„A New Austrian Empire?“ titelt Jancis Robinson, die weltweit einflussreichste Weinkritikerin in der Financial Times im Februar 2011. Sie stellt die Frage, ob nach dem zweifelsfreien Siegeszug österreichischer Weißweine weltweit nun die Welt schon reif für Österreichs Rotweine sei. Wer hätte das vor 25 Jahren gedacht, im Jahr 1986, als Österreichs Weinwirtschaft am Boden lag – ohne erfolgreiche Strukturen, ohne Image, ohne Vision. Alle bisherigen Weinvermarktungsinstitutionen, wie z.B. die Österreichische Weinwerbung (1952-1968) und der Österreichische Weinwirtschaftsfonds (1969-1986), leisteten zwar wertvolle Arbeit (Weingütesiegel, amtliche Weinkostkommission), den Weinskandal konnten sie letztendlich nicht verhindern. Die Entwicklungen 1985 und das daraus folgende neue, strenge Weingesetz 1986 machten den Weg frei für die Gründung der Österreichischen Weinmarketing Servicegesellschaft (ÖWM) „zur Förderung des Absatzes und der Qualitätsweinproduktion“.
Erfolgreiches Weinmarketing seit 1986
Die ÖWM stellte für viele den Neuanfang nach dem Weinskandal dar und verstand sich von Beginn an als unbürokratische Dachmarketing-Organisation. Wolfgang Lusak startete als erster ÖWM-Geschäftsführer mit Werbemaßnahmen zur Neupositionierung des österreichischen Weinimages. Die erfolgreiche Kampagne unter dem Slogan „Ich lade Sie ein – Ihr Österreichischer Wein“ erinnerte viele treue Weinliebhaber an die Qualität österreichischer Weine und zielte auf den heimischen Markt und das deutschsprachige Ausland ab. Unter Lusak (1986-1989) und Engelbert Prassl (1990) wurde damit das Vertrauen wieder aufgebaut und die Sympathie für den heimischen Wein neu belebt. Für sie, aber auch für alle weiteren Geschäftsführer war und ist eine intensive Pressearbeit ausschlaggebend. Kompakte Informationen, ständiger Kontakt mit Meinungsmachern und gute Medienkooperationen garantieren, dass der österreichische Wein im Gespräch bleibt.
Walter Kutscher (1991-1993) förderte die beginnende Internationalisierung mit Auslandspräsentationen, die unter Bertold Salomon (1994-2001) und Michael Thurner (2002-2006) erfolgreich fortgesetzt wurden. Viele Imageerfolge belohnten die Arbeit, wie z.B. das London-Tasting 2002, bei dem Österreichs Weißweine im Vergleich mit großen Burgundern und Chardonnays aus aller Welt brillierten. Unter Salomons Geschäftsführung wurden auch die Grundlagen für die Einführung herkunftstypischer Weine (DAC) gelegt.
Seit 2007 leitet Willi Klinger die Geschicke der ÖWM und unter seiner Führung wurden große neue Projekte und Änderungen eingeführt. Seit seinem Amtsantritt ist ihm die Weiterentwicklung der herkunftstypischen Weine ein besonderes Anliegen. Er leitete 2009 die Einführung der neuentwickelten Werbelinie mit neuem Logo, den umfassenden Relaunch der ÖWM-Website und die Erarbeitung neuer Werbebroschüren (mit besonderem Fokus auf Wein & Essen). Seit 2009 nimmt die ÖWM auch an umfassenden Förderprogrammen der EU teil und begann 2010 mit neuen Kommunikationskanälen via Social Media.
„Unsere Arbeit ist oft Guerilla-Marketing“, meint Willi Klinger. „Das heißt, dass wir mit einem kleinen, schlagkräftigen Team eine große Zahl von Personen betreuen und vor allem immer wieder überraschen. Besonders im Ausland ist das ausschlaggebend für ein kleines Weinland wie Österreich. Dafür ist es ungemein wichtig, immer am Puls der neuesten Entwicklungen zu sein, Trends vorzugeben, mit allen Kontakt zu halten und dabei authentisch und kreativ zu bleiben.“
Die größten Erfolge und Highlights
Der aussagekräftigste Beweis des Weinwunders Österreich sind die Exportzahlen der letzten 25 Jahre und deren Entwicklung hin zum Exportrekord 2010 (123 Mio. €, 62 Mio. lt.). „Noch nie hat die österreichische Weinwirtschaft eine höhere Wertschöpfung erzielt als 2010“, freut sich Klinger. „Wir sehen jetzt, dass sich in den wichtigsten Exportländern unser hochwertiges Image langsam in Geschäftserfolge verwandelt“.
Unterstützt wird diese Entwicklung seit Mitte der 90er Jahre mit Presse- und Händlerreisen auf Einladung der ÖWM, die das Weinland Österreich, unsere Weine und Winzer präsentieren und erklären. Ein Highlight ist die alle zwei Jahre stattfindende VieVinum (erstmals 1998), mit dem ÖWM-Besucherrekord im Jahr 2010 (850 internationale Weinspezialisten aus 43 Ländern). Seit 1999 besuchen ca. 150 internationale Weinfachleute den Weingipfel, der in Nicht-VieVinum Jahren jeweils von der ÖWM organisiert wird.
Zur Aufbauarbeit der ÖWM gehört es auch Marken zu etablieren, wie z.B. G´Spritzter (seit 1995), Junger Österreicher (seit 1995) und SALON Österreich Wein (seit 1988), die Staatsmeisterschaft des österreichischen Weins.
