Makrele mit Kaffeeschaum im geräucherten Sauerteigbrot
Karl-Emil Kuntz in Herxheim kocht sich im neuen Gault Millau 2010 unter die Top 40 der deutschen Köche / Weitere Aufsteiger: Silvio Lange in Neu-leiningen, Hubert Scheid in Trier und Alexander Oos in Trittenheim
Karl-Emil Kuntz „nähert sich in seinen ausgetüftelten, technisch brillanten Gerichten voll innerer Harmonie der Weisheit des Weglassens. Das Ergebnis ist reines Vergnügen auf höchstem Niveau“, lobt die französische Gourmetbibel Gault Millau in ihrer jetzt erscheinenden Deutschlandausgabe 2010. „Genial komponiert“ sind in seinem Restaurant „Zur Krone“ in Herxheim-Hayna „allerfeinste Taubenbrüstchen mit Kompott von grünem Apfel oder der Zylinder von Nordseekrabben mit einer Melonenvariation. Beim Weißen Heilbutt erzeugt Kuntz mit karamellisiertem Kürbiskraut, Gelee von gesalzenen Schweinebäckle und Jus von Lakritz und Madras-Curry perfekt abgestimmte Kontraste ohne jeden Verlust für den Fisch.“ Dafür erhält er im Guide, der nach dem französischen Schulnotensystem urteilt, 18 von 20 möglichen Punkten. Sie stehen für „höchste Kreativität und bestmögliche Zubereitung”. Eine höhere Note haben in Deutschland nur 11 Köche.
16 Punkte erreichen erstmals Silvio Lange von der „Alten Pfarrey“ in Neuleinin-gen, Hubert Scheid vom „Schloss Monaise“ in Trier und Alexander Oos vom „Wein- und Tafelhaus“ in Trittenheim. Langes „sehenswerte Gerichte wurden geschmacklich durchdachter und handwerklich ausgefeilter. Typisch die Jacobsmuscheln mit Schaumsauce, gebratenen Streifen und kräftigem Pulver von Paprika.
Alles zusammen serviert er in einer Schüssel und glättet den Kontrast mit einem Hauch Vanille“. Scheid „interpretiert die große Küche mit exzellenten Produkten in schnörkelloser, von Tellermalerei freier Konzentration auf das Wesentliche“. Oos gefällt durch „tadellose Suppen, ausgezeichnete Saucen oder die Variation von der Strauchtomate aus amüsantem dreifarbigen Törtchen mit Tomatenmousse, Basilikum und Mozzarella, Süppchen mit Lachstatar sowie röstigen Plätzchen mit Saibling“.
Platz 1 der kulinarischen Hitparade des Gault Millau in Rheinland-Pfalz verteidigt seit 1998 souverän Helmut Thieltges vom „Waldhotel Sonnora“ in Dreis bei Wittlich. Er „pflegt einen überlegenen Umgang mit zeitgeistigen Trends: Er beherrscht sie anstatt sich von ihnen beherrschen zu lassen, er ignoriert die Moden und Marotten seiner Zunft genauso wie ihre prätentiöse publizistische Begleitmusik. In ein wohlgerundetes Thieltges-Gericht möchte man sich hineinkuscheln wie in ein weiches, warmes Bett. So kombiniert er Hummermedaillons mit Wassermelone, Mango, Minze, Zitronengrasschaum und grünen Spargel und lässt am Tisch (aus einem neckischen Kännchen) Langoustinenessenz über den Hummer gießen.“ Er bekommt mit 19,5 Punkten wieder die Höchstnote des Guides und zählt damit zu den 3 besten Köchen in Deutschland.
Platz 2 belegt mit 19 Punkten Hans-Stefan Steinheuer von „Steinheuers Restaurant zur alten Post“ in Bad Neuenahr. Er „kocht die sogenannte ‚Neue Deutsche Schule’ trotz seiner 50 Lenze wie ein junger Gott unverkrampft modern. So serviert er die Baby-Makrele mit Kaffeeschaum im geräucherten Sauerteigbrot – ein sensationelles Zusammenspiel von Röst- und Räuchernoten, das der jugendlichen Makrele all ihre Reize entlockt“. Damit zählt er zu den 10 besten deutschen Köchen.
