FleiFood 2009

Knacker ist nicht gleich Knacker!

Auf der Spur einer Jahrhunderte alten sächsischen Spezialität / Knackwurst-Wettstreit und -Verkostung zur Leipziger FleiFood

Die Bayern schwören auf ihre Weißwurst, die Pfälzer auf Leberwurst – und die Sachsen auf ihre Knacker. Doch die traditionelle Spezialität schmeckt nicht überall gleich. Welche vielfältigen Varianten man im Freistaat kennt, demonstriert die neue Leipziger Messe FleiFood vom 8. bis 11. November 2009. Beim 13. Pokalwettbewerb um den „Besten Knacker“ sowie bei einer großen Knackwurst-Verkostung können sich die Besucher anschaulich davon überzeugen: Knacker ist nicht gleich Knacker!

In Sachsen bringt man gern Deftiges auf den Tisch. Zum Beispiel die traditionelle Knackwurst, kurz „Knacker“ genannt: Eine Wurst aus reinem Schweinefleisch, das mit Pfeffer und Kümmel gewürzt, auf fünf Millimeter gekörnt, in einen Schweinedarm gefüllt, zu 100-Gramm-Portionen abgedreht und bis zu zwei Tage in kalten Rauch gehangen wird. Das Ergebnis knackt – und schmeckt.

„Bei uns im Vogtland nimmt man statt Kümmel aber lieber Knoblauch oder Paprika“, erzählt Heiko Dölz aus Lauschgrün. „Und frisch geräuchert muss der Knacker sein, am besten nur eine Nacht lang. Dann ist er schön weich und knackt trotzdem!“ Das i-Tüpfelchen auf die Knacker der Metzgerei Dölz setzt ein weiteres Gewürz, nämlich …? „Familiengeheimnis!“, schmunzelt der Fleischermeister.

Geschmacksvielfalt: Von Pute, Wild und Buchenholzspänen

Auf Familientradition setzt auch die Fleischerei Schneider im vogtländischen Treuen. „Das Rezept für unseren Haus-Ur-Knacker mit einem sehr deftigen Rauchgeschmack stammt von meinem Urgroßvater“, sagt Inhaberin Johanna Winefeld. Als fettarme Variante der Traditionswurst bietet die Fleischermeisterin den Putenknacker an. „Er besteht zu 80 Prozent aus Putenfleisch. Der Rest stammt vom Schwein, denn ganz ohne Fett kommt kein Knacker aus. Fette sind nun mal Geschmacksträger“, erklärt sie.

40 Kilometer weiter nordöstlich, in Callenberg kurz vor der Grenze zu Thüringen, achtet die Fleischerei Stein auf die schlanke Linie: „In unseren sächsischen Knackern ist nur wenig Bauchfleisch drin“, sagt Inhaber Günter Stein. Für den perfekten Geschmack wirft er einen genauen Blick auf die Buchenspäne im Räucherschrank: Nur millimetergroß dürfen sie sein. Zu DDR-Zeiten fuhr Stein deshalb extra in ein Thüringer Sägewerk, das Buchenholz bearbeitete. Damals bekamen die Fleischer nämlich meist nur Birkenspäne zum Räuchern. „Aber das gab den Knackern eine süßliche Note“, erzählt Günter Stein.

Eine besonders delikate Spielart der sächsischen Spezialität ist der Wildknacker. „Sein Aroma ist kräftiger“, beschreibt Obermeister Albrecht Thies von der gleichnamigen Fleischerei in Delitzsch. Thies, der als Vorreiter der sächsischen Wildknacker gilt, verwendet Fleisch vom Wildschwein statt vom Hausschwein. Jetzt im Herbst sei zudem eine gute Zeit für Knacker vom Hirsch, meint er. Die meisten dieser Würste stammen übrigens von selbst erlegten Tieren: Albrecht Thies ist leidenschaftlicher Jäger.

Der Ur-Knacker: Weihnachtliche Würze schützte vor Verderben

Der Jahrhunderte alte sächsische Ur-Knacker wurde allerdings ganz anders gewürzt als der klassische Knacker der Gegenwart – mit einer Mischung, die heutzutage eher an Weihnachten erinnert: Ingwer, Nelke und Zimt. Das fand Helmer Pardun vom Sächsischen Fleischer-Innungs-Verband (SFIV) heraus. Bei Recherchen über die sächsische „Hausväter-Literatur“ – Beschreibungen über die Ess- und Trinkgewohnheiten auf Fürstenhöfen – stieß Pardun in der Sächsischen Landesbibliothek Dresden auf ein Bündel von rund 210 Blättern. Ein Kochbuch aus der Zeit um 1570, das nicht nur die damals übliche Zutatenlisten enthielt, sondern auch Anweisungen zur Zubereitung.

In einem Spezialkurs lernte Pardun die alte Schrift zu entziffern und verglich einzelne Worte mit denen aus ähnlich alten Werken, bis er alles übersetzt hatte: Für Sachsens Ur-Knacker verwendete man ein Kilogramm Fleisch – ein Drittel vom Rind, zwei Drittel vom Schwein -, eine Würzmischung aus 26 Gramm Pökelsalz, 2 Gramm gemahlenem Pfeffer, 2 Gramm Zimt und je einem Gramm Ingwer, Nelken und Pfefferkörnern sowie 10 Gramm Zucker. Das alles wurde in Schweinsdärme abgefüllt, zu faustgroßen Würsten geformt, geräuchert und schließlich sechs Wochen luftgetrocknet, bis die Knacker richtig fest waren. Der Wasserentzug und die Gewürze sollten verhindern, dass Bakterien und Pilzen die Wurst verdarben. Schließlich war der Ur-Knacker als Reiseproviant gedacht.

Medaillen für die besten Knacker: Auf der FleiFood geht’s um die Wurst

Rund zehn Fleischer im Freistaat bieten heute den Ur-Knacker an. Selbiger kommt aber nicht mehr als Wurstklumpen daher, sondern in dünner, länglicher Form. „Man isst den Ur-Knacker auch nicht wie den sächsischen einfach zu einem Brötchen“, sagt SFIV-Geschäftsführerin Marina Holm. „Ich empfehle diese Spezialität als Snack, etwa zu einem Glas Wein.“

Wer sich selbst von der Knacker-Vielfalt überzeugen will, ohne durch ganz Sachsen fahren zu müssen, kann das zur Leipziger FleiFood tun: Am 8. November gibt es auf der Messe für Fleischerhandwerk und Verbraucher eine große Knackwurst-Verkostung. Im wahrsten Sinne des Wortes um die Wurst geht es auch beim 19. Qualitätswurstwettbewerb zum „Tag des Sächsischen Fleischerhandwerks“ und beim 13. Pokalwettbewerb um den „Besten Knacker“. Hier werden unter anderem sächsische Knacker, Ur-Knacker und Wild-Knacker mit Gold-, Silber- und Bronzemedaillen ausgezeichnet. In einer zweiten Runde wird unter den Gewinnern einer Goldmedaille für den sächsischen Knacker zudem noch der Pokalsieger gekürt.

www.fleifood-messe.de

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