Craft Beer ist zurzeit in aller Munde. Wie reagieren die bayerischen Bierbrauer auf diesen Trend? Ist das Bayerische Reinheitsgebot hiermit überholt? Walter König, Geschäftsführer des Bayerischen Brauerbunds, erklärt, warum Craft-Beer in Bayern schon lange Tradition hat und warum die Bierbrauer ihre Kreativität derzeit ausleben wie noch nie.
Seminare, Aktionsbühne, Verkostungen: Auf der FOOD & LIFE können Messebesucher vom 26. bis 30. November das Trendthema „Craft Beer“ hautnah erleben. Der Bayerische Brauerbund, ideeller Partner der Messe, stellt zwölf Brauereien vor, die ihrer Kreativität freien Lauf lassen und ihre charaktervollen Bierspezialitäten mit nach München bringen. Im Interview erklärt Walter König, Geschäftsführer des Bayerischen Brauerbunds, wie man den amerikanischen Begriff „Craft Beer“ in Bayern einordnen kann.
Die „Craft-Beer-Bewegung“ hat Deutschland erreicht. Wie reagieren die bayerischen Bierbrauer auf diesen Trend?
König: Ganz unterschiedlich. Für viele Brauer ist Craft Beer ein neuer Begriff für das, was sie schon immer gemacht haben. Andere Brauer sehen diesen Trend eher als Aufforderung. Das heißt, die Braukunst dem Verbraucher neu zu demonstrieren, Kreativität auszuleben und andere Wege zu gehen, ohne jedoch die Grenzen des Bayerischen Reinheitsgebots aufzuweichen.
Was macht einen Craft-Beer-Hersteller aus?
König: Craft bedeutet eigentlich handwerklich. In Deutschland kann man eine „Craft Brewery“ nicht wie in den USA an der Größe der Brauerei, an deren Besitzverhältnissen oder an dem Grad der Automatisierung festmachen. Denn nicht einmal in der kleinsten Brauerei in Bayern rührt der Braumeister seinen Sud noch mit dem „Kochlöffel“ um. Craft Beer ist, meiner Meinung nach, eine Haltung und eine Leidenschaft zur Herstellung des Bieres. Diese beginnt bei der Rohstoffauswahl: Wo bekomme ich dauerhaft und nachhaltig meine Hopfen- oder Gerstensorten, um mein ganz besonderes Bier zu brauen? Wie bringe ich neue Geschmacksrichtungen in meine Biere, ohne das Reinheitsgebot zu missachten? Monatelang testen die Brauer ihre neuen Kreationen, bevor sie sie auf den Markt bringen. Hier sprechen wir auch von Craft Beer in Deutschland und in Bayern.
Inwieweit dürfen die Brauer experimentierfreudig sein, ohne das Reinheitsgebot zu verletzen? Welche Möglichkeiten haben sie?
König: Die Kreativität innerhalb des Bayerischen Reinheitsgebots ist immens! Brauer setzen auf besondere Hopfen- und Malzsorten. Wir verfügen hierzulande über sehr viele Malzsorten – vom sehr hellen Pilsenmalz bis hin zum tiefschwarzen Röstmalz, das wie Kaffee aussieht. Und es gibt immer wieder innovative Mälzungs- und Darrverfahren, die ganz neue Aromen ins Bier bringen. Neu Kreuzungen in der Hopfenzüchtung bringen Zuchtstämme hervor, die ganz natürlich für fruchtige oder gewürzartige Noten im Bier sorgen. 50 Malzsorten und ca. 40 Hopfensorten – hier wird die Bandbreite immer größer – hunderte von Hefestämmen geben dem Bier über die Gärung verschiedene geschmackliche Komponenten. Die Bierbrauer haben somit innerhalb des Reinheitsgebots viele Möglichkeiten noch gar nicht ausprobiert, so dass sie noch tausende Biere machen können, die wir noch nicht kennen.
Bayern besitzt eine Vielfalt an Brauereien, die handwerklich arbeiten. Warum werden ihre Biere nicht als „Craft-Biere“ bezeichnet?
König: Bayern hat mit über 40 Biersorten und darunter unzählige regionale und saisonale Spezialitäten sogar die größte Biervielfalt auf der ganzen Welt! Nun kommt die Craft-Beer-Welle aus Amerika herübergeschwappt. Der Verbraucher hierzulande denkt, dass nur Biersorten wie Ales, Indian Pale Ale (IPA), Porters, Stouts, hopfengestopfte Biere oder Sauerbiere zu den sogenannten Craft-Bieren gehören. Sie schließen die Biersorten aus, die in Bayern lange Tradition haben. Aber unsere traditionellen Bierspezialitäten gelten ebenso als Craft-Biere. Sobald man Deutschland verlässt, wird das auch so gesehen – vor allem in Ländern, die bayerisches Bier importieren.
Der Bayerische Brauerbund stellt auf der FOOD & LIFE zwölf Brauereien vor. Können Messebesucher hier Craft-Biere bzw. ausgefallene Biere verkosten? Wenn ja, welche?