Die Organisation von Österreich-Events für Winzer und lokale Weinhändler gehören zu den wichtigsten Imageveranstaltungen im Ausland. Die größten darunter sind die Prowein in Düsseldorf mit mehr als 300 Winzern und die Präsentation „Österreichs große Weine“ im Zürcher Kongresshaus mit etwa 200 Winzern und 60 Schweizer Weinhändlern. Dazu gibt es mehr als 50 weitere Präsentationen in Form von Sommelier-Workshops, Masterclasses, aber auch viele Lifestyle-Präsentation wie z.B. Austria uncorked in New York und Los Angeles.
Auch weinbezogene Großveranstaltungen werden von der ÖWM regelmäßig unterstützt und sogar selbst organisiert, wie die Sommelierweltmeisterschaft 1998, das Master of Wine Symposium 2002, der OIV Kongress 2004 oder die European Wine Bloggers Conference im Jahr 2010.
Für die Weinbranche liefert die ÖWM aktuelle Zahlen zur Marktentwicklung, einen Exportleitfaden für Winzer und produziert Werbemittel, die über die Tochterfirma Österreich Wein Institut (ÖWI) vertrieben werden. Eine enge Kooperation besteht mit der 50% Tochter Weinakademie Österreich, die sich zu einer wichtigen Ausbildungsstätte für Winzer, Gastronomen, Weinhändler und Weinliebhaber entwickelt hat.
Richtungsweisend ist die ÖWM auch in ihrem Online-Auftritt in fünf Sprachen (Deutsch, Englisch, Russisch, Japanisch, Mandarin-Chinesisch) und dem integrierten Servicetool für Winzer.
„Als Dienstleister der Weinwirtschaft ist die ÖWM ein echtes Paradebeispiel für effiziente und zielgerichtete Arbeit“, freut sich Josef Pleil, Präsident des Österreichischen Weinbauverbandes anlässlich des Jubiläums. „Besonders erfreulich ist auch, dass wir international von vielen Weinländern um die Weitsicht und Professionalität der ÖWM beneidet werden. Dazu kommt noch die notwendige Portion österreichischer Charme.“
Finanzierung der ÖWM
Seit ihrer Gründung 1986 hat die ÖWM in ihrer Eigentümer- und Finanzierungsstruktur viele Veränderungen erlebt. Josef Pleil war von Anfang mit dabei und führte selbst viele Budget Verhandlungen, die ÖWM betreffend, mit Ministerien und den weinbautreibenden Bundesländern.
Ursprünglich war die ÖWM im Eigentum des Bundes, der Länder Wien, Niederösterreich, Burgenland und Steiermark und den Interessensvertretungen Landwirtschaftskammer und Wirtschaftskammer. Das Budget der ÖWM betrug ca. 80 Mio. Schilling (5,8 Mio. €). Im Zuge des EU-Beitritts 1995 zog sich der Bund aus der Eigentümerschaft zurück und die Finanzierung der ÖWM wurde neu aufgestellt. Das neue Modell, das bis heute besteht, umfasst neben den Zahlungen der Bundesländer (in Summe derzeit 3,2 Mio. €, adäquat ihrer Rebfläche) auch Beiträge der Weinbranche (55 €/ha für Winzer, 1 €/hl des Weinhandels, in Summe ca. 3,5 Mio. €), die durch die AMA eingehoben werden. Aufgrund der damals noch bestehenden Sektsteuer war und ist bis heute der Sektgrundwein im Inland von den Literbeiträgen des Weinhandels befreit. Die Beiträge der Winzer und des Weinhandels wurden seit der Umstrukturierung 1997 nicht erhöht, die Bundesländerbeiträge 2009 erstmals der Inflation angepasst. Aufgrund des Landwirtschaftsgesetzes erhält die ÖWM seit 2000 auch Mittel des Landwirtschaftsministeriums als Gegenüberstellungsbetrag zu den Bundesländern, derzeit rund 1,4 Mio. €.
Budgetherausforderungen der Zukunft
Die laufenden Sparmaßnahmen in allen öffentlichen Bereichen machen auch vor der ÖWM nicht halt. Aus dem Topf der Bundesbeiträge wird in Zukunft weniger Geld fließen. „Aber gutes Marketing braucht Geld“, erklärt Gerhard Wohlmuth, Vorsitzender des Ausschusses für Wein- und Spirituosenhandel der WKO und derzeit turnusgemäß Aufsichtsratsvorsitzender der ÖWM. „Die Branchenbeiträge wurden seit ihrer Einführung nicht valorisiert. Langfristig müssen die Einnahmen jedoch steigen, damit die ÖWM den neuen Anforderungen gerecht werden kann.“
Um sich der Herausforderung neuer Absatzmärkte stellen zu können, nimmt die ÖWM seit 2009 an neuen EU-Förderprogrammen teil, die Maßnahmen in Nicht-Mitgliedsstaaten unterstützen. Bis 2013 fließen damit jährlich zusätzlich ca. 800.000 € in das Budget der ÖWM. Aus einer weiteren EU-Förderung mit dem Ziel der Binnenmarktförderung erhält die ÖWM von 2012 bis 2014 jährlich weitere ca. 300.000 Euro. Beide Förderprogramme verlangen eine 50%ige Mitfinanzierung des Antragstellers. Der bürokratische Aufwand der Förderungsabwicklung für die ÖWM ist dabei allerdings enorm.
Der Fokus dieser Förderprojekte liegt einerseits auf der Erschließung neuer Märkte wie Asien, Russland, Brasilien, etc., die mittel- bis langfristig hohe Wachstumschancen aufweisen. Andererseits werden damit sonst kaum zu finanzierende Projekte, wie z.B. Filmprojekte und besonders die Weinausbildung im Inland unterstützt.