Hawelka, Wien

Mehr als ein Kaffeehaus: Publizistische Ehrung für das „Hawelka“

Liebevoll und detailreich ist dieser Tage im Pichler
Verlag von Sonja Moser ein umfangreiches Porträt über eine der
wichtigsten Kaffeehaus-Institutionen Wiens, das „Hawelka“,
erschienen. Unter bereitwilliger Mitarbeit und jeder Menge
„Insider“-Geschichten seitens der Familie, die nun schon in dritter
Generation das Lokal in der Dorotheergasse 6 erfolgreich führt, ist
so ein 250seitiges Porträt entstanden, das nicht nur an das berühmte
Künstler-Stammpublikum, welches von Heimito von Doderer und H.C.
Artmann bis Friedreich Hundertwasser, Oskar Werner, Helmut Qualtinger
und natürlich Georg Danzer („Jö schau“, 1975) reicht, erinnert,
sondern neben der Familiengeschichte des seit 1939 betriebenen
Kaffeehauses auch Wissenswertes zur „öffentlichen
Wohnzimmer-Geschichte“ der Stadt zusammen getragen hat.

Moser, eigentlich Kinderbuchautorin, nimmt sich bei ihrem
Institutionen-Porträt entsprechend Zeit: Bevor sie zur
Künstler-Adresse von Alfred Hrdlicka, dessen 4facher Espresso bis
heute als „Ultra“ im Angebot steht, bis zu Andre Heller kommt, bietet
sie einen guten Überblick über die Geschichte des Wiener Kaffees,
begonnen bei der zweiten Türkenbelagerung von 1683. Am Beispiel des
Hawelkas, welches ob seiner geringen Raummaße, seiner „nur“ 27 Tische
irgendwie an die Krautfleckerln der Torbergschen Tante Jolesch
erinnert – „Das Geheimnis liegt immer im zu wenig“ -, schildert Moser
sehr anschaulich auch die Schwierigkeiten, mit denen Wiener
Kaffeehausbesitzer in den letzten 70 Jahren zu kämpfen hatten. Vom
Überleben mittels Schleichhandel in der unmittelbaren Nachkriegszeit,
über die Konkurrenz durch Fernsehen und neue italienischer
Espressomaschinen bis zu aktuellen „coffee to go“-Angeboten: Nicht
alle Kaffeehäuser konnten den Moden und Anforderungen entsprechen,
auch darüber gibt Moser am Ende des Buches Auskunft.

Wobei in Sachen Interieur auch Leopold Hawelka seine klare
Meinung hatte: „Der Kaffee wär net besser, wenn das Lokal moderner
wär.“ Und so scheint im „Hawelka“ , welches vom 16jährigen Robert
Schindel, vom gleichaltrigen Danzer und vom 14-jährigen Andre Heller
bereits ehrfürchtig und neugierig aufgesucht wurde, die Zeit ein
bisschen stehen geblieben zu sein. Der daraus entstandene Charme, das
zeigen nicht nur die unzähligen Bilder von Prominenten wie auch
unbekannten Kaffeehaus-Besuchern, hat jedenfalls überdauert, auch
wenn von den vielen Stunden, die man früher in einem Kaffeehaus
zubrachte, man sich heute – leider – weniger „leistet“. Schade, nicht
nur für den Umsatz des Kaffeehauses, sondern auch für einen selbst.
„Wohnzimmer“ können Kaffeehäuser nämlich noch immer sein.

Sonja Moser, Das Hawelka. Geschichte & Legende, Pichler Verlag
(www.ichlese.at) 2009, Euro 24,95, 252 Seiten, ISBN 978-3-85431-500-1

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