Verbraucherzentrale NRW warnt vor „dickem Ende“ der Fußball-WM:
Firmen füttern Fans fürs Finale
Fußball-Fans – vor allem jungen – stehen schwere Wochen bevor. Wer zur Weltmeisterschaft in Südafrika in trendigem Outfit vor dem TV auflaufen will, den ködern Nahrungsmittelhersteller und Brauereien derzeit mit Sammelpunkten auf kalorienreicher Kost. Die Verbraucherzentrale warnt vor der ungesunden Jagd nach Prämien für Stubenhocker.
Für die Werbeindustrie erweist sich die Fußballweltmeisterschaft in Südafrika als Top-Event des Jahres. Vorne stürmt – wie schon so oft – Ferrero. Auf gleich 17 Produktlinien des Süßwarenherstellers (u.a. Kinder Schokolade, Bueno, Duplo, Hanuta und Yogurette) prangen Sammelpunkte.
Noch bis Juli sollen Kunden durch Supermärkte zur Süßecke dribbeln: um später Punkte in Prämien einzutauschen. Für 45 Punkte gibt es ein „DFB-Fan-Cap“, für 50 Punkte winkt ein „3-Monats-Abo“ des Fußballmagazins Kicker , 90 Boni reichen für das PC-Spiel „Pro Evolution Soccer 2010“, mit 130 Punkten kann sich der erfolgreiche Sammler eine „DFB-Trainingsjacke“ überstreifen.
Doch der Einsatz hat es in sich. Für die Kappe beispielsweise müssen nicht weniger als 45 Überraschungs-Eier oder 150 Milchschnitten oder 8,65 Kilogramm Nutella verdrückt werden. Doppelte Portionen sind für den Kick am PC fällig. Nach dem Genuss von 130 Ü-Eiern oder von 435 Milchschnitten oder über 24 Kilo Nutella dürfte es recht eng für die Trainingsjoppe werden.
Recht eng sitzen wird vermutlich auch ein Trikot mit dem Namenszug des Nationalspielers Lukas Podolski. Denn dem rheinisch liebevoll „Prinz Poldi“ genannten Stürmer hat`s ausgerechnet die süße Prinzenrolle von De Beukelaer angetan.
Für 50 Sammelpunkte, die umgerechnet 20 Kilo Schokokeksen entsprechen, kommt der signierte Poldi-Dress ins Haus. Wer nur 20 „Prinzen-Rollen (acht Kilo) verputzt, muss sich mit einem runden Fußball-Badetuch begnügen.
„Gerade für Kinder und Jugendliche sind die Aktionen der Hersteller verlockend und alles andere als gesund“, kritisiert Angela Clausen, Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale NRW. Zumal mit Zeitschriften-Abo und PC-Spiel als Sammelprämien „das Stubenhockertum gefördert“ werde.
Gefährdet ist ebenso Figur und Fitness der Erwachsenen. Um die kümmert sich der Konzern Procter & Gamble. Für seinen Baby-Strampler mit Aufdruck „Weltmeister 2034“ gilt es, 30 Sammelpunkte zu ergattern. Die Boni finden sich auf verschiedenen Hygienemarken: von Ariel bis Meister Proper. Aber es dürfen auch Pringles-Chipsletten gefuttert werden. Knapp fünf Kilo der Kartoffel-Chips, das macht rund 25.000 Kilokalorien, braucht es für den WM-Strampler.
Dass Jogi Löw sich auf Gesöff reimt, ist offensichtlich das Credo gleich mehrerer Brauereien. Bitburger als offizieller Bierlieferant der deutschen Nationalmannschaft ist der Konkurrenz einen Schluck voraus: mit „offiziellen DFB-Fan-Shirts“.
Wer bis zum 15. Mai sechs Kästen Bitburger, oder rund 48 Liter Gerstensaft ordert, darf den Bierbauch mit dem DFB-Hemdchen verdecken. Um eine vierköpfige Familie auszustatten, sind – Prösterchen! – stolze 190 Liter Bitburger Pils, Alkoholfrei, Light oder Radler zu konsumieren.
Etwas defensiver angelegt ist das Hasseröder-Tackeling beim Kampf um Sammel-Kunden. Ein bedrucktes Fan-Shirt, etwa mit dem Aufdruck „Unsere Jungs brauchen uns jetzt“ erfordert den Konsum von drei Kästen (30 Liter) oder fünf Partyfässern Gerstensaft.
Recht eigenwillig wiederum spielt Barre auf dem Sammelfeld mit. Die Brauerei aus dem westfälischen Lübbecke tritt unter dem Motto: „ein kompromissloses Bekenntnis zur Region“ an. Lediglich „11 Gewinn-Kronenkorken“ will die Firma für ihr WM-Outfit sehen. Allerdings: Ballack-Jünger, die die Korken einschicken, müssen dafür in weiß-grünen Trikots zum Public Viewing auflaufen: den Farben Nigerias.