Spitzenkoch Dieter Müller über den Kochnachwuchs

Als Präsident des Wettbewerbs „Koch des Jahres“, dessen Gewinner am
10. Oktober auf der Anuga in Köln ermittelt wurde, durfte ich ein interessiertes
Auge auf die Leistungen unseres Koch-Nachwuchses werfen. Ein
passender Anlass, um auf einige fundamentale Dinge des Kochens hinzuweisen.

„Koch des Jahres“ auf der Anuga gekürt
Es ist verblüffend: gerade wenn man dem ambitionierten Nachwuchs auf
die Finger und später auf den Teller schaut, werden einem die fundamentalen
Dinge des Kochens schlagartig bewusst.

Ein Koch sollte nicht
nur, er muss Freude an seiner Arbeit haben. Seine Hände müssen frei
agieren können, der Kopf darf sie nicht beeinflussen und hemmen. Dies
zu beherzigen, bedeutet zwei elementare Dinge des Kochens mit allen
Sinnen zu begreifen: Man darf nicht mit den Gedanken woanders sein,
und man muss sein Handwerk beherrschen. Sind die Hände frei, kann
der Koch sich auf seine Aufgabe und auf seine Umgebung konzentrieren.
Denn ein Koch ist kein Selbstdarsteller. Selbst wenn wir seit einiger Zeit
erleben, dass ein Koch im Fernsehen zum Star wird, im Alltag ist er eben
keine „one man show“. Gerade in der Spitzengastronomie sind
Teamplayer gefordert. Kreativität in der Küche entsteht erst durch das
vertraute Zusammenspiel einzelner Könner. Auch wenn es Unterschiede
gibt: Dieses Zusammenspiel ist in einer Sterneküche unabdingbar. Nur
als eingespieltes Team versteht man sich auch ohne Worte, kann man
Ideen eines Anderen aufgreifen und weiter entwickeln.

Show und Talent
Ich möchte gar nichts gegen die Kochshows im Fernsehen sagen. Sie

liefern lediglich das irrige Bild, es sei ein Einzelner, der permanent kulinarische
Großtaten vollbringe. Dabei braucht man in einer auf Weiterentwicklung
bedachten Küche immer ein Team, dessen Mitglieder sich
wechselseitig beeinflussen und im guten Fall ein Spannungsfeld schaffen,
in dem sich kreative Ideen wunderbar entwickeln. Durch die Fernsehshows
ist der Beruf des Kochs sehr populär geworden. Jedoch beobachten
wir nicht nur ein Mehr an jungen Köchen, sondern vor allem einen Zuwachs
an talentierten, aufstrebenden jungen Köchen.

Wenn ein junger Koche eine spezifische Sensibilität nicht nur für die Produkte
sondern auch für die Wünsche des Gastes entwickelt, wenn er im
Laufe seiner Ausbildung lernt, sich gegenüber den Mitstreitern in der
Küche zu öffnen, um von und mit ihnen zu lernen, dann erst bildet er
jene Persönlichkeit aus, die für die Entwicklung zum Spitzenkoch unverzichtbar
ist. Und wer weiß: Vielleicht wird Sebastian Frank, der „Koch des
Jahres“ 2011, bald schon als Koch mit einer eigenen Handschrift auf sich
aufmerksam machen. Wundern würde es mich nicht, denn alle Köche,
welche die Endausscheidung des Wettbewerbs erreicht haben, sind ausgesprochene
Talente.

Nachwuchswettbewerb fördern
Ich freue mich sehr, diese Entwicklung begleiten zu dürfen. In Spanien
habe ich beim dortigen Nachwuchswettbewerb beobachtet, wie wichtig
eine solche Auszeichnung für einen jungen Koch ist. Ein solcher Wettbewerb
fordert ihn heraus und vermittelt zugleich Sicherheit, Anerkennung
und Zuspruch. Wichtige Basiselemente, um in den kommenden Jahren zu
einer Persönlichkeit heranzureifen, die es versteht, ihre Gäste mit kreativen
Ideen und perfekter Kochkunst zu begeistern.
Insofern ist es ganz wichtig, dass Wettbewerbe zur Förderung des Kochnachwuchses
weiter Zuspruch erhalten. Zuspruch durch Sponsoren, Zuspruch
durch die Medien, vor allem aber Zuspruch in den Küchen des
Landes. Es ist gerade in der gehobenen Küche nicht immer leicht, sich
die Zeit zu nehmen, um einen jungen Koch auf einen Wettbewerb vorzubereiten.
Doch nur so lernt er persönlich, wie wichtig das Team für seinen
Beruf ist. Ein guter Koch kocht nicht nur mit Freude, er kocht immer
auch mit Freunden.

„Koch des Jahres“ ist der transparente Wettbewerb für Profi-Köche aus
Deutschland, Österreich und der Schweiz. Dessen Herausforderung liegt
darin, ein Drei-Gang-Menü für sechs Personen in nur fünf Stunden zu
kochen. Dabei darf der Wareneinsatz pro Person nicht über 16 Euro liegen.
In den Vorfinalen wählt die Fachjury unter dem Vorsitz des Spitzenkochs
Dieter Müller jeweils zwei Finalisten. Diese acht treten zum Finale
zur Anuga mit einem neuen Menü unter denselben Bedingungen gegeneinander
an, um den Titel „Koch des Jahres” und Preisgelder in Höhe von
26.000 Euro zu gewinnen. Ziel des Wettbewerbs mit Ursprung in Spanien
ist es, auf der Anuga 2015 das erste europäische Finale zu veranstalten.

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