Herzschäden durch angebliche Herzschutz-Margarine: Jetzt gehen französische Behörden gegen die umstrittene Unilever-Margarine „Becel pro.activ“ vor. Der Hersteller verkauft das Schmierfett ungerührt weiter. obwohl es nachweislich zu Schäden führen kann – was Unilever allerdings bestreitet. Jetzt arbeitet der Konzern an neuen Zusätzen: Luft, zum Beispiel. Völlig sicher, versichert die Firma.
„Wirksam und sicher“, verspricht Hersteller Unilever – wenn man mal von drohenden Herzproblemen absieht. Jetzt warnen wieder Behörden. Doch der Verkauf geht weiter – auch an Kinder, die besonders von Risiken betroffen sind.
„Wirksam und sicher“, verspricht Hersteller Unilever – wenn man mal von drohenden Herzproblemen absieht. Jetzt warnen wieder Behörden. Doch der Verkauf geht weiter – auch an Kinder, die besonders von Risiken betroffen sind.
Die französischen Behörden räumen in einer aktuellen Stellungnahme ein, dass durch die Margarine der Cholesterinspiegel durchaus gesenkt werden kann. Doch sie bezweifeln, ob das überhaupt etwas nützt: Schließlich sei „nicht ausreichend nachgewiesen“, ob eine „Senkung des Cholesterins im Blut überhaupt das Risiko für Herzerkrankungen reduziert“.
Tatsächlich gab es Fälle, bei denen sich die Wirkstoffe aus der vermeintlichen Herzschutzmargarine (die sogenannten Phytosterine) im Herzen abgelagert hatten – wie sich bei mehreren Herz-Operationen gezeigt hatte. Bei dem Deutschen Klaus Friedrich beispielsweise, bei dem die Becel-Partikel sich auf der Herzklappe fanden, wie sich nach der OP herausstellte. Friedrich starb schließlich, typisch nach solchen Eingriffen, an einem Schlaganfall – Cholesterin gesenkt, Patient tot.
In einem umfangreichen Statement hat sich die französische Behörde für die Lebensmitttelsicherheit, Umwelt und Arbeitsmedizin ANSES (Agence nationale de sécurité sanitaire de l’alimentation, de l’environnement et du travail) in Maisons-Alfort, etwa 10 Kilometer südöstlich von Paris, mit der umstrittenen Margarine beschäftigt. Sie wies unter anderem darauf hin, dass nicht einmal die Cholesterinsenkung wirklich sicher ist: Sie habe bei immerhin 30 Prozent der Versuchspersonen überhaupt nicht stattgefunden. Zudem seien Kinder nicht ausreichend vor dem problematischen Unilever-Produkt geschützt.
Viele Kunden kaufen den Aufstrich einfach im Glauben, ihrer ganzen Familie damit etwas Gutes zu tun, wie eine Untersuchung deutscher Verbraucherzentralen und des Berliner Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) ergeben hatte.
In Belgien verzehrten 20 Prozent aller Kinder und fast 30 Prozent aller Erwachsenen Produkte mit den riskanten Zusätzen – völlig gesunde Menschen, die ihre Gesundheit dadurch aufs Spiel setzten, wie die deutschen Risikowächter befürchten. Sie warnen deshalb vor unkontrolliertem Verzehr – wegen möglicher Herzschäden.
Die französische Schwesterbehörde wies jetzt zusätzlich darauf hin, dass die Becel-Margarine nicht nur möglicherweise schädliche Stoffe in den Organismus einschleust, sondern überdies auch den Gehalt an gesunden Substanzen im Blut senkt, etwa den sogenannten Carotinen. Wer meint, eine solche Risikomargarine verspeisen zu müssen, solle daher vorsichtshalber und eine Extraportion Gemüse und Obst essen, raten die staatlichen Nahrungsaufseher.
Das erhöhte Risiko für Herzschäden durch vermeintliche Herzschutz-Produkte wie „Becel pro.activ“ wurden durch mehrere wissenschaftliche Studien bestätigt: (siehe Dr. Watson News vom 4. Juli 2013). Die Untersuchungen stammen überwiegend von deutschen Universitäten, schon aus den Jahren 2008, 2010 oder 2011. Trotzdem geht der Verkauf weiter, in vielen Ländern kaufen Millionen von Menschen das Produkt in der Hoffnung, ihrer Gesundheit etwas Gutes zu tun.
Die europäische Lebensmittelbehörde Efsa hält den cholesterinsenkenden Brotaufstrich merkwürdigerweise für wirksam und auch sicher: In dem entsprechenden Attest hatte die Behörde allerdings die wissenschaftlichen Studien zu Nebenwirkungen ausweislich der Literaturliste schlicht ignoriert.
Trotz dieser Studien zu Schäden durch die Becel-Zusätze beharrt Hersteller Unilever darauf, dass es „keine Hinweise“ auf Nebenwirkungen gebe – und darf das mit dem Segen des Landgerichts Hamburg sogar wahrheitswidrig behaupten – eine richterliche Lizenz zum Lügen sozusagen.
Mittlerweile gehen allerdings die Umsätze bei Margarine zurück, die Menschen glauben den Werbesprüchen offenbar immer weniger.
Hersteller Unilever ist schon mit neuen Geschäftsideen unterwegs in eine profitable Zukunft, bietet beispielsweise eine neue Version seiner Rama-Margarine an mit untergemischter Butter.
Das ist natürlich ziemlich teuer. Doch der Konzern arbeitet schon an billigeren Zutaten: Luft, zum Beispiel.
Mehr Luft im Essen soll angeblich die Sensorik und das Mundgefühl beispielsweise von Schlagsahne, Eiscreme oder Sorbets verbessern. Mithilfe eines Proteins namens Hydrophobin, aus Schimmelpilzen gewonnen, will der Konzern jetzt das Schaumschlagen im Lebensmittel optimieren.
Kleiner Nebeneffekt: Es sieht dank Luft nach mehr aus. Und dies, dank des Pilzmittels, mit einer erstaunlichen Haltbarkeit von bis zu zweieinhalb Jahren.
Sicherheitsbedenken gibt es laut Unilever nicht.
Mehr über Risiken und Nebenwirkungen vermeintlich gesunder Produkte:
Hans-Ulrich Grimm
Vom Verzehr wird abgeraten.
Wie uns die Industrie mit Gesundheitsnahrung krank macht
Droemer Verlag
320 Seiten Klappenbroschur € 18,00
ISBN 3-426-27556-2
ISBN 978-3-426-27556-6
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