Spitzenwinzer veröffentlichen ein Manifest gegen die Verwässerung der Weinkultur

Führende Winzer aus Deutschland und Frankreich
starten in der neuesten Ausgabe von WEIN GOURMET, Deutschlands
auflagenstärkster Weinzeitschrift, eine Kampagne gegen Kunstwein. Mit
Beginn des neuen Jahres hatte die Europäische Union der Einfuhr so
genannter „fraktionierter“ Weine den Weg geebnet. Diese Weine werden
aus technisch gewonnenen Wein-Bestandteilen so zusammengemischt, dass
ein beliebig kontrollierbares und manipulierbares Geschmacksprofil zu
erzielen ist. Auch Weine, die mit Eichenspänen behandelt oder mit
Wasser verdünnt wurden, dürfen jetzt in der EU verkauft werden.
„Diese Techniken wurden zwar gegenwärtig nur für Importweine aus den
USA legalisiert“, so erklärt WEIN GOURMET-Redakteur Dr. Ulrich
Sautter. „Es ist jedoch nur eine Frage der Zeit, bis die umstrittenen
Techniken auch für die Bereitung europäischer Weine zugelassen
werden. Dann könnte die Hemmschwelle weiter sinken, beispielsweise,
indem erlaubt wird, solchen Weinen künstliche Aromastoffe
zuzusetzen.“

Die protestierenden Winzer möchten das Interesse der
Öffentlichkeit auf die Tatsache lenken, dass sich neuartige
technische Möglichkeiten industrieller Weinbereitung immer weiter von
dem entfernen, was als gutes Winzerhandwerk gelten kann. Überdies
prangern sie an, dass dem Konsumenten die Information verwehrt wird,
welche Weine mit umstrittenen Verfahren hergestellt wurden: Es gibt
keine Deklarationspflicht. „Wir halten es für nicht hinnehmbar“, so
formuliert das Manifest der Winzer, „dass fortan Kunstweine mit dem
Image der Natürlichkeit verkauft werden dürfen. Wein als Kulturgut
spiegelt die Herkunftsregion, den Boden der einzelnen Lage, das
Wetter des Jahrgangs, die Persönlichkeit der Winzerin und des
Winzers, sogar die Geschichte wider. Wir hoffen, dass aufgeklärte
Verbraucher die Bewahrung dieses Kulturgutes unterstützen. Und wir
appellieren an unsere Kollegen, die Situation als Chance zu
betrachten und mit uns gemeinsam für den Wein als authentisches
Naturprodukt in die Offensive zu gehen.“

In einer ersten Unterschriftensammlung unterstützten 150 namhafte
Winzer aus neun Ländern die Protestnote. Ein weiteres Arbeitstreffen,
auf dem konkrete Projekte beschlossen werden sollen, wird Ende April
im Elsaß stattfinden. Die Liste aller Unterstützer sowie der
vollständige Text des nach dem Ort der Niederschrift benannten
„Mußbacher Manifestes“ findet sich in WEIN GOURMET 1/2006 (ab 8. März
am Kiosk).

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