Macht uns Tony der Tiger dick?

Eine neue Forschungsarbeit untersucht den Einfluss von Werbekonsum in der Kindheit auf unser Essverhalten als Erwachsener.

Tony der Tiger von der Frosties-Schachtel; die sprechenden Sweeties M&Ms oder die Milka-Kuh… Könnten diese niedlichen Werbefiguren aus unserer Kindheit noch im Erwachsenenalter unsere Auswahl von Lebensmitteln beeinflussen? Eine neue Forschungsarbeit unter der Leitung von Dr. Paul Connell von der Cass Business School, City University London, deutet darauf hin.

In einer zur Veröffentlichung im Journal of Consumer Research vorgesehenen Studie untersuchten Dr. Connell und seine Kollegen Prof. Merrie Brucks und Dr. Jesper Nielsen von der University of Arizona, inwiefern Werbekonsum in der Kindheit zu einer Jahre andauernden Vorliebe für die beworbenen Produkte führen kann.

Im Ergebnis der Studie fanden sie heraus, dass:
· Werbekonsum in der Kindheit eine positive Einstellung gegenüber den Werbefiguren entstehen lässt, die auch Jahre später noch dazu führt, dass man den Ernährungswert der Produkte der Marke eher positiv bewertet
· Menschen, die eine Werbefigur gern mögen, ihre positive Meinung über die von ihr beworbenen Produkte nur schwer ändern
· Sich dies nicht nur auf das ursprünglich beworbene Produkt beschränkt – wenn die Werbefiguren bei den Menschen nach wie vor positive Assoziationen wecken, bewerten diese Menschen auch (von Wissenschaftlern frei erfundene) Nachfolgeprodukte der Marke als gesünder.

Dr. Connell gibt zu bedenken: „Die Menschen sollten einmal nachsehen, was auf den Etiketten der Produkte steht, die sie schon seit ihrer Kindheit mögen. Es ist gut möglich, dass die Sympathie für bestimmte Markenfiguren sie dazu verleitet, relevante Nährwertinformationen zu übersehen. Viele der Werbefiguren gibt es schon seit Jahrzehnten. Eltern sollte bewusst sein, dass ihr Urteil möglicherweise von der Werbung, die sie selbst als Kind gesehen haben, beeinflusst ist.“

Gleichzeitig lege dieses Forschungsprojekt nahe, dass nationale Informationskampagnen im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz für Kinder diese ihr Leben lang prägen können – aber nur dann, wenn die Werbespots bei den Kindern positive Gefühle hervorriefen. Daher empfiehlt das Forschungsteam, in auf Kinder ausgerichteten Medienkampagnen zur Gesundheitsförderung die Kinder auf einer emotionalen Ebene anzusprechen, indem sie z.B. liebenswerte Figuren einsetzen oder lustige Texte nutzen.

In vier experimentellen Studien untersuchten die Wissenschaftler, wie gesund Erwachsene Produkte einstuften, von denen einige in deren Kindheit stark beworben worden waren. Dabei sahen sich die Teilnehmer zunächst eine von zwei Bildsequenzen an. Die erste enthielt Abbildungen von Werbefiguren, die ihnen aus der Kindheit sehr bekannt waren. Die zweite Bildsequenz enthielt Bilder von Werbefiguren, die in der Werbung ebenfalls häufig zu sehen waren, allerdings erst im Erwachsenenalter des Teilnehmers.

Die Teilnehmer gaben dann an, wie sie die Werbefiguren empfanden und für wie gesund sie die jeweils beworbenen Lebensmittel hielten. Auf diese Weise fanden die Wissenschaftler heraus, dass der Werbekonsum in der Kindheit (bis zum Alter von 13 Jahren) tatsächlich zu einer Voreingenommenheit führen kann, aus der eine Bevorzugung der beworbenen Produkte resultiert.

Die Teilnehmer stuften zuckerhaltige Frühstücksflocken und Pommes Frites als gesünder ein, wenn sie als Kind entsprechende Werbung von diesen Produkten gesehen hatten. Diese Befangenheit kann statistisch durch die Sympathien begründet werden, die die Menschen für die entsprechenden Werbefiguren empfinden. Kinder lernen erst mit wachsender Erfahrung und Reife, Werbung zu verstehen und einzuordnen. Kleinkinder begreifen Fernsehwerbung zunächst erst einmal als Teil des Unterhaltungsprogramms.

Und auch später, wenn sie den Unterschied zwischen einem Werbespot und dem normalen Fernsehprogramm kennen, stehen sie den positiven Werbebotschaften weitaus weniger kritisch gegenüber als Erwachsene, da sie diese Art der Willenslenkung noch nicht richtig durchschauen können. So sind sie in der Regel kaum skeptisch gegenüber diesen Werbeaussagen.

Bereits ab einem sehr jungen Alter werden Kinder mit Werbebotschaften konfrontiert, die suggerieren, dass bestimmte Lebensmittel und Spielzeuge besonders toll sind und besonders viel Spaß machen. Diese Werbung ist zumindest zum Teil dafür verantwortlich, dass Kinder eine bestimmte Einstellung diesen Marken gegenüber entwickeln, die manchmal über Jahre anhält.

Die Wissenschaftler konzentrierten sich bei ihrer Arbeit auf Werbefiguren, da Kinder oft eine Sympathie für diese Figuren entwickeln, die wenig damit zu tun hat, ob sie das Lebensmittel tatsächlich konsumieren oder nicht.

Dr. Connell zieht daraus den Schluss: „Wir empfehlen, dass Eltern mit ihren Kindern über die willensbeeinflussende Wirkung von Werbung sprechen, und dass sie ihre Kinder anregen, Werbebotschaften kritisch zu betrachten. Dabei können sie die Kinder darauf hinweisen, dass Werbung absichtlich tolle Geschichten und lustige Figuren verwendet, um die Aufmerksamkeit der Zuschauer auf sich zu ziehen, aber dass Werbung meist nicht alle wichtigen Informationen zum Produkt gibt. Bei Kleinkindern, mit denen man solche Gespräche noch nicht führen kann, empfiehlt es sich, den Werbekonsum möglichst zu reduzieren.”

How Childhood Advertising Exposure Can Create Biased Product Evaluations That Persist into Adulthood von Dr. Paul M. Connell, Dozent an der Cass Business School, City University London; Dr. Merrie Brucks, Eckert Professor für Marketing und Psychologie, University of Arizona und Dr. Jesper H. Nielsen, Joseph W. Newman Außerordentlicher Professor für Marketing, University of Arizona.

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