Aktuelle Trends, Hintergründe und Potenziale
von Mag. Hanni Rützler, Geschäftsführerin futurefoodstudio, Wien
Wir leben nicht so sehr in Zeiten des Wandels, als in einem Wandel der Epoche. Wir sind dabei das spätindustrielle
Zeitalter zu verlassen, sind zugleich aber noch nicht wirklich im Wissenszeitalter gelandet.
Dieser noch «unfertige» Epochenwechsel stellt die Lebensmittelbranche und damit auch Fleischproduzenten,
aber auch die Konsumenten vor die komplexe Aufgabe, neue Lösungen für Probleme zu erarbeiten, für die viele
Akteure mitunter noch nicht einmal ein Bewusstsein entwickelt haben. Es wird – um es mit einem anschaulichen
Beispiel aus einem früheren Epochenwechsel zu verdeutlichen – in Zukunft nicht darum gehen, noch bessere
Kutschen zu bauen, sondern mit dem Auto ein völlig neues Fortbewegungsmittel zu erfinden. Vor ähnlichen
Herausforderungen wie seinerzeit die Hersteller von Fortbewegungsmitteln, steht nun die gesamte Foodbranche.
Das alte Paradigma «billiger, schneller, mehr» funktioniert im Hinblick auf endliche Ressourcen, gesättigte
Märkte und einer zunehmend aktiven und kritischen Kundschaft nicht mehr.
Konsumenten werden in Zukunft nicht mehr weitgehend passive Verbraucher sein, sondern aktiven Prosumenten,
die sich als Partner verstehen: Kunden, die nicht nur konsumieren, was ihnen angeboten wird, sondern
die die Art und Weise ihres persönlichen Konsums bewusst – als Teil ihres Lebensstils und mit Rücksicht auf
ihre Werthaltungen – gestalten und damit auch immer mehr Einfluss auf die konsumierten Waren und Dienstleistungen
nehmen. Konsumenten begreifen sich dabei immer mehr auch wieder als Bürger. Das heißt sie nehmen
sich nicht nur in ihrer Rolle, die sie im Wirtschaftssystem spielen, wahr, sondern auch in ihrer politischen
und gesellschaftlichen Rolle. Prosumenten entscheiden beim Erwerb von Waren und bei Inanspruchnahme
von Dienstleistungen nicht mehr nur nach dem individuellen Gebrauchswert, sondern mehr und mehr auch
nach sozialen, ökologischen und ethnischen Kriterien.
Das herrschende Paradigma von Lebensmittelproduktion, -vertrieb und -konsumation wird sich daher nachhaltig
und radikal verändern. Und dies betrifft vor allem die Fleischbranche, die sich in Zukunft noch mehr mit
den gesellschaftlichen Diskursen über Gesundheit, Ökologie und Ethik konfrontiert sehen wird.
Wohin die
Reise geht, lässt sich schon heute in neuen Food Trends lesen. Denn an den Rändern und in den Nischen der
Branche finden wir schon heute zukunftsweisende Lösungsansätze und kreative praktische Umsetzungen,
die wegweisende Entwicklungen vorzeigen, ausprobieren und damit proaktiv auf den Wandel reagieren. Hanni Rützler auf dem 11. Symposium „Fleisch in der Ernährung“.