Den beiden folgen mit 18 Punkten Jörg Glauben vom „Tschifflik“ in Zweibrücken und Harald Rüssel von „Rüssels Landhaus St. Urban“ in Naurath am südlichen Hunsrück. Glauben, der „unermüdlich zwischen neu interpretierter Klassik und experimentell-avantgardistischen Ansätzen unterwegs ist, überrascht beispielsweise durch Bonbons aus Fluss und Meer: Eingerahmt von gestocktem Eiweiß mit Limonenschaum und Kerbel, Chlorophyllgelee und Algenbrioche verblüfften drei verschiedene Tatar/Kaviar-Kombinationen, mild das Saiblingstatar mit Saiblingskaviar, salzig das Jacobsmuscheltatar mit Störkaviar, scharf das Doradentatar mit Fliegenfischkaviar und Wasabi.“ Rüssel „sucht einen eigenen Weg, statt in der Tradition zu erstarren, dass nur internationale Luxusprodukte selig machen. Er ist vorbildlich bei der Förderung regionaler Produkte voller Wohlgeschmack. Sein Zander mit Orangenpüree, mariniertem Fenchel, Vanille und Tomatenbutter imponiert als Beispiel für unterschiedlichste Aromen, die nicht aufeinanderprallen, sondern tänzerische Akzente setzen“.
Ihre bisherigen 17 Punkte, die für „höchste Kreativität und Qualität” stehen, erkochen sich mit inspirierten Gerichten wieder Wolfgang Becker von „Becker’s Restaurant“ in Trier („lässt aus Kontrasten neue Geschmacksdimensionen entstehen wie bei Gänselebereis mit Pistazien und Gänseleberparfait mit Pista-zienkruste, dazu jeweils marinierte Aprikosen“) und Stefan Neugebauer vom „Schwarzen Hahn“ in Deidesheim („glücklicherweise steht das ‚Aloe Vera-Süppchen mit Sauerkleeeis und Hibiskus-Rosen-Joghurt’ nicht im Mittelpunkt seines Schaffens, das den Gast ansonsten die Aromen des Mainstream auszulöffeln lässt“).
Eins auf die Kochmütze bekommt Johann Lafer in Stromberg, bei dem die Tester zahlreiche Mängel auflisten: „Den Austern machen frischer Koriander und Meerretticheis den Garaus, der ‚St-Pierre aus Wildfang im Lardomantel mit Châ-teau Chalon-Sauce und getrüffeltem Gemüsebeet’ bietet etwas zu lange gegarten Fisch, labberigen Lardo und einige alberne violette Miniblumenkohlköpfe nebst Tourniertem und Trüffelpünktchen, die nicht mal einen Hauch Geschmack abgeben, beim prächtigen Almochsen irritieren plumpe, viel zu süße und mit Puderzucker bestäubte Aprikosentaschen, dem Perlhuhn sind nicht nur (klassisch französisch) schwarze Trüffelscheibchen unter die Haut geschoben, sondern auch den Edelpilz-Geschmack verderbende Olivenschnitze. Zuwenige Aromen werden so präsentiert wie versprochen, sondern zu süß, zu salzig, zu disharmonisch. Die Saucen fallen sonderbar leblos aus, und wen beeindruckt es, wenn er im Menü mehrfach Teller bekommt, auf denen weißer Schaum nur als optischer Lückenfüller wirkt, weil er nach nichts schmeckt. Die Desserts machen nur in der Karte einen imposanten Eindruck, sind aber kaum auf irgendeiner Höhe der Zeit.“ Betrübt schließen die Tester nach der Abwertung von 17 auf 15 Punkte mit der Bitte: „Bleib lecker, Lafer, und werd nicht Lichter!“
Unter den neu eröffneten Restaurants des Landes erreicht das „Favorite“ in Mainz auf Anhieb 15 Punkte, denn Küchenchef Tim Meierhans erstaunt „durch beste Produkte, große Sorgfalt und Akkuratesse in der Zubereitung sowie spannenden Menüverlauf und die besten Desserts von Mainz“.
Die Tester beschreiben und bewerten dieses Jahr insgesamt 102 Restaurants in Rheinland-Pfalz. 78 Küchenchefs zeichnen sie mit einer oder mehreren Kochmützen aus, wofür die Künstler am Herd mindestens 13 von 20 möglichen Punkten erreichen müssen, was einem Michelin-Stern nahe kommt.
Im Vergleich zur Vorjahrsausgabe serviert der wegen seiner strengen Urteile und deren zuweilen sarkastischer Begründung von den Köchen gefürchtete, von den Gourmets mit Spannung erwartete Gault Millau in Rheinland-Pfalz 10 langweilig gewordene Restaurants ab, 6 werden höher und 18 niedriger bewertet, von denen 8 die begehrte Kochmütze verlieren.
