1000 Tipps: mit dem Motorrad durch Rumänien

Mit dem Motorrad nach Rumänien? Klar doch!
Es gibt kaum ein unverbrauchteres Reiseziel wie Rumänien und man sollte die altbekannten Klischees, die man über dieses Land und seine Menschen hört, ganz schnell über Bord werfen.

Vor einer Reise steht die Frage: wie kommt man am besten hin? Von Süddeutschland aus beträgt die Anreisedistanz bis zur rumänischen Grenze ca. 1200 km. Da gibt es kaum Alternativen zur Anreise per eigenem Zweirad (wenn man von der Anreise mit Auto und Anhänger mal absieht). Am direktesten kann man über Österreich und Ungarn anreisen. Den Plattensee/Balaton in Ungarn muß man nicht umfahren, sondern kann ihn auch in einer 10minütigen Fahrt mit der Autofähre zwischen Tihany und Szantód überqueren.

Die Einreise nach Rumänien mit dem Motorrad stellt kaum ein Problem dar, Wartezeiten wie bei den LKWs und PKWs sind eher selten. Da die Grenzübergänge Nadlac-Arad und Bors-Oradea sehr stark frequentiert sind und oft lange Wartezeiten entstehen, wird empfohlen, in der Hauptreisezeit an die kleinen Übergänge zu fahren. Für Autos muss in Rumänien eine Straßenbenutzungsgebühr entrichtet werden. Motorräder sind jedoch davon ausgenommen!

Mit der Teilabdeckung des Navis und der Gesamt-Rumänien-Straßenkarte ist auf den Straßen nur die grobe Orientierung möglich. Für ein Fortkommen auf kleinen Straßen (gelb bis weiß) sind kleinmaßstabige Karten nötig oder viel Experimentierfreude, gepaart mit Leidensfähigkeit. Die Straßenbedingungen sind unberechenbar. Die Ausschilderung ist auf den Hauptverbindungstrecken ausreichend. Je kleiner die Straßenklasse wird, desto schlechter bis nicht vorhanden ist die Ausschilderung.

Auf gelben und roten Straßen findet man nützliche Meilensteine mit Angaben zur Straßennummer und zur Entfernung zur nächstgrößeren Stadt. Nicht immer sind die gelb oder rot angemalten Steine so gut leserlich wie auf dem Foto.

Rumänische Straßen = Asphaltierte Offroadstrecken!
Federbeinteststrecken! Wir haben noch nie solche Schlaglöcher, solche asphaltierten Holperstrecken, derart aufgerissene Straßen, so unerwartete, 10cm tiefe Krater in Kurven erlebt wie in diesem Land! Es gab aber auch gute Straßen, frisch asphaltiert und glatt wie ein Babypopo, noch dazu zu Autobahnbreite ausgebaut, die haben wir wie ein Wunder empfunden.

Schafherden auf der Straße sind ein gewohntes Bild, auch trottet schon mal verschiedenes Vieh auf der Straße herum: Kühe, Ziegen, Pferde, Esel, Hühner, es springen einem Fasanen vor die Räder oder Rebhühner suchen ihr Leben unter dem Pneu zu lassen. Es gibt zwar auch Tausende Bären, aber daß diese (meist) scheuen Waldbewohner auch auf der Straße herumlungern, ist eher unwahrscheinlich.

Die großen Straßen (auf der Karte rot eingezeichnet), sind meist einigermaßen gut zu fahren. Aber dort schiebt sich der Schwerverkehr auch hindurch. Manchmal sind die Straßen grausam kaputt, einerseits wohl wegen dem Schwerverkehr, andererseits vermuten wir, daß sie von Haus aus keinen stabilen Unterbau wie deutsche Straßen haben. Auch wird wohl meist nicht generalsaniert, sondern aus finanziellen Gründen nur geflickt. Einen weiteren Grund für die schlechten Straßen vermuten meine rumänischen Kollegen darin, daß das Baumaterial großteils auf dem Weg zur Baustelle „verdunstet“.

Über die kleineren Straßen (gelb) lässt sich kein eindeutiges Urteil fällen. Hier gerät die Zustandsbeschreibung von „ganz gut“ bis „grausam schlecht“. Das sind dann meist die Pisten, die irgendwann einmal asphaltiert oder betoniert waren und jetzt aber so schlimm zerstört sind, daß man auf Naturbelag sanfter unterwegs wäre.

Bei der kurzfristigen Beurteilung von Schlaglöchern (vor allem die wassergefüllten), ob sie fahrbar sind oder ob man ihnen besser in einem Notmanöver ausweichen sollte, prägt man sich am besten unseren Grundsatz ein: Haben die Schlaglöcher (=Pfützen) ein sichtbares Ufer, vertiefen sich also sanft, sind sie fahrbar. Haben sie jedoch kein sichtbares Ufer – dann gnade Dir Gott!

Weiße Straßen avancieren für Motorradfahrer mit Sozia (und vollem Gepäck) zur Mut- und Kraftprobe. Wir sind einen geschotterten Karpatenpaß (Pasul Kovacipeter) gefahren, dessen Untergrund streckenweise eine große Herausforderung war. Viele Pfützen, sehr ausgewaschene Bereiche, teilweise schmierige Abschnitte, stellenweise grobschotterig – und abschnittsweise mehrere dieser Zustände zusammen. Und wenn dann noch in den Bergab-Kehren zwei Hirten mit einer kleinen Kuhherde auftauchen, die nur den hüfthohen Hirtenhund in Schach halten und die anderen zwei kleineren das Motorrad attackieren lassen, rinnt schon die eine oder andere Schweißperle in den Kragen.

(Diese Strecke führt durch ein Gebiet mit Bären, wo man die Straße wegen den Bären, die dort leben, nicht verlassen darf, das steht auf Schildern und Schlagbäumen angeschrieben.) Hinweisschilder, welcher Weg zum Ziel führt, darf man natürlich nicht erwarten, da sollte man seinen gesunden Instinkt und Orientierungssinn bemühen. Und wenn das nicht hilft – für was gibt es die Trackback-Funktion des Navis?

Oft verlässt man eine normal asphaltierte Hauptstraße im Ort und steht sofort auf einer nicht geteerten Straße, wo man bei Trockenheit eine lange Staubfahne hinter sich herzieht. Man sollte sich auch von den Straßenbegrenzungen nicht allzu viel Sicherheit erhoffen. Schutzgitter, die in alle Richtungen auf halb 8 hängen und liegen; in der Wiese liegende Begrenzungszäune; in die Fahrbahn gekippte Betonpfeiler; durchgerostete Leitplanken.

Und erhöhte Vorsicht an Bahnübergängen! Besser schrittfahren, denn die Bodenwellen, Vertiefungen und Spalten können einen ganz schön aushebeln! Nachtfahrten sollte man so gut es geht meiden. Sie können zum Himmelfahrtskommando werden. Nicht nur, daß man die Schlaglöcher nicht mehr rechtzeitig sieht, sondern auch ungesicherte Baustellen und unbeleuchtete Pferdekarren machen einen die Fahrt zur Hölle. Wenn sich dann auch noch mit Tuica abgefüllte Bauern mitten auf der Straße um einen Platz auf dem Soziussitz bewerben …

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