Tokio, das neue Mekka der Gourmets

Tokio hat Paris, jahrhundertelang Welthauptstadt der Gastronomie, den Rang abgelaufen. Auch in diesem Jahr gibt es in der japanischen Hauptstadt wieder mehr Dreisterneköche als in Frankreich. Außerdem registriert Tokio mit 261 Sternen die höchste Zahl von Michelin-Sternen und kommt auf insgesamt 261 Sterne – dreimal mehr als Paris! In Frankreich ist zwar nicht jeder mit dem Erfindungs- und Abwechslungsreichtum der asiatischen Küche vertraut, doch die Meisterköche schon: Ducasse, Gagnaire, Troisgros, Pourcel – alle französischen Starköche haben Restaurants in Tokio!

Als Botschafter und Verfechter des französischen kulinarischen Kulturerbes gesteht Joël Robuchon, Stolz der französischen ‚Cuisine‘ und ‚Koch des Jahrhunderts‘, mit Bedauern ein, dass ‚Frankreich in der Welt das Image einer überholten, vergangenheitslastigen und wenig erfinderischen‘ Küche hat. Eroberungsstrategie, notwendige Anpassung an die Globalisierung, geschmackliche Experimente – sind das die Gründe, warum Tokio Paris überrunden konnte? Wer sind die Sterneköche in Tokio?

Um eine Antwort auf diese Fragen zu finden, traf sich Filmemacherin Isabelle Cottenceau mit dem frankophilen Spitzenkoch Shuzo Kishida. Der Japaner wurde in Frankreich ausgebildet, arbeitete für die Pourcel-Brüder in Montpellier, im Pariser ‚Astrance‘ und eröffnete sein eigenes französisches Restaurant, ‚Quintessence‘, in Tokio – das prompt drei Sterne bekam! Mit 35 Jahren ist Shuzo der jüngste Dreisternekoch der Welt. Seine Koch-Philosophie ist schlicht, die Gerichte werden allerdings mit einer Prise Poesie und kunstvoll angerichtet. Eine weitere erstaunliche Erfolgsgeschichte ist die von ‚Sukiyabashi Jiro‘, der bescheidenen Sushi Bar, die ebenfalls in den geschlossenen Club der Dreisterne-Etablissements aufgenommen wurde. Obwohl nur eine Minibar im Keller, keine eigene Toilette, zehn Barhocker, trifft man hier zuweilen alle großen französischen Küchenchefs in Tokio.

Jean-Luc Naret, ‚Monsieur Globalisierung‘ des Hauses Michelin, erläutert die Hintergründe der gastronomischen Japan-Euphorie. Nach welchen Kriterien verteilt der Gastronomieführer seine Sterne an ein Feinschmeckerlokal? Welche Bedeutung hat das Gourmet-Ranking für die Tokioter, für die Michelin eine prestigereiche französische Marke ist? Und trifft man überhaupt noch Einheimische in den von Michelin geheiligten Feinschmeckertempeln Tokios?

arte, Mittwoch, 29.12., 20:15 – 21:05 Uhr (VPS 20:15)

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