Fundi – Weine, die eine Zukunft geben
Südafrika ist in diesem Jahr, dank der 19. Fußball-Weltmeisterschaft, in aller Munde. Auch die südafrikanische Weinwirtschaft hat sich von diesem Fieber mitreißen lassen und ein einzigartiges Projekt auf die Beine gestellt. 2010:2010 – oder anders: Finanziert durch die Erlöse des Verkaufs einer Premium-Rotweinlinie werden 2010 Nachwuchsweinkellner für das WM-Jahr 2010 ausgebildet. Ein Engagement, das nicht nur für den Moment hält, sondern das Leben vieler junger Menschen entscheidend verändern kann.
Die Weinanbautradition reicht in Südafrika weit ins 17. Jahrhundert zurück. Hier, zwischen dem 31. und 34. südlichen Breitengrad, erstrecken sich die Weinberge in der westlichen Kapregion rund um Kapstadt. In der Nähe der Wahrzeichen Tafelberg und Kap der guten Hoffnung sorgen der Atlantische und der Indische Ozean für ein maritimes Klima, das ideal für große Weine ist. – Und dennoch hatten viele junge schwarze Südafrikaner noch nie die Gelegenheit, ein Weingut zu besuchen. Oft haben sie kaum einen schulischen Hintergrund, sie trinken selten Wein, aber sie arbeiten häufig in der Gastronomie. Dieser Spagat der Unwissenheit im Umgang mit Weinen wird nun geschlossen. Unter dem Namen »Laduma« (Zulu für Tor) hat der Exportverband »Wines of South Africa« (WOSA) in Zusammenarbeit mit der gesamten Weinwirtschaft der Kapregion ein Projekt ins Leben gerufen, das Wein, die WM und eine soziale Unterstützung vereint. Eigens dafür wurde eine Premium-Rotwein-Linie kreiert: »Fundi« (zu Deutsch Lernender) – Rotweine, von Kapwinzern ausgesucht, um damit Gutes zu tun. Bis zur WM sollen 17.500 Kartons mit Fundi-Weinen weltweit verkauft werden. Mit den Einnahmen wird für 2010 angehende Weinbotschafter eine neuartige Ausbildung finanziert, wie es sie bisher nur Südafrika gibt.
Ein Cabernet Sauvignon ist ein Elefant und ein Syrah ein Rhinozeros? Das mag vielleicht komisch klingen, aber es ist ein spielerischer Weg, mit Spaß und Leichtigkeit in die komplizierte Welt des Weines einzutauchen. Auf der zweitägigen Schulung, die vom »Laduma«-Projekt finanziert wird, lernen die jungen Servicekräfte auf eine Art, die sie auch ohne Vorbildung umsetzen können, Weine zu verstehen und zu beschreiben. »Es wird sozusagen die linke mit der rechten Gehirnhälfte verknüpft«, veranschaulicht Petra Mayer vom südafrikanischen Weinmarketing diese greifbare Form des Lernens. Tiere sind Bilder, die die jungen Servicekräfte kennen, und so lernen sie auf eine verspielte, lustige und lebendige Art, diese Bilder mit neuen Inhalten zu füllen und die Weine authentisch zu beschreiben. Die Ausbilder von »Let’s sell Lobster« – ein Unternehmen, das sich auf den Unterricht im Bereich Wein, Essen und Entertainment spezialisiert hat – nehmen ihre neugierigen und enthusiastischen Schüler mit auf eine Wein-Safari, bei der sie natürlich auch riechen und schmecken lernen – aber eben auf eine Art, die sie verstehen und umsetzen können. Während sie einen großen, mächtigen Elefanten beschreiben, erklären sie gleichzeitig auch die Eigenschaften eines Cabernet Sauvignon, der kraftvoll und dunkelrot ist, viele Tannine hat und sich beim Essen gut behauptet. Bei einem Syrah sehen sie ein Rhinozeros – stark, leicht aggressiv im jugendlichen Stadium und beim Chardonnay einen eleganten Seeadler. Weine begreifen durch die Verbindung der Vision mit der eigenen Erfahrung. Denn erst, wenn die jungen Schüler selbst verstanden haben, was beim Wein eine kraftvolle Struktur ist, können sie es auch ihren Gästen erklären. Durch dieses innovative Lernverständnis gewinnen sie Selbstvertrauen und Wissen, das sie später immer noch mit filigranen Ausdrücken füllen können.
Doch diese Ausbildung kann den jungen Schwarzen aus finanziell schwachen Milieus erst durch den Verkauf von Weinen aus der Fundi-Familie ermöglicht werden. Weine, die von sechs namhaften Kapwinzern produziert werden und bei einer Blindverkostung der Cape Winemakers Guild (CWG) unter allen eingereichten Proben ausgewählt wurden. In Deutschland, Österreich und Italien ist der Fundi-Wein aus der Weinbergslage »Anwilka« ins Rennen zur Förderung der beruflichen Zukunft junger Menschen gegangen. Ein Wein, der Großes bietet. Die Trauben von Anwilka wachsen in exponierter Lage am Helderberg mit Ausblick auf den sieben Kilometer entfernten Ozean und die False Bay. Hier treffen zwei Weinwelten aufeinander und vereinen sich zu etwas Besonderem: Lowell Jooste, Mitbesitzer des legendären Weingutes Klein Constantia, pflanzte dort auf 40 Hektar vor zwölf Jahren Syrah, Cabernet und Merlot. Die außergewöhnliche Qualität von »Anwilka« weckte bald das Interesse zweier Weinpersönlichkeiten aus dem französischen Bordeaux. Bruno Prats, der ehemalige Besitzer von Cos-d’Estounel/Médoc und Hubert des Boüard de Laforest von Angélus/St. Émillion waren fasziniert von der Einzigartigkeit des Terrains. Sie schlossen sich mit dem Winzer, der für die Ursprünglichkeit südafrikanischen Weines lebt, zusammen. 2005 produzierte das Trio den ersten »Anwilka«-Wein, der die Diskussion des sachlichen, auch etwas snobistischen Franzosen mit der Verrücktheit des Afrikaners verbindet. Der Respekt vor der Natur und eine gemeinsame Vision sind für das internationale Dreigespann eine wesentliche Facette des Erfolges. Hier trifft die alte Weinwelt auf die neue. Eine Kombination, die man natürlich auch im Fundi-Wein von »Anwilka« schmeckt.
»Das Wichtigste ist, dass die Fundi-Weine selbst überzeugen«, meint Petra Mayer sicher. Denn das wohl originellste Weinprojekt der Welt lebt nicht von Mitleid, sondern von der Qualität der Weine, der eigenen Kraft Afrikas und dem gelebten Beispiel »Hilfe zur Selbsthilfe«. Es ist ein charismatischer Ansatz, den jungen Südafrikanern spielerisch die Größe eines Weines und die Sachlichkeit des Handels zu vermitteln. Noch fehlt ein Teil des Geldes für die 2010 Auszubildenden, die den Gästen der WM die südafrikanische Weinkultur und die Lebensart nahe bringen sollen. Doch bis das erste Tor geschossen wird, werden viele junge Schwarze eine neue Zukunft haben, die durch das Band vom Winzer bis hin zum jungen Menschen geschlossen wurde. Wein ist eben mehr als nur eine Rebe.
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