„Deftige Geschmacksrichtungen sind im Aufschwung, mit Trend hin zu stärkeren Käsesorten. Marken stellen zunehmend die natürlich vorhandenen, ausgeprägten Geschmacksprofile länger gereifter Produkte in den Vordergrund. Da das Interesse an qualitativ höherwertigem Käse sowie Spezialitäten generell zunimmt, wird diese Entwicklung weiter begünstigt. Ob Käse als traditionell, gesund oder exklusiv positioniert wird – Marken versuchen zunehmend, die Sinne der Verbraucher mit intensiveren Geschmackserlebnissen zu stimulieren. Im Bereich Käse wird es pikant – die Kombination mit Chili und anderen Gewürzen und Kräutern soll vor allem jüngere Verbraucher ansprechen. Darüber hinaus richten sich Marken nun zunehmend an erwachsenere, anspruchsvollere Gaumen.“

Herzhafte Geschmacksrichtungen sind zwar beliebt, doch anscheinend benötigt der deutsche Käsemarkt auch darüberhinaus neue Anregungen. Der deutsche Käseeinzelhandel hat seit dem Jahr 2010 durchschnittlich um 4,1 % an Wert gewonnen; betrachtet man das Volumen, war das Wachstum mit einem Durchschnittswert von 1,2 % im selben Zeitraum vergleichsweise verhalten.

Heutzutage sind harte bzw. extraharte Sorten die beliebtesten Käseprodukte in Deutschland. Auf sie entfällt ein Marktanteil von 42 %, vor weichen (33 %), halbharten (13 %) und streichfähigen/verarbeiteten Sorten (12 %). Halbharter Käse war im Jahr 2014 sowohl in Sachen Wert (+9 %) als auch in Sachen Volumen (+3 %) das am deutlichsten wachsende Segment.

Darüber hinaus weisen laut der Mintel-Untersuchung deutsche Supermarktregale eine große Auswahl an Käsesorten auf. Diese Vielfalt stellt beim Einkaufen für zwei Drittel (63 %) der deutschen Verbraucher jedoch eine Herausforderung dar. Diese Empfindung ist in Deutschland deutlich ausgeprägter als bei Verbrauchern in den Nachbarländern. Tatsächlich fühlt sich bloß ein Viertel (26 %) der französischen Verbraucher durch die gebotene Auswahl überfordert, gefolgt von Spaniern (30 %), Polen (33 %) und Italienern (46 %).

Während die große Käsevielfalt auf viele Verbraucher abschreckend wirken kann, sagen drei Viertel (76 %) der Konsumenten, die Käsesorte sei ein wichtiger Faktor bei der Entscheidung, welchen Käse sie kaufen. Derweil geben sogar zwei von fünf (39 %) deutschen Verbrauchern an, eine handliche Verpackung sei ein wichtiger Kaufgrund, gefolgt von Preis und Sonderangeboten (31 %), sowie vertrauenswürdigen Marken
(31 %). Ein Drittel (34 %) der deutschen Verbraucher hätte zudem Interesse, Käse mit ungewöhnlichen Geschmacksrichtungen zu probieren.

„Der gesättigte deutsche Käsemarkt weist eine stabile Entwicklung auf, angetrieben vom Wertzuwachs. Jedoch ist der Wettbewerb stark – die Entscheidung bei der Käseauswahl richtet sich eher nach Sorten als nach Marken. Die Vorliebe für bestimmte Käsesorten hängt untrennbar mit deren Geschmacksprofilen zusammen. Dies bietet Marken die Plattform, durch Betonung der geschmacklichen Besonderheit ihrer Produkte einen Mehrwert zu schaffen“, so Büch.

Käse mit Alkoholgeschmack im Aufschwung
Im Rahmen des allgemeinen Trends zu herzhafteren Geschmacksrichtungen gewinnt der sogenannte „Weinkäse“ in Europa erneut an Aufmerksamkeit. In Europa dominiert Österreich bei den neu eingeführten Produkten. Das Land steht hinter mehr als einem Drittel (35 %) der neuen „Weinkäse“-Produkte, die zwischen dem Jahr 2014 und Oktober 2015 auf den Markt gebracht wurden, gefolgt von Deutschland (29 %) und Frankreich (17 %).

„Viele Weinkäse haben eine gewaschene Rinde, die in regelmäßigen Abständen mit Weiß- oder Rotwein behandelt wird, um einen intensiven, ausgeprägten Geschmack zu erreichen. Wein und Käse werden allgemein als eine gelungene kulinarische Kombination angesehen. Dieses „perfekte Paar“ findet auch im Bereich der Produktinnovation Anwendung, mit einem wachsenden Schwerpunkt auf weinbehandelten Käse. Dieser richtet sich mit seiner offenkundig erwachsenen Positionierung an abenteuerlustige, jedoch reife Gaumen“, erklärt Büch.

Während mit Wein behandelter Käse ein Klassiker ist, experimentieren Marken neben dem Rebensaft zunehmend auch mit anderen Alkoholaromen. Laut der GNPD von Mintel waren in Europa zwischen dem Jahr 2014 und Oktober 2015 Bier (32 %), Calvados (11 %), Cider (8 %), Brandy/Armagnac (6 %) und Whisky (6%) neben Wein die am häufigsten verwendeten Alkoholgeschmacksrichtungen bei neu eingeführten Käseprodukten.

Am deutlichsten war der Zuwachs bei Bier. Dessen Anteil an neu eingeführten Käseprodukten mit Alkoholgeschmack stieg zwischen Januar und Oktober 2015 auf
40 %, verglichen mit 22% im demselben Zeitraum des Jahres 2012. Somit stehen Bier und Wein bei Produktneueinführungen im Bereich Käse nun gleichauf.

„Die steigende Beliebtheit des Bieraromas in Käsesorten reflektiert eine generelle, zunehmende Akzeptanz für den Genuss von Bier mit allen möglichen Lebensmitteln. Deutlich wird dies zum Beispiel durch das Aufkommen von Biersommeliers in den vergangenen Jahren“, fasst Büch zusammen.

*Hartkäse bezieht sich auf Käsesorten wie Parmesan, Manchego, Pecorino Romano; halbharter Käse bezieht sich auf Käsesorten wie Edamer, Cheddar, Gouda.

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