Warum wir es schaffen, nicht gesund zu bleiben

Egal, welche Meinungsforscher man fragt. Die Top-Antwort auf die Frage „Was wünschen Sie sich am meisten?“ ist nicht ein neues Auto, der Flachbildfernseher oder ein Eigenheim. An erster Stelle steht immer unangefochten die „Gesundheit“. Fast alle Bevölkerungsgruppen, unabhängig von Einkommen, Bildungsgrad oder Herkunft möchten zunehmend etwas für ihre Gesundheit tun und nutzen immer öfter gesundheitsfördernde Produkte und Dienstleistungen. Trotzdem scheint die Gesellschaft insgesamt nicht gesünder zu werden. Schaut man sich zum Beispiel einmal die eigenen, individuellen Essgewohnheiten an, sieht sicher jeder noch Verbesserungspotenzial. Und das ist völlig normal: „Menschen hören nicht auf Gesundheitsexperten und legen schlechte Ernährungsgewohnheiten so schwer ab, weil sie beides wollen: Party und Waschbrettbauch“, so Professor Christoph Klotter, Ernährungspsychologe von der Hochschule Fulda auf dem aid-Forum „Mehr als wir verdauen können!“, Ende Mai in Bonn. Also trinkt man ein paar Biere, was möglicherweise der Gesundheit schaden kann. „Aber das Gegenargument“, so Klotter, „es macht mir Spaß, ich habe jetzt Freude am Leben, ich möchte endlich über die Stränge schlagen. Das ist ein anderer Wert, der immer mit der Gesundheit konkurriert.“

Ein weiteres Beispiel ist die Entscheidung Fußball zu spielen. Es ist bekannt, Fußball ist eine riskante Sportart, bei der man sich die Beine brechen kann, aber trotzdem spielen die Menschen Fußball.
Und wie fühlt sich ein stark übergewichtiger Mensch, wenn ihm der „Kampf gegen sein Übergewicht“ angesagt wird? „Die Kriegsmetapher schafft Gegner und fordert die Revolte heraus“, so Klotter. Außerdem nehmen die Menschen gesunde Ernährung häufig als Triebunterdrückung wahr, was den Widerstand weiter verstärkt. Klotter: „Nach den Protestbewegungen in den Bereichen Sexualität und Politik im vergangenen Jahrhundert, ist Essen und Trinken inzwischen das letzte Feld, aus dem man ausbrechen kann.“ Wenn Ernährungsberater erfolgreich sein wollen, müssten sie daher auf den moralischen Zeigefinger verzichten und stattdessen die Menschen begleiten und unterstützen.
aid, Silke Wartenberg und Harald Seitz

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