Griechischer Wein in Deutschland weniger gefragt
Für die Edition Nr. 17 meines wöchentlichen Weinbriefs habe ich mich näher mit der neuen Weinszene Griechenlands und der Türkei beschäftigt und dabei einige höchst bemerkenswerte Entdeckungen gemacht. Andererseits gibt diese Verkostung auch Anlass zu fundamentaler Kritik.
Nur wenige Länder haben in den vergangenen fünf Jahren in Deutschland ein solches Hochglanz-Trommelfeuer in den Wein-Printmedien veranstaltet wie Griechenland. Genützt hat es nichts. Im Jahr 2008 sank der Export der griechischen Weinwirtschaft nach Deutschland erneut und diesmal auf einen schon lange nicht mehr dagewesenen Tiefstand. Im Vergleich zu 2003 hat sich der Import griechischer Weine nach der Menge fast halbiert von 22,23 Millionen Liter auf 12,21 Millionen Liter. Immerhin ging in diesem Zeitraum der Preis pro importiertem Liter von 1,51 Euro auf 1,60 Euro in die Höhe. Von einem griechischen Weinwunder kann da nicht die Rede sein, zumindest nicht auf dem deutschen Markt, dem nach wie vor grössten der Welt.
Die viel gepriesene neue Weinszene Griechenlands und ihre Qualitätsoffensive sind trotz aller Bemühungen in Deutschland noch nicht angekommen. Für die meisten deutschen Konsumenten ist griechischer Wein nach wie vor gleich Demestika und Retsina. Selbst hier in Hamburg ist es gar nicht so einfach einen griechischen Wein zu kaufen, geschweige denn einen guten griechischen Wein. Karstadt hat keinen Programm. Bei meinem sonst recht gut sortierten Edeka Supermarkt gibt es gerade ein Imiglikos und einen Retsina von Kourtakis für 2.49 Euro im untersten Regal für die Bückware. Gerd Rindchen hat sich bislang nicht um Griechenland gekümmert. Nachfragen bei örtlichen Fachhändlern lösten nur bedauerndes Schulterzucken aus.
Griechische Spitzenweine sind eine Sache weniger Spezialhändler. Allerdings haben auch die einige Mühe die besseren Qualitäten an den Mann zu bringen. Die Gründe dafür sind einfach zu benennen: wenig konsumentenfreundliche Labels, oftmals immer noch auf griechisch geschrieben, verwirrende Bezeichnungen der Qualität und der Herkünfte, autochthone lokale Rebsorten, die für Kenner vielleicht interessant sein mögen, aber nicht den breiten Geschmack treffen, und schliesslich viel zu hohe Preise für Weine, die in nationaler, patriotischer Sicht vielleicht top sein mögen, einem internationalen Vergleich aber nicht standhalten können.
Einzige Ausnahme ist seit bald zehn Jahren der Trilogia von Christos Kokkalis. Der aktuelle 2005er ist der mittlerweile achte Jahrgang dieses Ausnahmeweins, der sich einen festen Platz im Kanon europäischer Spitzenweine erworben hat. Am meisten überrascht bei dieser Verkostung haben mich aber zwei trockene Weissweine, die ich so nicht in Griechenland vermutet hätte: ein Gewürztraminer aus Arkadien und ein interessanter, weil entfernt an weisse Bordeaux erinnernder Barriquewein von der Insel Santorin. Fast schon sensationell ein neuer Rotwein aus der Türkei, der in der Kategorie Ultrapremium positioniert ist. Er kommt von der Insel Bozscada vor der türkischen Küste am Eingang zum Bosporus und in Sichtweit des alten Troja. Ähnlich wie der Trilogia enthält auch dieser Wein keine autochthonen Sorten sondern ist auf der französischen Sorte Cabernet Sauvignon aufgebaut. Corpus und Trilogia sind auf dem besten Wege für die Weinwelt im östlichen Mittelmeer neue Massstäbe zu setzen. Die ausführlichen Notizen und Bewertungen sind in der aktuellen Ausgabe von Weinreporters Degustationsnotizen nachzulesen.
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Mario Scheuermann