Bio wächst kräftig und sieht doch in ungewisse Zukunft
Der Mega-Trend Bio geht auch in 2015 unvermindert weiter. Immer mehr Menschen entscheiden sich für den Griff zu ökologisch produzierten Lebensmitteln. So stieg im Naturkost-Fachhandel in den ersten drei Quartalen 2014 der Umsatz um 8,38% im Vergleich zum Vorjahr.[1] Zuwachszahlen, von denen andere Branchen und auch der konventionelle Lebensmitteleinzelhandel nur träumen können.
Die Motivationen der Kunden/-innen sind vielfältig: Viele Verbraucher/-innen möchten durch ihre Kaufentscheidung einen Betrag zum Umweltschutz leisten, schwören auf den Geschmack von Bio-Lebensmitteln oder wollen sich gesünder ernähren. Gerade Veganer, Vegetarier und Menschen mit Lebensmittelunverträglichkeiten finden im Naturkost-Fachhandel zahlreiche Alternativen. Ein nicht zu unterschätzender Faktor – gibt es in Deutschland doch aktuell 7,5% Vegetarier oder Menschen, die weitegehend auf Fleisch verzichten. 11% der Deutschen sind laktoseintolerant und 5% vertragen kein Gluten.[2] Hier punktet der Fachhandel vor allem, da persönliche Beratung zum Konzept der Bio-Läden dazugehört.
Mit steigender Beliebtheit und Erschließung neuer Kundengruppen, erhöht sich auch der Anspruch vieler Menschen an ein Bio-Produkt. „Zu Recht“, meint Elke Röder, Geschäftsführerin des Bundesverband Naturkost Naturwaren e.V. „Die Protagonisten der Bio-Bewegung sind ihren Werten treu geblieben. Mit dem Aufspringen von beispielsweise Discountern auf den Megatrend Bio sind Marktteilnehmer mit eindeutiger Preisorientierung hinzugekommen. Daher fällt vielen Verbraucherinnen und Verbrauchern dieser Unterschied auf.“
Bio-Kunden zeichnen sich durch eine ausgeprägte Werteorientierung aus: Regionalität, Nachhaltigkeit, artgerechte Tierhaltung und die Ablehnung von chemischem Pflanzenschutz und Agro-Gentechnik gehören zu den häufigst genannten Ansprüchen. „Gerechtfertigte Bedürfnisse, jedoch ist Bio mehr als ein Einzelaspekt“, führt Röder weiter aus. „Achte ich als Kundin nur auf Regionalität und nicht auf Bio, erhalte ich konventionelle Ware, mit den bekannten Nachteilen für Mensch und Umwelt. Deshalb muss Bio der Ausgangspunkt sein und die Ansprüche der Verbraucherinnen und Verbraucher erfüllen.“
Woran beim täglichen Einkauf Bio-Produkte erkannt werden können und welche Vorteile Verbandsware (bspw. demeter, Bioland, EcoVin usw.) bietet, verrät die Website naturkost.de. Antworten auf häufig gestellte Fragen bietet ökolandbau.de. Die Seite der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung bietet auch darüber hinaus zahlreiche Daten und Fakten rund um den Ökologischen Landbau sowie Verbrauchertipps.
Wer genau wissen möchte, wie Hersteller, Groß- und Einzelhändler der Naturkostbranche aktiv zur mehr Nachhaltigkeit beitragen, dem sei Nachhaltig Bio! ans Herz gelegt. Hier finden sich viele Beispiele für beeindruckende Projekte und Innovationen. Vom emissionsfreien Firmensitz über die Integration von Menschen mit Behinderung bis hin zum eigenen Mitmachwald zeigt Nachhaltig Bio!, was die Protagonisten der Naturkostbranche tagtäglich leisten.
Trotz alledem sehen die Bios mit gemischten Gefühlen in die Zukunft. Mit Sorge blickt man nach Brüssel. Dort wurde Anfang 2014 eine Revision der EU-Öko-Verordnung angekündigt und vorgeschlagen. Die Verordnung bildet die rechtliche Grundlage von Bio – ihre Einhaltung ist Voraussetzung für die Kennzeichnung von Lebensmitteln als Bio-Produkt in Deutschland und Europa. „Die Revision ist in ihrer jetzigen Form eine Gefahr für die ganze europäische Branche. Brüssel fokussiert sich auf das Endprodukt und vergisst die wichtigen Leistungen des Ökolandbaus für Umwelt- und Naturschutz. Wer mehr Bio will, kann den Revisionsvorschlag nur ablehnen“, erklärt Elke Röder.
Ein weiteres Hindernis stellt die Verknappung von Anbauflächen für den Ökologischen Landbau dar. Denn trotz einer steigenden Nachfrage an Bio-Produkten in Deutschland finden Öko-Landwirte hierzulande immer weniger bezahlbare Pachtflächen. Ein großes Problem, das vor allem aus der staatlichen Biogas-Förderung resultiert.
Welche teils katastrophalen Folgen die konventionelle Landwirtschaft verursacht, zeigt der kürzlich erschienene Bodenatlas 2015 (erstellt u.a. von der Heinrich Böll Stiftung, dem Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland und Le Monde diplomatique). Der Bericht macht vor allem deutlich, dass ein weiter so nicht möglich ist. „Wir nutzen die Böden der Welt, als wären sie unerschöpflich. Doch sie sind in menschlichen Zeiträumen nicht erneuerbar“, heißt es im Vorwort des Berichtes. Ein zusätzliches gewichtiges Argument für mehr Bio-Nutzflächen, Naturkostverarbeitung und Naturkosthandel. Um den Ansprüchen der Bio-Kunden/-innen gerecht zu werden und vor allem: um die Grundlagen unserer Ernährung langfristig zu erhalten, statt sie gedankenlos zu zerstören.
Die Zukunft von Bio sieht daher nur gut aus, wenn die Zukunft bio ist. Denn die Welt von Morgen, wird, was wir heute aus ihr machen.
1 Quelle: BNN-Umsatzmonitor für den Naturkost- und Naturwarengroßhandel (1 – 3. Quartal 2014)
2 Quelle: Allensbacher Werbeträgeranalyse 2014