Erzeugerkosten höher als Weltmarktpreis 1 kg Milch kostet 50 Cents in der Herstellung – Weltmarktpreis bei 32 Cents – 30 Milliarden Kilo Milch hat Deutschland 2012 exportiert
Die Milcherzeugergemeinschaft Milch Board hatte schon vor der Internationalen Grünen Woche 2013 (IGW) in Berlin den Milch-Marker-Index angekündet, mit dem die Milchbauern in die Preisverhandlungen mit den Molkereien gehen können. Endlich sollten belastbare Daten zur Verfügung stehen, auf die sich die Landwirte berufen können.
Auf dem Weg zum Index wurde zur Grünen Woche das Gutachten über die Milcherzeugungskosten vorgestellt. Gutachterin Dr. Karin Jürgens vom Büro für Agrarsoziologie und Landwirtschaft (BAL) errechnete für die drei Regionen Ost, Nord und Süd Milcherzeugungskosten in Höhe von 45,07, 43,06 und 51,03 Cent je Kilogramm Milch. Die Durchschnittskosten von 50 Cent je Kilogramm scheinen hoch, ähneln aber den Berechnungen des Milchreport Bayern 2011, der 49,3 Cent je Kilogramm Milch errechnete. Das Gutachten bezieht sich jedoch auf eine wesentlich größere Datenbasis. Vielleicht ist die Zahl „50 Cent“ deshalb nur verhalten kommentiert worden. Das Milchforum des Deutschen Bauernverbandes (DBV) auf der IGW arbeitete unter dem Motto „Damit wir auch morgen noch melken können“ indirekt aus, ob die 50 Cent jemals bezahlt werden könnten.
Für Professor Harald von Witzke, Agrarökonom an der Humboldt-Universität zu Berlin müssten die Erzeugerkosten regionaler erfasst werden. Steigende Effizienz werde die Kosten senken und die Milch auch für den Weltmarkt attraktiv machen.
Nach DBV-Vizepräsident Udo Folgart ist es eine große Leistung der Molkereien, die produzierte Milch ohne Überhang verkauft zu haben. 30 Milliarden Kilogramm gingen 2012 in den Export. Die 1,2 Milliarden Euro Umsatz daraus kämen auch bei den Betrieben an und schafften eine Wertschöpfung im ländlichen Raum. Durch Partnerschaftsabkommen solle die EU neue Absatzmärkte erschließen und festigen. Laut Peter Bleser, Parlamentarischer Staatsekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium, leiste diese exportierte Milchmenge einen Beitrag zur Welternährung. Es müsse aber besser koordiniert werden, damit Händler in Indien und China die Herkünfte und Qualitäten besser einschätzen können.
Martin Häusling hingegen ist skeptisch. Der Europaabgeordnete der Grünen wirft den Quotenaussteigern „Marktträume“ vor, die sich nicht realisieren ließen. Von den jetzigen Milchpreisen von 32 Cent je Kilogramm müsse der Anteil an Direktzahlungen in Höhe von sechs bis zehn Cent noch abgezogen werden. Die meisten Milchbetriebe lebten von der Substanz oder vom Nebenerwerb. Deutschland und Europa würde sich nie mit den Inlandsproduktionen in Indien und China messen können, die auf absehbare Zeit selbst genug Molkereiprodukte erzeugen werden. Weltmarktpreise in Höhe von 30 Cent werden die deutschen Bauern nie ohne Zuzahlungen durchstehen können. Häusling warnte außerdem vor den Partnerschaftsabkommen. Was bei kleineren Staaten durchgesetzt werden könnte, werde bei den großen Verhandlungen mit dem Mercosur (Gemeinsamer Markt Südamerikas) und den USA schnell ins Gegenteil umschlagen können.
Von den im Gutachten festgestellten hohen Erzeugungskosten sprach da schon niemand mehr. Nur Udo Folgart warnte vor noch weiter steigenden Kosten, wenn beispielsweise für die Jauche- und Gülleanlagen die Doppelwandigkeit Pflicht werde.
Roland Krieg, www.aid.de