Gemüse, Obst, Kräuter und Gewürze enthalten
zahlreiche sekundäre Pflanzenstoffe. Wie ein Forscherteam um den
Mediziner Andreas F. H. Pfeiffer vom Deutschen Institut für
Ernährungsforschung (DIfE) nun erstmals zeigt, beeinflussen zwei
dieser natürlichen Substanzen, Luteolin und Apigenin, die
intrazellulären Signalwege des Botenstoffs Insulin und vermindern die
Zucker- und Fettsynthese von in Kultur gehaltenen, menschlichen
Leberzellen. „Unsere Ergebnisse lassen annehmen, dass beide Substanzen
antidiabetisch wirken und könnten erklären, warum Gemüse und pflanzliche
Nahrungsmittel bisweilen eine wichtige Rolle bei alternativen
Diabetestherapien spielen“, sagt Studienleiter Pfeiffer.
Die Wissenschaftler publizierten ihre Daten nun in der Fachzeitschrift
PLOS ONE:
Bumke-Vogt C, Osterhoff MA, Borchert A, Guzman-Perez V, Sarem Z, et al.
(2014) The Flavones Apigenin and Luteolin Induce FOXO1 Translocation but
Inhibit Gluconeogenic and Lipogenic Gene Expression in Human Cells. PLOS
ONE 9(8): e104321; doi:10.1371/journal.pone.0104321; Link zum Artikel:
http://dx.plos.org/10.1371/journal.pone.0104321
Luteolin und Apigenin sind natürliche Pflanzenstoffe, die zur Gruppe
der Flavone* gehören und vermutlich dazu dienen, die Pflanzen vor
Schädlingen zu schützen. Luteolin findet sich in vielen essbaren
Pflanzen wie Karotten, Paprika, Sellerie, Pfefferminze, Thymian,
Rosmarin, Oregano, Petersilie, Kohl, grünem Tee und auch Olivenöl.
Apigenin kommt zum Beispiel in Kamille, Petersilie, Zwiebeln, Grapefruit
und Orangen vor. Zahlreiche Untersuchungen an Zell- und Tiermodellen
weisen seit langem darauf hin, dass beide Substanzen antioxidative,
entzündungs- und krebshemmende Eigenschaften besitzen. Ihre Effekte
auf den Zuckerstoffwechsel sind dagegen bislang nur wenig erforscht.
Bei ihrer Suche nach natürlichen Substanzen, die sich günstig auf eine
Typ-2-Diabetes-Erkrankung auswirken, entdeckten die Forscher um
Pfeiffer, dass Luteolin und Apigenin in menschlichen Zellen den
Transkriptionsfaktor FOXO1** aktivieren. Es handelt sich dabei um ein
Eiweißmolekül, das bei der intrazellulären Vermittlung des
Insulin-Signals eine wichtige Rolle spielt. Zudem konnte das
Wissenschaftlerteam erstmals an kultivierten menschlichen Leberzellen
zeigen, dass beide Flavone die Synthese von Enzymen herunterregulieren,
die für die Zucker- und Fettneubildung entscheidend sind. „Diese
Beobachtung ist hinsichtlich einer Diabeteserkrankung besonders
relevant, da eine überschießende Zuckerproduktion der Leber zu erhöhten
Blutzuckerwerten beiträgt und eine Hemmung der Fettneubildung
gleichzeitig helfen würde das Risiko einer Leberverfettung*** zu
reduzieren“, erklärt Martin Osterhoff, Koautor der Studie.
„Die Studienergebnisse geben einen tiefen Einblick in die molekularen
Mechanismen, die der Wirkung von Luteolin und Apigenin zu Grunde liegen
und sie zeigen, wie pflanzliche Diabetestherapeutika funktionieren
können“, ergänzt Pfeiffer, der die Abteilung Klinische Ernährung am
DIfE leitet. „Ein Wissen, das sich zukünftig nutzen lässt, um im Verbund
des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung neue Ernährungsstrategien
und eventuell auch Diabetesmedikamente zu entwickeln“, so der Forscher
weiter. „Nicht zuletzt sprechen unsere Ergebnisse dafür, dass eine
flavonreiche Kost dazu beitragen könnte, den Zuckerstoffwechsel von
Menschen mit Diabetes zu verbessern“, sagt Martin Osterhoff.
Hintergrundinformation:
* Flavone zählen zu den gelben Pflanzenfarbstoffen, sind weit
verbreitet und gehören zu der Gruppe der Flavonoide. Zahlreiche
flavonoidhaltige Pflanzen werden aufgrund ihrer pharmakologisch
wirksamen Inhaltsstoffe medizinisch genutzt (Quelle: Wikipedia).
** FOXO1: Transkriptionsfaktor Forkhead-Box-Protein O1;
Transkriptionsfaktoren sind Eiweißmoleküle, die im Zellkern das Ablesen
von Genen regulieren und damit ihre Aktivität beeinflussen. FOXO1
vermittelt viele der günstigen Stoffwechselveränderungen, die bei
übergewichtigen Menschen unter einer Reduktionsdiät zu beobachten
sind.
*** Eine Fettleber ist eine häufige Begleiterscheinung von Übergewicht
und Typ-2-Diabetes. Wird sie nicht rechtzeitig erkannt und behandelt,
kann es zu einer Leberentzündung kommen, die das Risiko für eine
Leberzirrhose und Leberkrebs steigen lässt.