Studenten: Alkoholkonsum von Kommilitonen abhängig
Studenten stehen beim
Alkoholkonsum offensichtlich mehr unter Gruppenzwang als bisher
angenommen. Wenn die Studenten der Meinung sind, dass ihre Kommilitonen
viel trinken, neigen sie dazu selbst noch mehr zu trinken. Einer
aktuellen Publikation zufolge trinken sie deutlich weniger, wenn ihnen
im Rahmen eines Präventionsprogramms vermittelt wird, dass ihre Kollegen
deutlich weniger Alkohol zu sich nehmen als sie zunächst angenommen
hatten. Im Rahmen dieser Untersuchung für die Cochrane Collaboration
wurden 22 Studien mit mehr als 7.200 Studenten von Universitäten und
Colleges in den USA ausgewertet.
http://www.brookes.ac.uk in England. Vor allem unter Kindern zwischen
elf und 13 Jahren habe sich die Zahl derjenigen, die Alkohol
konsumieren, in den vergangenen zehn Jahren fast verdoppelt. Nicht sehr
überraschend sei daher die Erkenntnis, dass Studenten tendenziell dazu
neigen, exzessiv zu trinken. Was die Forscher daher interessiert hatte,
war die Frage, wie die soziale Norm eines „normalen Trinkverhaltens“
aussieht. „Wenn ein Student glaubt, dass seine Kollegen viel trinken,
hat das merklichen Einfluss auf das eigene Trinkverhalten“, sagen die
Cochrane-Forscher. Viele der Einflüsse der Kommilitonen basieren aber
offensichtlich auf falschen Annahmen. Das haben die Untersuchungen
deutlich gezeigt. Wenn es dabei zu „Korrekturen“ kam, sank auch die
Menge des Alkoholkonsums.
Für den Suchtexperten Alfred Uhl, Koordinator des Bereich
Suchtpräventionsdokumentation im Anton Proksch Institut
http://www.api.or.at/akis sind die Studienergebnisse einerseits nicht
neu und andererseits inhaltlich relativ banal. Die hier angesprochene
Präventionsmethode werde unter dem Begriff „Norm Setting“ seit mehr als
zwei Jahrzehnten, vor allem in den USA angewandt, so Uhl. „Dass Menschen ihr Verhalten an das soziale Umfeld anpassen
ist eine Binsenweisheit – ebenso wie die umgekehrte Erkenntnis, dass
sich Einzelne bevorzugt Gruppen suchen, die ähnliche Einstellungen und
Verhaltensweisen wie sie selbst zeigen.“ Die Fragen in welchem Umfang
sich Personen mit „Problemverhaltensweisen“ eher problematischen Cliquen
zuwenden, in welchem Umfang ein problematischer Freundeskreis die
Problemverhaltensweisen beim Individuum verstärkt, und wie man auf beide
Prozesse präventiv sinnvoll einwirken kann, ist Gegenstand unzähliger
Ausführungen zu Erziehung und Suchtprävention.
„Kinder und Jugendliche konsumieren heute früher in relevantem Ausmaß
Alkohol als seinerzeit“, so Uhl. Das stehe unter anderem in Zusammenhang
mit der so genannten „Akzeleration“. „Kinder kommen seit Jahrzehnten
immer früher in die Pubertät, verhalten sich früher selbständig und
übernehmen damit auch früher alle Verhaltensweisen der Erwachsenen. In
einer Kultur, wo Alkohol fixer Bestandteil des kulturellen und sozialen
Lebens ist, bedeutet das auch, dass sie früher erstere Erfahrungen mit
Alkohol machen“, meint der Experte. „Da gleichzeitig der
pro-Kopf-Alkoholkonsum in Österreich seit Jahren kontinuierlich
zurückgeht, sollte man aus der Vorverschiebung des Einstiegsalters nicht
ableiten, dass im weiteren Lebenslauf mehr Probleme auftreten werden.
Wie die heutige Jugend im Erwachsenenalter mit Alkohol umgeht, kann nur
die Zukunft weisen.“
„Die zunehmende Diskussion um Alkoholprobleme sollte auch nicht
losgelöst von einem ideologischen Grundkonflikt zwischen der Einstellung
zu Alkohol in Nordeuropa und den USA auf der einen Seite und in Zentral-
und Mitteleuropa auf der anderen Seite gesehen werden“, so Uhl weiter.
Erstere Staaten versuchen Stimmung gegen Alkohol an sich zu machen, um
den Boden für gravierende Steuererhöhungen und Einschränkungen der
Alkoholbezugsmöglichkeiten zu bereiten, während zweitere auf den
problematischen Alkoholkonsum fokussieren und den moderaten
Alkoholkonsum neutral bis positiv bewerten. „Angesichts des Umstandes,
dass in der EU die Möglichkeiten der Einzelstaaten die eigene
Alkoholpolitik völlig unabhängig zu gestalten erheblich eingeschränkt
sind, hat der Kampf zwischen diesen beiden alkoholpolitischen Positionen
in den letzten Jahren auf der europäischen Ebene erheblich an Schärfe
gewonnen“, so der Experte abschließend. Wolfgang Weitlaner