Der beste Schuhputzservice

Der Irrsinn des deutschen Systems zur Zertifizierung von Hotels, den Sternen, wird deutlich, wenn man z.B. im 5 Sterne Hotel A-Rosa Sylt ist – Dieses Haus hat sogar die „Superior“ Auszeichnung

Warum? Weil es zwei Waschbecken im Zimmer und 24 Stunden Roomservice hat. Ganz kurz gesagt.

Das die Handtücher aus Pergament sind, so hat es fast den Anschein, oder die Putzfrau nach Belieben die Seife (20gr) und Duschgel (30gr) auffüllt, spielt genauso wenig eine Rolle, wie das halbstündige Warten beim Frühstück an der Eierstation, da die akkurate Frau B. sich hier ihre Rente aufbessert und leider keine Köchin und auch nicht wirklich flink ist. Dafür dürfte ihr Ölverbrauch sehr hoch sein. Und niemand hat ihr wohl beigebracht, dass man die Eier nicht 20 Minuten knusprig brät und das dann selbst hochwertige Krebsschwänze im Omelett wie Gummi schmecken. Auch gibt es keinen Kellner, der eine Eierbestellung annehmen würde. „Ist Selbstbedienung bei uns!“ Es ist schon schwer genug eine Kaffeebestellung loszuwerden. Meine Nachbarn, die sich sichtlich deplatziert fühlten, trauten sich nicht, den Kellner zu fragen. Die waren der – irrigen – Meinung, der Kellner würde fragen. Was er dann zum Ende des Frühstücks doch tat.

Tageszeitungen gibt es gar nicht hier. Wozu auch? Die machen ja meist eher unglücklich und man soll sich ja erholen.

Auch einen Abdeckservice am Abend gibt es nicht. Aber jeden zweiten Tag bekommt man einen Apfel aufs Zimmer.
Irritierend ist auch, dass man leicht das Bad unter Wasser setzt, wenn man duscht, da die Duschekabine – Badewanne gibt es nicht – nicht dicht ist.

Superior ist, so erklärte mir ein Kellner, wenn zwei Latte Macchiato 11 Euro kosten. Der Mann hat Nerven!

Aber zwei Sachen sind wirklich Superior in diesem Haus: Der Schuhputzservice. Noch nie wurden meine Schuhe so gut geputzt.
Und die Restaurants Spices von Sarah Henke und das La Mer von Sebastian Zier sind beide Weltklasse!
Warum zieht der Rest des Hauses nicht nach?

Wenn ich das nächste mal nach Sylt fahre, werde ich wohl eher im Landhaus Stricker wohnen und zum A-rosa nur zum Essen gehen. Denn zum Essen sollte man dort unbedingt hingehen! (Im Landhaus Stricker, in dem Holger Bodendorf auf Sterne-Niveau kocht, natürlich auch)

Richtig verwunderte mich das Radisson Blue am Hamburger Flughafen. Das vier Sternehaus liegt direkt am Flughafen, man kann in die Abflughalle bequem laufen. Das Hotel scheint auch soweit in Ordnung. Nur gibt es auch auf Wunsch keinen Gepäckservice. Das ist, so die Rezeptionistin, in 4 Sternen nicht inkludiert. Halb Recht hat sie. Auf Wunsch sollte es diesen Service doch geben. Aber die wollte uns noch nicht einmal am Morgen einen Gepäckwagen geben, weil sie Angst hatte, wir würden den klauen! Kurios!

Wie wählt man ein gutes Hotel?
Auf was kann man sich verlassen? Weder auf das hochgelobte, deutsche Zertifizierungssystem, noch auf Bewertungsportale wie tripadvisor und Co. Viele Bewerter haben wegen Erfahrung mit der gehobenen Hotellerie und bewerten ein fünf Sternehaus im Urlaub schnell man viel zu euphorisch.

Die Bewertung mit den Hotelsternen ist sowieso eine ganz kuriose Angelegenheit und überhaupt nicht gästeorientiert. So muss es in jedem zertifizierten Hotel, egal ob 2 oder 5 Sterne, nur 1 Handtuch und 1 Badetuch geben. Ob das, dünn, hart oder flauschig ist, spielt keine Rolle. Für mich schon.
Um 5 Sterne zu bekommen, _muss_ unter anderen ein Hocker im Badezimmer stehen und eine „waschbare Vorlage“ am Bett vorhanden sein. Ein Bügeleisen kann der Gast im A-rosa jedoch nicht bekommen, aus Sicherheitsgründen. Man können aber das Hemd für 8 Euro schnell mal aufbügeln.
Um das „Superior“ zu bekommen, muss man extra Punkte sammeln, wie zum Beispiel folgende freiwillige Leistungen: einen angemessenen Schallschutz der Fenster (8 Punkte), individuell-regelbare Klimaanlage (15 Punkte), Lautsprecher im Bad (5 Punkte), Porno TV (5 Punkte), Tageszeitung auf dem Zimmer (3 Punkte), einen Türspion (2) und zusätzliche Schließvorrichtung (3), Teekocher (4) Doormann (15), Wagenmeister (15 – die letztgenannten neben dem Pagen und dem Concierge, der muss bei fünf Sternen sein), Tagungsräume größer als 250 qm (10 Punkte) – nur mit diesen aufgelisteten Sachen wird ein 5 Sterne Hotel bereits zum 5 Sterne Superior Hotel. Für mich eigentlich Selbstverständlichkeiten oder Überflüssiges.

Die genauen Regeln können Sie sich hier angucken und sich selber wundern:
www.hotelstars.eu/fileadmin/download/kriterien/Kriterien_2010-2014.pdf

Sind Sie auch verblüfft?

Sende
Benutzer-Bewertung
5 (5 Stimmen)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

×