König: Viele Verbraucher trinken Bier, nicht weil sie Durst haben, sondern weil sie den besonderen Geschmack von Spezialbieren schätzen. Charaktervolle Biere von lokalen Brauereien werden auch immer mehr gefragt. Auf der Messe stellen die Brauereien traditionelle Biere aber auch Spezialbiere vor. Das Riedenburger Brauhaus zum Beispiel präsentiert ein hopfengestopftes, mit Ale-Hefe vergorenes obergäriges Bier in zwei Stärkevarianten. Die Neumarkter Lammsbräu ist eine Bio-Braurerei, die auch mit Hopfenaromen angereicherte Biere anbietet. Die Schlossbrauerei Herrngiersdorf hat eine neue Bierkreation, den „Hallertauer Hopfen-Cuvée“, die mit vier Aromahopfen hergestellt wird. Weißbräu Unertl und Bräu im Moos haben besondere Weißbiere, die innerhalb dieser Craft-Beer-Bewegung entwickelt wurden. Und das sind nur ein paar Beispiele!
„Reinheitsgebot für Bier – Wozu eigentlich noch?“ lautet der Titel Ihres Vortrags am 29. November auf der Aktionsbühne der FOOD & LIFE. Brauchen wir das Reinheitsgebot noch?
König: Ja, es ist sogar mehr Wert den je! Doch gerade vor dem Hintergrund der Craft-Beer-Bewegung kommt immer wieder die Frage auf, ob das Reinheitsgebot noch zeitgemäß ist oder ob es ein Bremsklotz für die Kreativität darstellt. Diese Frage sprechen wir ganz offen an. Ich sehe das Bayerische Reinheitsgebot als den Grundstein für den guten Ruf, den das bayerische Bier weltweit genießt. Über 20 Prozent des Biers, das in Bayern produziert wird, geht ins Ausland. Dieser Exportanteil steigt von Jahr zu Jahr. Es gibt viele Lebensmittelhersteller und Länder, die uns um das Reinheitsgebot beneiden, auch wenn es manche für überholt halten. Brauereien, die ein Spezialgetränk wie Frucht- oder Gewürzbier herstellen wollen, können das im Zuge eines Biermischgetränks tun, dürfen es halt nicht Bier nennen. Denn Bier soll in Bayern ein unverfälscht reines Getränk bleiben, bei dem man nicht erst die Zutatenliste lesen muss.
Auf der Messe bieten Sie zwei Seminare zum Thema „Craft-Biere – Vielfalt nach dem Reinheitsgebot“ an. An wen richten sich die Seminare und was erwartet die Besucher dort?
König: Das Seminar richtet sich an interessierte Verbraucher, die sich dem Genuss von Bier öffnen wollen. Hier erläutere ich die Herstellungsverfahren mehrerer kreativer Bierspezialitäten und verkoste mit den Teilnehmern die Geschmacksunterschiede verschiedener Biersorten, die aus der Rohstoffauswahl und dem Brauverfahren entstehen. Bei dieser Verkostung wird auch anschaulich, welche Biervielfalt innerhalb des Bayerischen Reinheitsgebots hergestellt werden kann. Den Teilnehmern garantiere ich einen richtigen Aha-Effekt!
Die Seminare zum Thema „Craft-Biere – Vielfalt nach dem Reinheitsgebot“ auf der FOOD & LIFE finden am Samstag, 29. November um 15 Uhr und am Sonntag, 30. November um 16.30 Uhr statt.
Interessierte Besucher können bereits ihren Platz sichern und Tickets unter http://www.food-life.de/seminare-workshops kaufen. Der Vortrag zum Thema „Reinheitsgebot für Bier – Wozu eigentlich noch?“ findet am Samstag, 29. November um 17 Uhr auf der Aktionsbühne in Halle C3 statt. Weitere Informationen zum Thema Bier und Biergenuss auf der FOOD & LIFE unter www.food-life.de/themenspecial-die-welt-der-biere.
Die FOOD & LIFE findet vom 26. bis 30. November 2014 in der Halle C3 auf dem Messegelände München statt. Sie ist täglich von 9:30 bis 19 Uhr geöffnet. Messebesucher können ihre Tickets über das Internet erwerben und dabei zwei Euro sparen. Die Tickets berechtigen auch zum Eintritt der parallel stattfindenden Heim+Handwerk. We
itere Informationen im Internet unter www.food-life.de oder auf Facebook unter www.facebook.com/FOOD.LIFE.MESSE.
Die FOOD & LIFE ist seit 2004 Treffpunkt für Genießer aus Süddeutschland, Österreich, Schweiz und Italien. Die Verkaufsausstellung richtet sich an Feinschmecker und ernährungsbewusste Verbraucher. Über 200 Aussteller stellen ihre Köstlichkeiten vor und informieren über Herkunft und Herstellung der Erzeugnisse. Zudem bietet die FOOD & LIFE Koch- und Produktvorführungen, Seminare und Expertendiskussionen zu aktuellen Fragen rund um das Thema Ernährung. Die Messe wird im jährlichen Turnus von der GHM Gesellschaft für Handwerksmessen mbH veranstaltet und findet auf dem Messegelände München parallel zur Heim+Handwerk statt.