Zur Advents- und Weihnachtszeit: So bunt nascht die Welt in Deutschland
Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass zur Advents- und Weihnachtszeit bei Gebäck und anderen süßen Naschereien kulinarische Traditionen besonders gepflegt werden. Die Kreativität verschiedener Kulturen zeigt sich in der Vielfalt der jeweils bevorzugten Plätzchen, Marzipankreationen, Küchlein und Kuchen. Die in Deutschland lebende multikulturelle Gemeinschaft backt, kocht, nascht und genießt gerade zu den bevorstehenden Adventswochenenden und Festtagen besonders bunt. Und auch wenn die Geschmäcker und Weihnachtsnaschereien vielfältig sind, so sind doch Zutaten wie Schokolade, Honig, Nüsse, Mandeln oder Nougat besonders typisch für weihnachtliches Backwerk, egal welcher Herkunft.
Pünktlich zur bevorstehenden Advents- und Weihnachtszeit wurden 1.000 in Deutschland lebende Frauen und Männer im Alter zwischen 16 und 65 Jahren gefragt: „Was naschen oder knabbern Sie in der Advents- und Weihnachtszeit am liebsten?“ Die Teilnehmer repräsentieren die zehn in Deutschland am häufigsten vertretenen Nationen. Durchgeführt wurde die Studie in der Kalenderwoche 47 (vom 17. bis 23. November 2008) von der Gesellschaft für Erfahrungswissenschaftliche Sozialforschung GEWIS. Die Antwortmöglichkeiten waren nicht vorgegeben, und es konnten bis zu jeweils fünf Süßwaren und Knabberartikel genannt und mit Platzierungen versehen werden. Diese aktuelle Umfrage wurde im Auftrag des Bundesverbands der Deutschen Süßwarenindustrie e.V. (BDSI) in Bonn durchgeführt.
Das Ergebnis zeigt klar, dass gerade das bevorstehende Fest die große Vielfalt kultureller Identitäten in Deutschland besonders deutlich zutage treten lässt, die einem sensorisch prachtvollen und bunten Feuerwerk gleichkommt. Parallel zeigen sich zumindest bei der Zutatenauswahl auch viele Gemeinsamkeiten.
Deutsche mögen es traditionell
Auf die Frage: „Was naschen und knabbern Sie in der Advents- und Weihnachtszeit am liebsten?“, nennen die Bundesbürger zunächst den Christstollen. Mehr als ein Dutzend Stollensorten sind heute gleichermaßen bekannt und beliebt. An zweiter Stelle steht Schokolade: Trotz aller Trends hin zu dunklen Varianten greifen deutsche Frauen und Männer nach wie vor mehrheitlich zu Vollmilchsorten. Auf Platz 3 folgt Marzipan – das aus Lübeck ist weltberühmt. An Weihnachten sind neben dem Klassiker Marzipanbrot auch Marzipankartoffeln angesagt. Der äußere Kartoffeleindruck entsteht durch ein Kakao-Zimt-Gemisch, in dem die Marzipankugeln gewendet werden. Lebkuchen (auch Pfeffer-, Honig- oder Gewürzkuchen genannt) erfreuen sich ebenso großer Beliebtheit. Es gibt sie in Deutschland in vielen Variationen. Orientalische Gewürze wie Zimt, Nelken und Anis geben dem Lebkuchen seinen charakteristischen Geschmack. Variiert wird der Teig gern mit Mandeln, Nüssen oder Schokolade, aber auch mit Zitronat und Orangeat. Spekulatius sind der Deutschen fünftliebstes Weihnachtsnaschwerk, das man zunächst im Rheinland und in Westfalen kannte. Im benachbarten Belgien und in den Niederlanden wird er ganzjährig genossen. Bei uns hat er sich als Advents- und Weihnachtsplätzchen in drei Hauptvarianten durchgesetzt: Kardamom, Gewürznelken und Zimt verleihen dem Gewürzspekulatius sein Profil. In Mandelspekulatius wird verstärkt Mandelmehl verarbeitet und die Unterseite der Plätzchen mit Mandelsplittern oder -plättchen beschichtet. Der Butterspekulatius verrät es schon mit seinem Namen: In ihm ist ein höherer Anteil an Butter enthalten.