Als zusätzliche Schmankerl bewertet der im Münchner Christian Verlag erscheinende Reiseführer für Genießer (822 Seiten, 29,95 €) die Restaurants des TUI-Kreuzfahrers „Mein Schiff“ und zählt auf, was deutsche Köche derzeit in ihrem modischen Wahn vom Apfelpüree über Kartoffelsalat bis zu Walnüssen alles räuchern. Ferner beschreibt und klassifiziert der Guide 365 Hotels.
Die besten Restaurants des Gault Millau in Rheinland-Pfalz
19,5 Punkte:
1. Waldhotel Sonnora in Dreis bei Wittlich,
19 Punkte:
2. Steinheuer’s Restaurant zur alten Post in Bad Neuenahr,
18 Punkte:
3. Zur Krone* in Herxheim bei Karlsruhe,
Rüssel’s Landhaus St. Urban in Naurath bei Trier,
Tschifflik in Zweibrücken,
17 Punkte:
6. Schwarzer Hahn in Deidesheim,
Becker’s Restaurant in Trier,
16 Punkte:
8. Gasthaus zur Malerklause in Bescheid bei Trittenheim,
Landhaus Mühlenberg in Daufenbach bei Trier,
Freundstück in Deidesheim,
Luther in Freinsheim bei Mannheim,
Isenhof in Knittelsheim bei Landau,
Buchholz und Der halbe Mond in Mainz,
Le Temple de Gourmet in Neuhütten,
Alte Pfarrey* in Neuleiningen,
Vieux Sinzig in Sinzig,
Passione Rossa in Bad Sobernheim,
Schloss Monaise* in Trier,
Wein- und Tafelhaus* in Trittenheim.
Alles über den Gault Millau 2010: www.gourmet-report.de/artikel/33146/Gault-Millau-2010-Deutschland/
Die Gault Millau Restaurants 2010 Berlin: https://gourmet-report.de/artikel/332066/Gault-Millau-2010-Berlin.html
Die Gault Millau Restaurants 2010 Brandenburg: www.gourmet-report.de/artikel/331804/Gault-Millau-2010-Brandenburg/
Die Gault Millau Restaurants 2010 Thüringen: www.gourmet-report.de/artikel/331802/Gault-Millau-2010-Thueringen.html
Die Gault Millau Restaurants 2010 Bayern: www.gourmet-report.de/artikel/331833/Gault-Millau-2010-Bayern.html
Die Gault Millau Restaurants 2010 Nordrhein-Westfalen: www.gourmet-report.de/artikel/331855/Gault-Millau-2010-Nordrhein-Westfalen.html
Die Gault Millau Restaurants 2010 Hamburg: www.gourmet-report.de/artikel/331891/Gault-Millau-2010-Hamburg.html
Die Gault Millau Restaurants 2010 Sachsen: www.gourmet-report.de/artikel/331892/Gault-Millau-2010-Sachsen.html
Die Gault Millau Restaurants 2010 Bremen: www.gourmet-report.de/artikel/331921/Gault-Millau-2010-Bremen.html
Die Gault Millau Restaurants 2010 Sachsen Anhalt: www.gourmet-report.de/artikel/331922/Gault-Millau-2010-Sachsen-Anhalt/
Die Gault Millau Restaurants 2010 Schleswig Holstein: www.gourmet-report.de/artikel/331934/Gault-Millau-2010-Schleswig-Holstein.html
Die Gault Millau Restaurants 2010 Saarland: www.gourmet-report.de/artikel/331954/Gault-Millau-2010-Saarland.html
Die Gault Millau Restaurants 2010 Mecklenburg Vorpommern: www.gourmet-report.de/artikel/331969/Gault-Millau-2010-Mecklenburg-Vorpommern.html
Die Gault Millau Restaurants 2010 Niedersachsen: www.gourmet-report.de/artikel/331995/Gault-Millau-2010-Niedersachsen.html
Die Gault Millau Restaurants 2010 Hessen: www.gourmet-report.de/artikel/332001/Gault-Millau-2010-Hessen.html
Die Gault Millau Restaurants 2010 Rheinland Pfalz: www.gourmet-report.de/artikel/332036/Gault-Millau-2010-Rheinland-Pfalz.html
Bestell-Link: ISBN: 978-3-88-472955-7