Vitaminpräparate steigern Diabetes-Risiko

Studie: Vitaminpräparate steigern Diabetes-Risiko

Zeitweiliger oxidativer Stress könnte eine wichtige Rolle bei der Verhinderung von Typ-2-Diabetes mellitus spielen – dieser Effekt kann durch die Einnahme von Vitaminpräparaten zunichte gemacht werden.

Bewegung ist gesund. Und wer seinem Körper daneben noch mehr Gutes tun will, versorgt ihn zusätzlich mit Vitaminpräparaten. Das stärkt die Abwehrkräfte und erhöht die Lebenserwartung, so die weit verbreitete Meinung. Fehlanzeige, wie Wissenschaftler der Friedrich-Schiller-Universität Jena jetzt gemeinsam mit Kollegen der Universität Leipzig, dem Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Potsdam und der Harvard Medical School in Boston herausgefunden haben. „Die gesundheitsfördernde Wirkung von körperlicher Bewegung wird durch die Einnahme von sogenannten Antioxidantien in Form von Vitamin C und E sogar unterdrückt“, fasst Prof. Dr. Michael Ristow vom Jenaer Institut für Ernährungswissenschaften das Ergebnis zusammen.

Antioxidantien fungieren als Radikalfänger. Das bedeutet, dass sie schädigende Sauerstoffradikale, wie sie bei der Zellatmung in den Mitochondrien und somit bei Ausdauersport jeder Art entstehen, unschädlich machen können. „Es ist jedoch so, dass die durch Sport kurzfristig vermehrt gebildeten freien Radikale jedoch selbst die körpereigene Abwehr gegen reaktive Sauerstoffspezies erst in Gang setzen“, erläutert Prof. Ristow das von ihm entwickelte Prinzip der Mitohormesis. „Freie Radikale wirken langfristig wie ein Impfstoff gegen oxidativen Stress. Antioxidatien unterdrücken die körpereigene Produktion von freien Radikalen – und damit diesen Impfeffekt.“

Die Forscher haben jetzt festgestellt, dass freie Radikale (reactive oxygen species, kurz: ROS) sogar den Blutzuckerstoffwechsel verbessern und damit möglicherweise das Diabetes-Risiko senken können. In der Studie, bei der 39 junge Männer über vier Wochen lang ein Sportprogramm durchliefen und parallel verschiedene Parameter wie Genexpression und Blutinhaltsstoffe gemessen wurden, testeten die Jenaer Wissenschaftler den Einfluss von Antioxidantien auf den Bewegungseffekt. Ihre Ergebnisse sind in der heute erschienenen Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS)“ veröffentlicht worden.

„Durch körperliche Bewegung werden die Mitochondrien stärker aktiviert und damit die Produktion der ROS angekurbelt“, so Projektleiter Ristow. Parallel dazu haben die Wissenschaftler einen Anstieg der Expression von Genen gemessen, die regulierend auf die Insulinempfindlichkeit wirken – allerdings nur bei denjenigen, die keine Vitaminpräparate eingenommen hatten. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die durch Bewegung gebildeten ROS einer Insulin-Resistenz entgegenwirken“, konstatiert der Inhaber des Lehrstuhls für Humanernährung der Universität Jena. „Das bedeutet“, so Ristow weiter, „dass zeitweiliger oxidativer Stress durchaus eine wichtige Rolle bei der Verhinderung von Typ-2-Diabetes mellitus spielen kann.“ Ein Effekt, der jedoch durch die Einnahme von Vitamin C und E zunichte gemacht werde. „Wir müssen sogar davon ausgehen, dass Antioxidantien das Diabetes-Risiko eventuell erhöhen, indem sie die Bildung von ROS verhindern“, so der Ernährungswissenschaftler.

Für Menschen, die gesundheitsbewusst leben, besteht allerdings kein Grund zur Sorge. Der gesundheitsfördernde Effekt von frischem Obst und Gemüse bleibe unbestritten und wesentlich sei: Vitamintabletten könnten den Verzehr von Obst und Gemüse keinesfalls ersetzen – denn diese wären offenbar gesund, obwohl sie Antioxidatien enthielten.

Originalpublikation:

Ristow, M., Zarse, K., Oberbach, A., Klöting, N., Birringer, M., Kiehntopf, M., Stumvoll, M., Kahn, C. R., Blüher, M.: Antioxidants Prevent Health-Promoting Effects of Physical Exercise in Humans. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America (PNAS), early edition:

http://www.pnas.org/papbyrecent.shtml

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