Auch Türken naschen in der Weihnachtszeit
Die Türken bilden die größte Ausländergruppe in Deutschland. Auch wenn viele von ihnen dem muslimischen Glauben angehören und somit Advent und Weihnachten nicht auf ihrem Festkalender stehen, steigt auch bei Frauen und Männern türkischer Herkunft die Lust auf Süßes – quasi parallel zu uns. Besonders hoch im Kurs steht Baklava. Das sind Blätter- oder Filoteigteilchen gefüllt mit Pistazien, Mandeln oder Walnüssen und mit Zuckersirup verfeinert. Auf Platz 2 rangiert die Süßwarenspezialität Halva, die mit dem weißen Nougat verwandt ist. Ihre Grundzutaten sind Sesam, Zucker, Honig und Pflanzenöl. Halva wird gern auch mit Erdnüssen, Walnüssen oder Kakao variiert. Lukum (auch Lokum), Platz 3, ist eine Süßigkeit auf Basis von gelierter Stärke und Zucker, die oft mit Rosenwasser verfeinert wird. Eine große Fangemeinde hat auch Tulumba (Platz 4). Dabei handelt es sich um einen in Zuckersirup getränkten Spritzkuchen. Beliebt sind weiters Lokma, kleine frittierte und ebenfalls in Sirup getränkte Krapfen aus Hefeteig.
Italiener stehen auf Mandelgeschmack
Wer hätte es nicht erwartet? Die Mailänder Kuchenspezialität Panettone, oft bereichert um kandierte Früchte, erfreut sich bei in Deutschland lebenden Italienern größter Beliebtheit. An zweiter Stelle naschen die südländischen Genießer Amaretti (auch Amerettini), also kleine Makronen aus Eischnee, Zucker, gemahlenen Mandeln und Amaretto. Ihnen folgen Cantuccini, die als zweifach gebackenes Mandelgebäck auch in Deutschland immer mehr Anhänger finden. Kein Wunder also, wenn sie längst auch Einzug in die weihnachtlichen Rezeptstrecken vieler Medien gehalten haben. Auf Platz 4 setzen die Italiener Copeta, eine Spezialität aus Kalabrien, bei der Mandeln oder Nüsse und Honig zu je gleichen Teilen zu einer Masse verarbeitet, dünn ausgerollt, in Streifen geschnitten und dann gebacken werden. Auf dem fünften Platz: Biscotti di mandorle – Florentiner Makronen mit Mandeln.
Lecker naschen auf polnisch
Bürger polnischer Herkunft definieren ihre ganz eigene Hitparade der beliebtesten fünf Weihnachtsschleckereien. Favorit ist der Nusskuchen, gefolgt von Mohnkränzen und Schokoladen-Mazurek. Letzteres ist ein Biskuitkuchen mit Schokolade. Auf Platz 4 reiht sich Makowki ein. Dahinter verbergen sich Klöße aus Mohn, Milch und süßen Brötchen, die mit Korinthen oder Mandeln und gesüßt mit Honig oder Zucker genossen werden. Den fünften Platz nehmen dann Marzipanherzen ein; den Deutschen ist geformtes Marzipan eher als Brot, Kartoffeln oder Sternen vertraut.
Orientalisches bevorzugen Bürger aus Serbien und Montenegro
Serben und Montenegriner zeigen orientalischen Geschmack. Sie naschen Baklava (Platz 1, siehe Türkei) oder Tulumbe (Platz 3, siehe Tulumba, Türkei). Gefragt sind aber auch Sape (Platz 2) – Mürbeteigplätzchen mit Honig und Nüssen – oder schlicht Schokolade (auf Platz 4). An fünfter Stelle nennen Serben und Montenegriner übrigens Slatko, eine Süßspeise, die aus vielen Fruchtsorten hergestellt wird, ähnlich wie Fruchtaufstriche. Sie wird typischerweise zur Begrüßung zum Kaffee serviert.
