Ein hoher Obst- und Gemüseverzehr wirkt einer Gewichtszunahme entgegen
Wie die Auswertung einer großen europäischen
Langzeitstudie zeigt, wirkt ein hoher Obst- und Gemüseverzehr einer
kontinuierlichen Gewichtszunahme entgegen. Viele Erwachsene haben mit
einem stetigen Gewichtsanstieg zu kämpfen. Besonders Personen, die mit
dem Rauchen aufhören, haben es schwer, ihr Gewicht zu halten und nehmen
stärker als andere Personen zu. Eine hohe Aufnahme von Obst und Gemüse
könne gerade Letzteren helfen, die Gewichtszunahme um bis zu 17
Prozent zu vermindern, sagt Heiner Boeing vom Deutschen Institut für
Ernährungsforschung. Der in der Studie beobachtete Effekt sei zwar
schwach, untermaure jedoch die Richtigkeit der bisherigen
Ernährungsempfehlungen.
Das Epidemiologenteam um Boeing veröffentlichte nun seine
Forschungsergebnisse in der Zeitschrift American Journal of Clinical
Nutrition (Buijsse et al. 2009).
Um einer kontinuierlichen Gewichtszunahme vorzubeugen, empfehlen
Ernährungsgesellschaften unter anderem, viel Obst und Gemüse zu
essen. Die Pflanzenkost enthält viele lebensnotwendige Vitamine und
Mineralien, aber nur relativ wenig Kalorien, die zu einem
Gewichtsanstieg beitragen.
Dennoch ließen ältere Studien bislang keinen oder nur einen schwachen
Zusammenhang zwischen einem hohen Obst- und Gemüseverzehr und einer
verminderten, kontinuierlichen Zunahme des Körpergewichts erkennen.
Daher nutzte die Forschergruppe um Boeing die European Prospective
Investigation into Cancer and Nutrition (EPIC), um den Zusammenhang nun
erstmals anhand einer sehr großen europäischen Datenbasis zu überprüfen.
Es handelt sich hierbei um eine prospektive* Langzeitstudie, die
aufgrund ihres Designs besonders dazu geeignet ist, die Langzeiteffekte
von Ernährungsweisen zu untersuchen.
Die durchschnittliche Beobachtungszeit der vorliegenden Untersuchung
betrug 6,5 Jahre, wobei die Wissenschaftler die Daten von insgesamt
89.432 weiblichen und männlichen Studienteilnehmern aus Zentren von fünf
verschiedenen europäischen Ländern auswerteten.
Die Forscher verglichen die Daten von Teilnehmern mit der höchsten
Obst- und Gemüseaufnahme mit den Werten von Teilnehmern, die
durchschnittlich am wenigsten Pflanzenkost aßen. Danach war ein
Unterschied von 350 Gramm mehr verzehrter Pflanzenkost mit einem um 16
bis 17 Prozent verminderten Gewichtsanstieg verbunden. Da bei Personen,
die während der Studienlaufzeit mit dem Rauchen aufgehört hatten, die
jährliche Gewichtszunahme mit 750 Gramm am stärksten ausgeprägt war,
profitierte diese Teilnehmergruppe auch am meisten von dem Effekt.
„Auf den ersten Blick scheint ein um 16 oder 17 Prozent reduzierter
Gewichtsanstieg nicht viel zu sein. Dennoch kann sich der eher kleine
Effekt über 10 Jahre auf 1,3 Kilogramm aufsummieren“, sagt Brian
Buijsse, der federführend an der Studie beteiligt war. „Besonders vor
dem Hintergrund, dass eine drohende Gewichtszunahme viele Menschen davon
abhält, mit dem Rauchen aufzuhören, sollte man gerade Rauchern, die
aufhören wollen, zu einer Ernährungsumstellung mit viel Obst- und
Gemüse raten“, ergänzt Boeing. Darüber hinaus sei es dringend
erforderlich, weitere Ernährungsfaktoren zu identifizieren, die das
Risiko einer Gewichtszunahme vermindern und so der Übergewichtsepidemie
entgegenwirken.
Zusatzinformationen:
Neben den Daten von 16.307 deutschen Studienteilnehmern analysierten
die Forscher die Daten von 9.297 italienischen, 39.909 dänischen, 11.111
niederländischen und 12.808 britischen Teilnehmern.
Insgesamt nahmen männliche Studienteilnehmer im Durchschnitt 324 Gramm
Obst und Gemüse pro Tag auf. Frauen brachten es im Schnitt sogar auf
eine tägliche Verzehrsmenge von 377 Gramm.
Die EPIC-Studie ist eine prospektive, 1992 begonnene Studie, die
Zusammenhänge zwischen Ernährung, Krebs und anderen chronischen
Erkrankungen wie Typ-2-Diabetes untersucht. An der EPIC-Studie sind 23
administrative Zentren in zehn europäischen Ländern mit 519.000
Studienteilnehmern beteiligt. Die Potsdamer EPIC-Studie mit mehr als
27.500 Studienteilnehmern/innen im Erwachsenenalter leitet Heiner Boeing
vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE).
Übergeordnetes Leitungsorgan der EPIC-Studie ist das
EPIC-Steering-Komitee, wobei Elio Riboli, jetzt am Imperial College
London, die Studie koordiniert. Die zentrale EPIC-Datenbank befindet
sich an der International Agency for Research of Cancer (IARC) der
Weltgesundheitsorganisation in Lyon.
*Bei der Auswertung einer prospektiven Studie ist es wichtig, dass die
Teilnehmer/innen zu Beginn der Studie noch nicht an der zu
untersuchenden Krankheit leiden. Die Risikofaktoren für eine bestimmte
Erkrankung lassen sich so vor ihrem Entstehen erfassen, wodurch eine
Verfälschung der Daten durch die Erkrankung weitestgehend verhindert
werden kann – ein entscheidender Vorteil gegenüber retrospektiven
Studien.