MDR, Mittwoch, 24.06., 21:15 – 21:45 Uhr
Noch nie gab es in Deutschland so viele Gourmetrestaurants wie heute. 204 davon tragen stolz mindestens einen der begehrten Michelin-Sterne, so auch vier Häuser in Sachsen. Ein Blick in die Speisekarte verrät alles: Die Taube kommt mit einer nussigen Kruste auf den Tisch, daneben ein feinstes Weiße-Rüben-Törtchen, Streifen von Taschenkrebsfleisch gesellen sich zum Kaisergranat. So schwelgt man nur bei den Köchen, die jeden Teller einzeln kontrollieren, der ihre Küche verlässt. Denn sie sind besessen von brennendem Ehrgeiz nach einem oder gar nach zwei, drei Michelin-Sternen.
So auch ‚Falco‘-Küchenchef Peter Maria Schnurr, der einzige in Ostdeutschland mit zwei der begehrten Sterne. Sein ‚Falco‘ ist der Leuchtturm in den Küchen des Ostens – im wortwörtlichen Sinn. Der Arbeitsplatz des Wahlleipzigers liegt hoch oben im 27. Hotelstockwerk. Nur dreieinhalb Jahre benötigten er und sein Team, um in der Europa-Liga der Spitzengastronomie anzukommen. Jetzt will er in die Weltliga: Drei Sterne im ‚Michelin‘, das sei das Ziel, dem ordne er alles unter. Jeder seiner neun Köche hat seine ganz eigene Aufgabe, wie die Räderchen in einem Uhrwerk funktionieren sie Abend für Abend. Bis ins Detail sind die Abläufe perfektioniert. Das ist bei Stefan Hermann nicht anders, der in Dresden das Sterne-Restaurant ‚bean&beluga‘ leitet. Außerdem wird er für Caterings großer Events gebucht.
Ein Stern ist schließlich auch ein Wirtschaftsfaktor. So erreicht der Michelin-Führer mit 15 verschiedenen Ausgaben eine Gesamtauflage von 900.000 Exemplaren. Doch welcher Druck dahintersteht, Sterne zu gewinnen und zu verlieren, weiß das kleine Hotel-Restaurant ‚Büttner‘ in Schneeberg. Einst kamen die Gäste aus ganz Deutschland in die sächsische Provinz. Dann verlor der Koch seinen Stern und damit das Interesse an Schneeberg. Zurück blieb Ronny Einsiedel, der einstige Sous-Chef. Ohne mit den Wimpern zu zucken, übernahm er selbst die Küchenleitung und kämpft seitdem um Gäste, Gewohnheiten und Vorurteile. Dafür rackert er sich ab, mit einem Kochlehrling. In Kochkursen zeigt er den Schneebergern außerdem, wie man Fisch richtig filetiert oder eine leckere Mousse selbst zaubern kann.
Kochen ist angesagt – in Kursen, Fernsehshows, Büchern. Jeder kann mitreden, jeder weiß es besser. Und jeder schmeckt mit. Auch Jürgen Dollase, einflussreicher Gourmetkritiker für ‚Der Feinschmecker‘ und die FAZ. Er beklagt, dass die Deutschen den Bezug zu ihrer kulinarischen Tradition verloren hätten, er wirft ihnen sogar ein ‚Versagen‘ und einen ‚vollständigen Rückzug‘ gegenüber der Esskultur vor. Er erzählt, was er von Sterneköchen und Gourmettempels hält, vor allem von denen mit gepfefferten Preisen. Die ‚SachsenSpiegel Reportage‘ zeigt den Fleiß und Ehrgeiz, die Leidenschaft, das Verzweifeln und Jubeln am Kochherd und das Staunen des Gäste.