Griechen treten mit eigenem Profil auf – und zeigen Gemeinsamkeiten mit Deutschen
Während Griechen und Türken im Rahmen der letzten BDSI-Befragung anlässlich der Fußball-EM im Sommer 2008 sehr ähnliche Knabber- und Naschgewohnheiten offenbarten, lassen griechische Frauen und Männer bei vorweihnachtlichen Leckereien einen ganz eigenen Mix erkennen. Die Helenen naschen vor allem Melomakarouna (Melomakarona) – das sind Makronen, die in flüssigem Honig getränkt sind und mit Walnussstückchen bestreut werden. Kourabiedes – Mandelhörnchen – landen auf dem zweiten Platz. Dahinter rangiert ganz klassisch Schokolade, gefolgt von Methysmena, einer dunklen Teigspezialität, die normalerweise mit Honig und Sesam zubereitet und an Weihnachten mit viel Wein abgerundet wird. An fünfter Stelle – so die befragten Griechen – folgen Lebkuchen. Es gibt also durchaus Parallelen zu den „Hits“ der Deutschen.
Auch Kroaten haben ihre ganz eigenen Vorlieben
Bürger aus Kroatien bevorzugen Breskvice: runde, karamellisierte Plätzchen mit Aprikosen- und Pfirsichmarmelade gefüllt. Zweitliebste Weihnachtsnascherei – so die Angaben der Befragten – sind Kokoswürfel, die Cupavci heißen. Hinter Vanilin Kiflice verbergen sich Vanillekipferl, und die stehen in der Gunst der Kroaten auf Platz 3. Fritule (Platz 4) sind kleine Krapfen aus einem Teig mit Rosinen und Likör, die in heißem Öl gebacken werden. Ustipci – frittierte Krapfen – folgen auf dem fünften Platz.
Die russische Seele favorisiert Naschwerk aus der Heimat
Die befragten Russen favorisieren Piroggen (Pieroggi), gefüllte Teigtaschen aus Hefe- oder Blätterteig, gefolgt von Watruschka, Quarkteilchen. Die übrigen Nennungen sind den Deutschen bekannt: Schokolade, Marzipan (jedoch in Herzform wie bei den Polen) und Lebkuchen.
Österreicher sind Liebhaber mundgerechter Leckereien
Was den Deutschen ihr Christstollen, ist den Österreichern das Vanillekipferl. Es führt die Liste der beliebtesten Advents- und Weihnachtsnaschereien an. Auf dem zweiten Platz finden sich Rumkugeln, vor den berühmten Zimtsternen. Mandeltaler landen auf dem vierten Platz und die auch bei uns grundsätzlich beliebte Schwarz-Weiß-Bäckerei kommt bei den Österreichern immerhin unter die Top 5.
Eher orientalisch fällt der Geschmack auch bei Bosniern aus
Mitbürger aus Bosnien wählen im Vergleich zu den befragten Türken ganz ähnliches Naschwerk unter ihre favorisierten fünf. Den ersten Platz nehmen Tulumbe ein (siehe Türkei und Serbien/Montenegro). An zweiter Stelle rangiert Ormasice, ein in Sirup getränktes Biskuitgebäck, dessen Form an kleine Brötchen erinnert. Die Plätze 3 bis 5: Baklava, Halva und Lokum (siehe Türkei).
Alle ausländischen Teilnehmer an der Studie wurden von GEWIS zudem befragt, von wo sie denn ihre liebsten Naschereien für die Advents- und Weihnachtszeit beziehen, wenn die Produkte in Deutschland nicht erhältlich sind. Über 90 Prozent der Türken, Polen, Serben und Montenegriner, Russen, Österreicher und Bosnier gaben Freunde und Familie als Bezugsquelle an. Immerhin 13 Prozent der Italiener, 12 Prozent der Kroaten und 10 Prozent der Griechen verwiesen auf das Internet oder den Versandhandel, um an ihre bevorzugte Weihnachtsnascherei zu kommen.
Die in der Studie abgebildeten Nationalitäten spiegeln die zehn am häufigsten in Deutschland vorkommenden Ethnien wider. Grundlage sind Angaben des Statistischen Bundesamts.