Die Begegnung mit verschimmelten Lebensmitteln ist nicht nur unschön,
sondern vor allem schädlich für den Verbraucher. Genauer gesagt ist es nicht
der Schimmel selbst, sondern die Schimmelpilzgifte, die Mykotoxine, die von
Schimmelpilzen wie Penicillium oder Aspergillus freigesetzt werden. Diese
Gifte müssen frühzeitig von der Lebensmittelindustrie in Kaffee, Getreide
oder anderen Nahrungsmitteln erkannt werden, um den Verbraucher zu schützen.
Im Projekt MYCOPLEX am ttz Bremerhaven, das von der EU im Rahmen des
CRAFT-Programms teilweise gefördert wird, entwickeln die Projektpartner
derzeit ein neuartiges Verfahren zur Früherkennung von Schimmelpilzgiften.
Der erste Prototyp wird für Mai erwartet.
Bremerhaven, April 2006. Bei dem Projekt geht es insbesondere um die
Erkennung von Schimmelpilzgiften in Milch und Kaffee. Beide Produkte sind
sehr anfällig für die Kontamination mit Mykotoxinen. Beim Kaffee spielen die
Lagerungsbedingungen eine erhebliche Rolle. Das warme, zum Teil feuchte
Klima in den Herkunftsländern des Kaffees begünstigt das Schimmelwachstum
und damit die Produktion Schimmelpilzgifte.
Kühe können die Mykotoxine schon
über kontaminiertes Futter aufnehmen und übertragen sie so in die Milch. Das
stellt besonders für Kleinkinder eine Gefahr dar.
Verbrauchersicherheit erhöhen
Dieser Risiken für Verbraucher sind sich auch die Verantwortlichen in der
Europäischen Union bewusst und legten daher erst 2002 neue Grenzwerte für
die Konzentration von Mykotoxinen in Lebensmitteln fest. Somit wurden unter
anderen Kaffee- und Milchproduzenten zu verstärkten Kontrollen für den
Verbraucherschutz verpflichtet.
„Wir arbeiten in dem Projekt seit anderthalb
Jahren mit acht europäischen Industrie- und Forschungspartnern an einem
Verfahren, das der Industrie eine schnelle, unkomplizierte, sensitivere und
im Vergleich zu bisherigen Untersuchungen kostengünstigere Möglichkeit gibt,
die Schimmelpilzgifte frühzeitig zu erkennen,“ erläutert Projektleiterin
Maria Bunke vom ttz Bremerhaven, das die Gesamtkoordination des Projekts
übernommen hat.
Frühzeitige Erkennung bedeutet in diesem Fall, dass die
Projektpartner ein Verfahren entwickeln, das schon geringste Mengen des
Giftes erkennen kann – Konzentrationen von unter 0,01mg/kg, ein
hundertmillionstel Gramm in einem Kilogramm Kaffee oder Milch. Ein Wert, der
unter der von der EU vorgegebenen Schwelle liegt. „Diese Detektierung
äußerst geringer Konzentrationen an Mykotoxinen hat entscheidende Vorteile:
Die Sicherheit für den Verbraucher steigt. Die Industrie kann größere
Verluste in der Produktion vermeiden, wenn Kontaminationen mit
Schimmelpilzgiften frühzeitig erkannt werden. Entsprechend können früher
Gegenmaßnahmen eingeleitet werden,“ erklärt Bunke und ergänzt, dass es sehr
wahrscheinlich sei, dass die EU demnächst die Richtlinien zur Verbesserung
der Verbrauchersicherheit erneut verschärfen werde.
Traditionelle und neue Analyseverfahren
Die bisherige Standardmethode zur Untersuchung auf Schimmelpilzgifte ist das
HPLC (High Performance Liquid Chromatography) Verfahren, das ein gut
ausgestattetes Labor, teure Geräte, Chemikalien und gut ausgebildetes
Personal benötigt. Viele Milch- und Kaffeeproduzenten beauftragen daher
externe Lebensmittellabore mit der Untersuchung ihrer Proben. Eine
einfachere Methode ist das ELISA (Enzyme-Linked Immunosorbent Assay)
Testverfahren, welches Mykotoxine jedoch erst in einer Konzentration
nachweisen kann, die den von der EU vorgeschriebenen Grenzwert
überschreitet.
Das im Projekt MYCOPLEX entwickelte Verfahren basiert ebenfalls auf der
ELISA Methode, wird aber mit einem Verfahren namens PCR (Polymerase Chain
Reaction) kombiniert, um die Nachweisgrenze signifikant zu senken. Die PCR
ist in der Lage selbst kleinste Mengen dieser Giftstoffe zu erkennen und das
Ausgangssignal zu verstärken. Die Analyse mit dem neuen Testverfahren
beinhaltet im ersten Schritt eine entsprechende Probenvorbereitung um
störende Substanzen wie Milchproteine oder Koffein zu entfernen. Hierzu
entwickelten verschiedene Projektpartner einfache und effektive
Aufreinigungsverfahren, die von den Endanwendern leicht durchzuführen sind.
„Diese Probenvorbereitung liegt neben der Projektkoordination in den Händen
des ttz. Außerdem überprüfen wir die Richtigkeit der Ergebnisse mit bereits
etablierten Analysemethoden,“ erläutert Caroline Mähr,
Arbeitsgruppenleiterin im Bereich Lebensmitteltechnologie und
Bioverfahrenstechnik.
Projektziel: Anwenderfreundliches Test-Kit
Anfang Mai wird voraussichtlich der erste Prototyp eines leicht handhabbaren
Test-Kits fertiggestellt sein. Dieses Analyse-Set beinhaltet alle
notwendigen Substanzen und wird voraussichtlich 2007 auf den Markt kommen.
Der Preis dieses Kits, mit dem 48 Proben in Doppelbestimmung untersucht
werden können, wird unter 50 EUR liegen und wäre somit günstiger als das
herkömmliche HPLC-Verfahren. Außerdem kann es von den Produzenten selbst
angewendet werden.
„Das Projekt MYCOPLEX ist ein anschauliches Beispiel dafür, dass die
Steigerung der Lebensmittelsicherheit nicht zwangsläufig mit höheren Kosten
für die Industrie verbunden sein muss,“ erklärt Werner Mlodzianowski,
Geschäftsführer des ttz Bremerhaven.
Projektdauer: Okt. 2004 bis Sep. 2006
Projektpartner im Konsortium:
Technologie-Transfer-Zentrum Bremerhaven (ttz) – Koordinator;
BIOTOOLS B&M
Labs., S.A. (Spanien);
BIOCULT BV (Niederlande);
Mungivet S.L. (Spanien);
Löfbergs Lila AB (Schweden);
University of Strathclyde (Großbritannien);
Fundación Gaiker (Spanien);
Iseao Technologies Ltd. (Großbritannien)
Das Technologie-Transfer-Zentrum Bremerhaven versteht sich als innovativer
Forschungsdienstleister und betreibt anwendungsbezogene Forschung und
Entwicklung. Unter dem Dach des ttz Bremerhaven arbeitet ein internationales
Team ausgewiesener Experten in den Bereichen Lebensmitteltechnologie und
Bioverfahrenstechnik sowie Energie, Landschafts- und Wassermanagement.
Weitere Informationen zum Projekt MYCOPLEX: