Wie der Mensch Bitterstoffe schmeckt

Nur 25 Rezeptoren für Geschmack verantwortlich

Nur 25 verschiedene Geschmacksrezeptoren reichen aus, um Zehntausende von Bitterstoffen wahrzunehmen. Offenbar besitzen die Sensoren sehr unterschiedliche Bindungseigenschaften, die erst in ihrer Kombination diese enorme Leistung ermöglichen. So lautet das Fazit einer Studie des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung (DIfE), die im Journal „Chemical Senses“ veröffentlicht wurde. Der Geschmackssinn für Bitteres ist angeboren und schützt vor allem vor dem Verzehr von giftiger Nahrung. So werden schon Kleinkinder etwas Bitteres so schnell wie möglich wieder ausspucken. Bitterrezeptoren findet man auf der Zunge, aber auch im Bereich des Gaumens, des Rachens und des Kehlkopfs. Bitterstoffe sind in ihrer Struktur sehr vielfältig. Sie kommen in Pflanzen vor, werden von Tieren produziert und entstehen bei der Verarbeitung von Nahrungsmitteln, bei Alterungs- und Zerfallprozessen. Beispiele sind Strychnin aus der Brechnuss, Koffein aus dem Kaffee, Limonin aus Zitrusfrüchten und Chinin aus Bitterlemon.

Im Labor haben die Wissenschaftler untersucht, wie diese heterogenen Substanzen erfasst werden können. Dazu entwickelten sie eine Art „künstliche Zunge“ und testeten mit diesem Zellkultursystem die Wirkung von 104 natürlichen und künstlichen Bitterstoffen auf 25 Rezeptoren. Fünf Sensoren konnte erstmals ein Bindungspartner und 64 Bitterstoffen passende Rezeptoren zugeordnet werden. Es stellte sich heraus, dass die Bindungseigenschaften der Sensoren sehr unterschiedlich sind. So reagieren einige Rezeptoren nur auf wenige spezifische und andere auf eine breite Palette unterschiedlicher Bitterstoffe. Drei der Rezeptortypen reichten aus, um die Hälfte der getesteten Substanzen wahrzunehmen.

Ein Bittersignal wird erst ausgelöst, wenn der Stoff eine bestimmte Schwellenkonzentration überschreitet. Dieser Wert kann je nach Giftigkeit sehr unterschiedlich sein, erklären die Forscher. Ein Beispiel: Strychnin und Brucin sind zwei strukturell sehr ähnliche Pflanzenalkaloide, unterscheiden sich aber in ihrer Giftigkeit. Die tödliche Dosis für Strychnin liegt im Bereich von 5 bis 10 Milligramm, für Brucin bei rund 1 000 Milligramm. Strychnin aktiviert den gleichen Rezeptor bei einer hundertfach niedrigeren Konzentration als Brucin. Interessanterweise entspricht die Konzentration, bei der Strychnin wahrgenommen wird, in etwa der natürlichen Konzentration, in der dieses Gift im Samen der Brechnuss vorkommt.
aid, Heike Kreutz

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