Sie heißen Riemische, Maurerlaiberl, Pfennigmuckerln und Schuastabuam, denn wer wie Schuster oder Maurer schon früh in den Tag startet, braucht am späten Vormittag eine herzhafte Zwischenmahlzeit. Die Semmeln mit ihrem kräftigen Geschmack, der von einem deutlichen Anteil Roggen und teilweise Kümmel herrührt, passen bestens zur typischen Münchener Brotzeit mit Weißwürsten, Leberkäse oder dem würzigen Obazda-Käse. Oft in Paaren oder Stangen gebacken, eignen sie sich gut zum Teilen mit den Tischnachbarn.
Heute stellen allerdings nur noch eine Handvoll Bäckereien die traditionellen Münchener Brotzeitsemmeln her. Ihr Teig muss aufwändig mit Natursauer hergestellt werden; Teiglinge oder Backmischungen gibt es nicht. So hat sich das Wissen dazu über die Generationen ziemlich verloren – bei jungen Bäckern ebenso wie bei Verbrauchern, die dieses Gebäck heute oft nicht mehr kennen, weil sie es gar nicht mehr sehen.
Slow Food Deutschland und das Münchener Convivium, die lokale Slow Food Gruppe, wollen das ändern. Seit ein paar Wochen sind die Münchener Brotzeitsemmeln in der „Arche des Geschmacks“ aufgenommen, dem internationalen Slow Food Projekt für den Schutz traditioneller und nachhaltiger Qualitätslebensmittel, Nutztierrassen und Kulturpflanzen. Unter dem Motto „Essen, was man retten will“ erfasst das Projekt fast vergessene traditionelle Lebensmittel und bringt sie wieder in die Aufmerksamkeit von Verbrauchern und Erzeugern. Denn was nicht gegessen wird, wird nicht nachgefragt, kann also nicht verkauft werden, und wird deshalb nicht hergestellt. Durch lokale und überregionale Initiativen sollen die schmackhaften Münchener Brotzeitsemmeln, die durch ihren hohen Roggenanteil auch länger frisch bleiben, jetzt wieder besser bekannt und beliebt werden
Die frischgebackenen „Archepassagiere“ erfuhren übrigens gleich tatkräftige Unterstützung: ab Mitte September werden die Traditionssemmeln auch in den fast 100 Münchener Filialen der Hofpfisterei angeboten.