Spezialitäten Morgen:
Ravioli mit Bergkräuterfüllung
Lardofilet in Chiantisoße
Involtini con Carne (Kalbs-Rouladen)
Chiodo (Wurstbrät) mit Panigaccio de Podezana (Fladenbrot)
Torta d’Erbette (Gemüsetorte)
Keine sanfte Hügellandschaft, sondern wild und ursprünglich ist der nördlichste Zipfel der Toskana. Die Apuanischen Alpen reichen hier bis an das Ligurische Meer. Nicht weit entfernt ragen schroffe Felszacken zum Himmel. Doch es sind keine Firnfelder, die zu ihren Füßen leuchten. Der schneeweiße Carrara-Marmor wird hier seit der Antike gebrochen. Die italienische Kunstgeschichte ist ohne diesen kristallenen Stein undenkbar. Es versteht sich, dass vor allem in Carrara bei Bauten und Skulpturen nicht sparen musste. Er fasst die sprudelnden Fontänen auf der Piazza Manconi ein und er ziert die Fassade des Doms mit den schlanken Säulen und filigranen Rosetten.
‚La Lizzatura‘ heißt das Fest, bei dem die Marmorarbeiter in Carrara zeigen, wie mühsam und gefährlich ihre Arbeit früher war. Auf Bohlen und Kufen werden tonnenschwere Steinblöcke Meter für Meter zu Tal geschleift. Mit Seilen, um baumdicke Pflöcke gebunden, sichern Helfer oben den Transport. Jeder Fehler könnte für die Kameraden unten den Tod bedeuten.
Doch nicht nur hart gearbeitet, sondern auch vorzüglich gespeist wird in der Region. Im Restaurant ‚Venanzio‘ in Colonnata bei Carrara tischt Alessio Lucchetti ein Menü mit Lardo (Schweine-Edelspeck) auf. Zum Auftakt gibt’s Speck auf geröstetem Brot mit Tomaten und Sardellenfilets. Weiter geht’s mit einem Carpaccio, dessen Fleisch in Salz und Kräutern gepökelt wurde. Als nächstes werden Ravioli mit einer Bergkräuter-Füllung serviert. Der Hauptgang ist das bekannteste Gericht des Hauses, das Lardofilet (Rinderfilet in Lardo-Speckscheiben gehüllt) mit Chiantisoße. Abgerundet wird das Menü mit einem klassischen Dessert aus Carrara, der Reistorte.
Land der 100 Burgen nennt sich die Lunigiana, die sich nordöstlich Carraras vom Apennin bis zum Meer erstreckt. Im Dorf Fosdinovo liegt der Hof von Elsa Barbero. Acht Gäste kann ihr ‚Agriturismo‘ aufnehmen, die abends liebevoll von der Bäuerin bekocht werden. Zum Beispiel mit einer ‚Torta d’Erbette‘ (Gemüsetorte) aus Rapunzel, Lattich, Borretsch, Mangold und Spinat.
Im Dorf Podenzana ist der Töpfer Marco zu Hause. Ohne seine ‚Testi‘ (flache Tonschüsseln) kann kein ‚Panigaccio de Podenzana‘ (Fladenbrot) gebacken werden. Fleißige Abnehmer der Schüsseln sind Gino und Massemilliano im ‚Ristorante Dai Cento‘. Sie zaubern in diesen ‚Testi‘ ein Gericht, ‚das süchtig macht‘: Panigaccio de Podenzana mit Chiodo (Wurstbrät).
Am Zusammenfluss von Marga und Verde liegt Pontrémoli. In den engen Gassen des Städtchens eröffnete 1930 Pietro Bertocchi seine ‚Osteria Da Bussè‘. Tochter Antonietta führt das Erbe ihres Vaters mit der traditionellen Küche der Lunigiana fort: ‚Involtini con Carne‘ (hauchdünne Kalbsrouladen).
In den Hügeln bei Fivizzano steht eine kleine Fabrik. Alles ist noch so, wie es Guiseppe Clementi Ende des 19. Jahrhunderts eingerichtet hat. Der Stadtapotheker suchte nach einem fiebersenkenden Mittel. Also mischte er Chinarinde mit Kräutern und getrockneten Orangenschalen. Das Ganze wurde fein zermahlen und in Wasser und Alkohol angesetzt. Nach Monaten der Reife in Fässern wird die Tinktur ausgepresst und mit Sirup gesüßt. Fertig ist das ‚Elixir China Clementi‘. Clementis Enkel verkauft das Elixir nach wie vor als Medizin in seiner Apotheke. Doch längst verwenden auch Barmixer in aller Welt diesen köstlichen Bitterlikör…
Das Weingut ‚Podere Benelli‘ bei Pontrémoli gehörte einst dem Dichter Luigi Poletti. 1898 reimte er eine lange Lobeshymne auf den Wein dieser Gegend, verkaufte dann aber Hof und Rebgärten an den Großvater von Orazio Benelli. Der ist stolz auf seinen weißen ‚Durella‘. Der Wein duftet nach Blumen und Kräutern, wie diese Landschaft. Und wenn die Sonne hinter den Apuanischen Alpen im Meer versinkt, könnte es malerischer nicht sein…