Das neue Archiv der Wiener Küche

Wien ist als einzige Stadt der Welt Namensgeberin einer eigenständigen Esskultur – der Wiener Küche. Um deren historische Aufarbeitung und Archivierung kümmert sich nun das Kuratorium Kulinarisches Erbe Österreich

Ob Schnitzel mit Erdäpfelsalat, Tafelspitz oder Apfelstrudel – die Wiener Küche ist berühmt und wohl die einzige weltweit, die den Namen einer Stadt trägt. Wissenschaftliche Publikationen bzw. archivwürdige Unterlagen dazu gab es bisher kaum. Mit der Einrichtung eines Archivs leistet das Kuratorium Kulinarisches Erbe Österreich nun einen wertvollen Beitrag zur Bewahrung der Tradition der Wiener Küche und der österreichischen Regionalküchen.

In Kooperation mit der Historikerin Dr. Ingrid Haslinger ist es gelungen, zahlreiche wichtige Nachlässe und Sammlungen zur Wiener Küche als Depot für das Kulinarische Erbe Österreich zusammenzutragen. Besonders bedeutend sind die Nachlässe von Franz Ruhm, dem großen Mentor der Wiener Küche im 20. Jhdt., und Ernst Faseth, der nicht nur als Fernsehkoch wichtig war, sondern auch als Lehrer in den Tourismusschulen Modul viele spätere Wiener Köche unterrichtete. Die Unterlagen bestehen großteils aus Kochbüchern, Fachliteratur, Menükarten, Fachzeitschriften und Fotos. „Es ist wichtig, dass wir der historischen und gesellschaftlichen Bedeutung der Wiener Küche gerecht werden. Daher war uns die Aufarbeitung und die Archivierung der vorliegenden Bestände ein großes Anliegen. Diese unglaublich wertvollen Quellen sind nicht nur identitätsstiftende Säulen unserer Kultur, sondern sollen zukünftig auch Grundlagen für Publikationen und Forschung darstellen“, so der Präsident des Kulinarischen Erbe Österreich Dr. Ferry Maier.

Auch als der Verband der Köche Österreichs sein Verbandslokal aufgab, konnte ein weiteres Archiv (Kochbücher, Küchenzeitschriften, Menükarten, Fotos, Dias) für das Kulinarische Erbe Österreich gerettet werden. „Wir archivieren zum Beispiel ein handschriftliches Kochbuch von Alexander Spörk, dem Leibkoch Kaiser Franz-Josefs. Zudem haben wir unter anderem zahlreiche Speisekarten aus den 1950er Jahren gefunden, die alle auf die Wiener Küche zurückgegriffen haben, was wiederum bestätigt, dass diese trotz des 2. Weltkriegs in den Traditionshäusern nicht in Vergessenheit geraten ist“, so Dr. Ingrid Haslinger, Ausstellungs-Kuratorin, Buchautorin und wissenschaftliche Mitarbeiterin der ehemaligen Hofsilber- und Tafelkammer.
Seit Sommer 2015 archiviert und inventarisiert Dr. Haslinger nun gemeinsam mit Mitarbeitern des Kulinarischen Erbe Österreich diese Bestände; besonders interessantes Material wird eingescannt. Ziel ist, dieses Archiv der Wiener Küche zu erweitern und für Fachfragen zugänglich zu machen. Weitere Sachspenden (Kochbücher, Geschirr, Menü- und Speisekarten, Zeitschriften, Fotos, etc.), die Bezug zur Wiener Küche haben, sind im Archiv sehr willkommen. Darüber hinaus wird Dr. Haslinger im Amalthea-Verlag im Frühjahr 2016 ein Buch zur Geschichte der Wiener Küche und zur Entwicklung traditioneller Wiener Gerichte veröffentlichen.

Neben intensiven Bemühungen das Genuss-Festival Jahr für Jahr zu einem der erfolgreichsten Gourmetevents des Landes werden zu lassen, sammelt das Kulinarische Erbe Österreich seit mehr als einem Jahrzehnt Wissen über traditionelle österreichische Spezialitäten, alte Rezepturen und landwirtschaftliche Rohprodukte, die mindestens seit drei Generationen «tradiert» d. h. weitergegeben wurden und heute noch konsumiert und produziert werden. Seit einigen Jahren setzt das Kuratorium auch in Gastronomie und Presse höchst erfolgreiche Maßnahmen, die das kulinarische Erbe Österreichs und die dazugehörenden gewachsenen Strukturen für zukünftige Generationen erhalten sollen.

www.kulinarisches-erbe.at

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