Erntesaison für alte Möhrensorten

Erntesaison für alte Möhrensorten:
Gemüseraritäten und Sortenspezialitäten vom Museumsbauernhof Wennerstorf

Der Museumsbauernhof Wennerstorf steht für ökologischen Landbau, für den
Erhalt alter und seltener heimischer Obst- und Gemüsesorten und für
integrative Behindertenarbeit. Seit Mitte August ernten die Mitarbeiter des
Museumsbauernhofes die alten Möhrensorten.

Den Beginn machen die gelben, violetten und orange Möhren. Hier ist vor
allem die in Norddeutschland bis in die 1970er Jahre angebaute Sorte
„Duwicker“ zu nennen. Die Duwicker Möhre zeichnet sich durch eine
ungewöhnlich kurze, dicke Form und ihr süßes und intensives Aroma aus. Ihr
hoher Zuckergehalt macht sie zudem frostunempfindlich, so dass sie bis in
den Winter hinein geerntet werden kann.

Die alten Obst- und Gemüsesorten bieten eine geschmackliche Vielfalt, die
heute kaum noch bekannt ist. Zusätzlich sind diese Sorten meist wesentlich
besser an die regionalen Bedingungen angepasst als moderne Nutzpflanzen, die
jedoch wesentlich ertragreicher sind und maschinell geerntet werden können.
Durch die schnelle Verbreitung der industriellen Neuzüchtungen droht die
regionale Sortenvielfalt verloren zu gehen. Der Erhalt dieser Sorten- und
ihrer Geschmacksvielfalt und damit letztendlich die Pflege der regionalen
Esskultur ist Ziel des Anbaus auf dem Museumsbauernhof Wennerstorf.

Die in Wennerstorf angebauten Obst- und Gemüsesorten erfreuen sich
zunehmender Beliebtheit. Zu den Kunden zählen mittlerweile nicht mehr nur
Feinschmecker, die den intensiven Geschmack der alten Sorten den modernen
Industriesorten vorziehen. Immer mehr Gastronomiebetriebe entdecken die
wohlschmeckenden Sorten für ihre Küche. So zählen zu den Stammkunden des
Museumsbauernhofes neben „Stoof Mudders Kroog“, dem Museumsgasthof des
Freilichtmuseums am Kiekeberg, auch die Restaurants „Ferien auf der Heid“ in
Appel und das Hotel „Altes Land“ in Jork.

Zusätzlich wird das Gemüse im Hofladen des Freilichtmuseums am Kiekeberg und
im Hökerladen im Museumsbauernhof Wennerstorf verkauft.

Wer sich selbst einmal durch die wahre Geschmacksvielfalt alter Sorten
probieren möchte, sollte sich den Wennerstorfer Landmarkt nicht entgehen
lassen. Am Sonntag, dem 6. September bieten von 11 bis 18 Uhr rund 30
Aussteller rund um den Museumsbauernhof regionale Esskultur pur. Neben
Gemüse finden Besucher hier Fleisch, Kräuter, Öle und Süßes von ausgesuchter
Qualität.

Das Obst und Gemüse wird auf dem Museumsbauernhof in integrativer
Behindertenarbeit in Kooperation mit der Lebenshilfe Lüneburg-Tostedt
angebaut. 13 Menschen mit Behinderung arbeiten auf dem Museumsbauernhof. Sie
bewirtschaften die Anbauflächen und versorgen die Tiere.

Wissenswertes rund um die Möhre

Die wilden Möhrensorten stammen ursprünglich aus unterschiedlichen Gebieten
wie dem Mittelmeerraum, Afghanistan oder der Türkei. Die älteste Nachricht
über die Nutzung wilder Möhren als Arznei und Lebensmittel stammen aus
Griechenland und Italien zwischen 340 und 260 v. Christus. Erste
Beschreibungen mit Abbildungen finden sich in Kräuterbüchern des 16. und 17.
Jahrhunderts, als vermutlich erstmals Saatgut nach Deutschland kam.

Im Nahen Osten entstanden weiße Karottentypen. Erst ab dem 17. Jahrhundert
entstanden vermutlich in Holland Karotten mit orange Farbe (Carotinkarotte)
Sie alle sind Ergebnis langer menschlicher Selektion.

Die Möhre oder Karotte ist ein wohlschmeckendes Wurzelgemüse mit
vielseitiger Verwendungsmöglichkeit. Violette Typen werden in Asien gerne
für Süßspeisen und als bekömmliche Babynahrung angerichtet. Gelbe Möhren
finden teilweise noch in Süddeutschland und Österreich als Suppenbeilage
Verwendung, während die weißen Möhren bis Anfang des 20. Jahrhundertes vor
allem als ertragreiches Viehfutter angebaut wurden.

Grundsätzlich gilt für alle Möhren: Vitamin C, Carotinoide, Zucker,
geschmacksbildende ätherische Öle und Fruchtsäuren sowie hohen
Mineralstoffanteile machen die Karotte zu den ernährungsphysiologisch
gesündesten Gemüsearten.

Auf dem Museumsbauernhof Wennerstorf werden folgende Sorten angebaut:

Longue Jaune du Doubs
Diese alte Sorte stammt ursprünglich aus der Doubs Region in Frankreich. Das
besondere dieser Karotte ist die gelbliche Farbe mit dem grünlichen Kopf,
der bei den meisten heutigen Sorten nicht mehr zu finden ist, was oft mit
dem Verlust an Arome einhergeht.
Die lange spitz zulaufende Sorte ist langsam wachsend und muss daher früh
eingesät werden.

Guerande
Die Sorte Guerande ist eine sehr alte Sorte aus dem Jahre 1884. Sie hat eine
kreiselähnliche Form und ist innen teilweise gelblich gefärbt.
Da sie mit ihren 4-8 cm kürzer ist als herkömmliche Möhrensorten, kann sie
auch auf sehr flachgründigen Böden gedeihen, auf denen anderen Sorten nicht
angebaut werden können. Die Sorte ist sehr süß und wohlschmeckend.

Chantenay
Bei der Sorte Chantenay handelt es sich um eine frühe Sorte. Sie hat eine
rot – orange Farbe und ist konisch geformt mit einer Länge von 8-12 cm. Sie
entwickelt im Wachstum ein starkes Laub und hat einen mittleren aber guten
Carotingehalt.

Duwicker
Die Möhre fällt durch ihre ungewöhnlich kurze, dicke Form und das
außergewöhnlich süße und intensive Arome auf. Durch ihren hohen Zuckergehalt
ist Sie sehr frostunempfindlich und kann bis in den Winter hinein geerntet
werden.

Lange Rote Stumpfe
Gut schmeckende, lange, zylindrische Möhre mit kräftigem Laub. Die Möhre
befindet sich im Handel seit 1875.

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