Fraunhofer IVV setzt neue Maßstäbe
für die Herstellung gesunder Wurstwaren
Die Herkunft und Qualität von Fleisch in Wurstwaren sind für den Verbraucher oft nicht transparent. Hinzu kommt die Tatsache, dass auf der Zutatenliste unter dem Begriff „Fleisch“ auch Bindegewebe, Schwarten und Knorpel verstanden werden. Der Wurstgenuss ist vielfach getrübt von dem Gefühl, nicht genau zu wissen, was verarbeitet wurde. Doch das muss nicht sein. Eine Reihe von neuen Wurstwaren, die nur mageres Schweinefleisch enthalten, zeigt, dass es auch anders geht. Das verarbeitete Fleisch stammt ausschließlich aus dem Hinterschinken, der besonders reich an essentiellen Aminosäuren ist. Der Hinweis „Mageres Schinkenfleisch vom Schwein“ auf der Zutatenliste wird in Zukunft Vertrauen und ein gutes Gefühl beim Verzehr der besonders fettarmen Wurstwaren schaffen. Die Produkte haben einen Fettgehalt von nur 2,5 %. Bislang wird dieser Wert von keiner anderen Wurst aus Schweinefleisch erreicht. Dass es erstmals möglich ist, trotz des fehlenden Fettes saftige und leckere Wurstwaren herzustellen, ist einem neuartigen Herstellungsverfahren zu verdanken. Entwickelt haben es die Forscher am Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV in Freising zusammen mit dem Metzgereibetrieb Josef Pointner in Mindelheim. Ein Wurstgenuss der anderen Art steht bevor – kalorienarm, bekömmlich und mit der größtmöglichen Transparenz für den Verbraucher.
Beste Qualität durch wenig Fett
Neben der Herkunft des Fleisches ist für gesundheitsbewusste Verbraucher auch der Fettgehalt ein wichtiges Qualitätskriterium. Konventionell hergestellte Sorten wie Fleischwurst, Leberwurst oder Salami enthalten 25 bis 40 % Fett. Fettreduzierte Wurstwaren mit Fettgehalten unter 10 % werden von den Konsumenten vielfach als trocken oder rau beschrieben. Fettgehalte unter 5 % werden in vielen Wurstwaren erst durch die Verwendung von Geflügelfleisch erreicht. Aktuell werden aber zunehmend Alternativen zu Geflügel nachgefragt.
Das Entwicklungsteam aus Freising und Mindelheim ging bei der Zutatenauswahl deshalb einen neuen Weg: nur mageres Fleisch vom Schwein. Dabei war zu berücksichtigen, dass die Verbraucher beim Wurstkonsum besondere Vorlieben haben. So genießen Produkte wie roher oder gekochter Schinken bei den meisten Wurstfreunden ein besonders hohes Ansehen. Folglich wurde beschlossen, ein neues Wurstwaren-Sortiment nur aus ausgewählten Stücken des Hinterschinkens zu entwickeln.
Kalorienarme Vielfalt
Schweinefleisch aus dem Schinken hat nach Abtrennen des Fettrandes nur einen Fettgehalt von ca. 3 %. Fertig verarbeitete Wurstwaren aus diesem Fleisch enthalten dann nur noch etwa 2,5 % Fett. Dies ist etwa ein Zehntel des Fettgehaltes von konventionellen Produkten. Um trotz des fehlenden Fettes saftige Wurst mit knackig frischem Biss zu entwickeln, war ein neues Herstellungsverfahren erforderlich. Mit der Praxiserfahrung des Metzgermeisters und dem technischen und ernährungsphysiologischen Know-how der Fraunhofer-Forscher entstand ein sehr wirkungsvoller und kostengünstiger Prozess. Das besonders schonende Verfahren wurde zum Patent angemeldet. Es basiert auf einer Kombination von definierten Scherbeanspruchungen im Kutter, der Zeitdauer des Verarbeitungsprozesses, des Temperaturprofils und der Wechselwirkung mit pflanzlichen Zutaten. Dadurch bleiben die natürlichen Eigenschaften der Proteine erhalten. Das Verfahren ist so gestaltet, dass es auch mit herkömmlichen Wurstmaschinen betrieben werden kann. Somit entstehen knackige Wiener, saftiger Bierschinken und herzhafte Lyoner mit nur 2,5 % Fett. Weniger als 100 Kalorien pro 100 g versprechen einen leichten Genuss bei optimaler Proteinversorgung. Besondere Cremigkeit verleihen die Forscher ihren Koch- und Streichwürsten durch den Einsatz pflanzlicher Zutaten, wie beispielsweise Lupinenprotein. Auch eine fast fettfreie Salami mit herzhaftem Geschmack und kräftig im Biss ist in der neuen Produktpalette enthalten.
Vermarktung
Das neuartige Verfahren ist sehr wirtschaftlich, weshalb die neuen Produkte trotz der überragenden Qualität zu erschwinglichen Preisen hergestellt werden können. Die Frage, wann die neue „Fitness-Wurst“ bundesweit in die Regale kommt, ist noch offen. Die Forscher des Fraunhofer IVV suchen derzeit nach zuverlässigen Partnern für die Herstellung und die Vermarktung der neuen Wurstgeneration.
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