Choc`in Brugge oder der Zauber der Chocolatiers
Konzentriert lässt Roland Sukerbuyc die Schokoladenmasse aus dem nicht
versiegen wollenden Schokoladenauslauf in die Pralinenformen laufen. Und
während mir das Wasser im Munde zusammen läuft, erklärt der Chocolatier aus
Brügge, dass er zu seinem Handwerk gekommen sei, wie die Jungfrau zum
Kinde. Ursprünglich als gelernter Chemisch-technischer Laborant in den 80er
Jahren des vorherigen Jahrhunderts zur nebenberuflichen
Schokoladenherstellung gewechselt, erkannte er schon bald, dass sich vor
allem Engländer für belgische Schokolade aus Brügge interessieren. Und so
das war der Einstieg in seinen Berufsweg als einer von heute nur noch fünf
echten Chocolatiers in Brügge, die ihre Schokolade selbst im Haus
herstellen – nach streng vertraulichem Rezept. Wie in einem Schlaraffenland
tropft die braune Süßmasse überall in der Schokoladenwerkstatt, da wird
emsig geformt, kreiert und verpackt, denn das Weihnachtsfest rückt näher.
Der Geruch von frischer Schokoladenmasse betört meine Sinne. Angeregt von
soviel süßer Schokokunst begebe ich mich gegenüber von Sukerbuyc`s
Choloatier in die zugehörige Konditorie und lasse mich von einer heißen
Tasse frischer Schokolade verführen.
„Choc`in Brugge“ heißt das Festival, dass jährlich fünf Wochen vom 11.
November bis 18. Dezember in der flandrischen Hauptstadt stattfindet und
mit besonderen Aktionen der chocolatiers lockt. Schokoladen-Touren kann man
aber auch ganzjährig als Gruppe oder Einzelperson beim Tourismusamt buchen.
Und so schlendere ich weiter in der strahlenden Herbstsonne durch Brügges
malerische Gassen und lasse mich bezaubern von den über 50 Schokoladen-
Läden, die ihre Besucher mit überquillenden Schaufenstern und den
wundersamsten Schoko-Kreationen locken. Schön, dass hier alles fußläufig
erreichbar ist, denke ich bei mir. Beim Chocolatier Dumon lerne ich die
Pralinen-Füllung „Gryt“ kennen, die aus einer Mischung von Gewürzen für das
Bier hergestellt wird und einen Hauch von Lebkuchengeschmack in sich birgt.
Der „Brugge Sweat“ – brüggescher Schwan ist das Markenzeichen dieser
Manufacturs, dessen Pralinen in Schwanform daherkommen. Auch Dumon stellt
seine Schokoladenmasse noch selbst her, genauso wie Dominique Persoone von
the-chocolate-line, dem wohl abgefahrensten Chocolatier in Brügge.
Von
Schnupftabak für den Herrn aus Schokoladenstaub bis Lippenstift und
Massagecreme aus Schokomasse für die Dame fallen mir die wundersamsten
Schöpfungen des Genusses ins Auge. Dominique Persoone, der als der Choco-
Papst von Brügge gilt, gefällt es zudem, Pralinen mit untypischen Füllungen
zu versehen. Und so komme ich in den zweifelhaften Genuss von Zwiebel-Speck
oder Curry-Pralinen, die sicherlich dem ungeübten Gaumen etwas Gewöhnung
abverlangen, aber dennoch der Renner unter den diesjährigen Schokoladen-
Kreationen sein sollen.
Des zarten Genusses überdrüssig und der eigenen Pfunde ob des prallen
Angebots bewusst geworden, folge ich einem Tipp und begebe mich zum
„Choc`in Menu“ in die Mangerie, dem kleinen Restaurant des großen,
flämischen Meisterkochs Kristof Deprez. Hier darf ich nicht nur genussvoll
ein anregendes Menü verfeinert mit den herrlichsten Schokoladen-Saucen zu
mir nehmen. Ich darf auch bei der Zubereitung helfen. Denn dass ist das
Konzept von Deprez. Der Gast soll Meister seiner Kreation werden und das
Gefühl der Schokoladen-Kochkunst spüren – nach vorheriger Anmeldung
natürlich. Deprez kleine Küche und der heimelich anmutende Gastraum bieten
mir eine gelungene Auszeit und Abwechslung zu den süßen Verlockungen auf
Brügges Straßen.
Noch nicht statt von Schokolade suche ich das Schokoladenmuseum „Choco-
Story“ am Rande der Altstadt auf. Hier lausche ich gespannt der Führung
über die Anfänge der Schokoladenkunst bei den Indios und in Afrika und
lasse mich mit ganz anderen Sinnen von der Schokoladenkunst begeistern, als
in Brügges Chocolatiers. Satt und zufrieden beschließe ich den Tag, der mir
die Künste der braunen Kakao-Zuckermasse in allen Nuancen eindrucksvoll
entgegengebracht hat. Philip Duckwitz
Fakten und Daten
Chocolatiers:
Sukerbuyc, Katelijnstraat 5, Brügge-Zentrum, www.sukerbuyc.be
Dumon, Simon Stevinplein 11, Brügge-Zentrum, www.chocolatierdumon.be
The Cocolate line Brügge, Simon Stevinplein 19, Brügge-Zentrum,
www.thechocolateline.be
Restaurant:
Mangerie, Oude Burg 20 , Brügge-Zentrum, www.mangerie.com
Schokoladenmuseum:
Choco-Story, Wijnzakstraat 2 (Sint-Jansplein), Brügge-Zentrum,
www.choco-story.be
Informationen:
Choc`in Brugge: www.chocinbrugge.be
Tourismusamt Flandern:
www.flandern.com
Tipp:
Besonders an Wochenenden quillt die Stadt über vor Schokoladen-hungrigen
Besuchern, so dass sich ein eindrucksvolleres Erlebnis von Brügge eher
ergibt, wenn man seinen Besuch zwischen Montag und Donnerstag einplant.
Wie kommt man hin?
Die bequemste Anreisemöglichkeit ist mit dem Zug von Deutschland über
Brüssel nach Brügge und dauert von Köln aus etwa 3 Stunden.
Alternativ kann man mit dem Auto über Liege (Lüttich), Brüssel Richtung
Oostende nach Brügge anreisen. Hier dauert die Fahrt je nach
Verkehrsaufkommen 3-4 Stunden für 310km über die E40 (ab Aachen). Die
Parkmöglichkeiten in Brügge-Zentrum sind reichhaltig. Außerhalb der
Altstadt, die in 3 Minuten fussläufig erreichbar ist, liegt das komfortable
und preisgünstige Parkhaus „’t Zand“.
Brussel Air: www.gourmet-report.de/goto/brussels