Österreich 2008 – das Weinjahr der Gegensätze

Österreich 2008 – das Weinjahr der Gegensätze

Vergleicht man das heurige Weinjahr mit dem vergangenen in Österreich,
so findet man viele Übereinstimmungen. Doch genauso gibt es zahlreiche
Gegensätze zum Vorjahr. Gleich waren der gute Blüteverlauf, wie auch die
Witterung über weite Teile. Für deutliche Unterschiede sorgten manche
Wetterkapriolen, die letztendlich auch die Lesezeitpunkte in den
einzelnen Weinbaugebieten beeinflussten. Generell ist die Lese in der
letzten Oktoberwoche abgeschlossen, für Prädikatsweine kann sich noch
bis in den Dezember andauern.

Gute und qualitätsorientierte Weingartenarbeit der österreichischen
Winzer machte sich heuer mehr als bezahlt, konnten doch dadurch die
Trauben ungeachtet des heurigen Fäulnisdrucks gesund erhalten werden. So
konnte man durchaus Ruhe bewahren und das gute Wetter im Oktober
abwarten, um reife und gesunde Trauben in den Keller zu bringen.
Sortentypische Fruchtigkeit paart sich heuer mit einem kernigen
Säuregerüst, und einem angenehmen, nicht zu hohen Alkoholgehalt. Auch
die Menge wird deutlich höher ausfallen als im Vorjahr, obwohl bereits
letztes Jahr die Ernte über dem Durchschnitt lag.

Der Wetterverlauf 2008
Das Jahr begann mit wenig Schnee und einem milden Winter – die
Steiermark verzeichnete sogar den drittwärmsten Jänner seit Beginn der
Aufzeichnungen 1931. Auch im Februar lagen die Lufttemperaturen knapp
3°C über den Durchschnittswerten, im Burgenland sogar über mehr als
3,5°C. In der Steiermark wurden zu Monatsende sogar über 20°C gemessen.
Der März begann und endete warm, um die Osterzeit in der zweiten
Monatshälfte gab es jedoch einen Winterrückfall, die Niederschlagsmengen
waren durchschnittlich bis leicht erhöht. Auch der April verlief
temperaturmäßig ohne Besonderheiten. Die Niederschläge waren in den
Weinbaugebieten unterschiedlich, besonders ein erstes heftiges Unwetter
im Kremser Raum am 22. April brachte dort mehr als das doppelte
Wassermenge auf den Boden, ansonsten war es eher zu trocken.

Der Mai war im Westen Österreichs übernormal warm, in den
Weinbaugebieten im Osten war die Temperatur allerdings mit 0,5 bis 1,5
Grad nur leicht erhöht. Dazu kam der rasche Wechsel eines
Kaltlufteinbruchs um den 20 Mai mit einer frühsommerlichen Hitzewelle –
in Graz, der Hauptstadt der Steiermark, wurden zu Monatsende 34,9 °C
gemessen. Die Niederschläge waren durchschnittlich, eher zu karg, die
Sonne schien öfter als gewohnt. Der Juni zeichnete sich nicht nur durch
einen Temperatursturz und nachfolgender Hitze aus, die Niederschläge
prägten bereits das Weinjahr. Bis zu 300% über dem Durchschnitt im
Gebiet südlich von Wien, in der Südsteiermark kam doppelt so viel vom
Himmel wie sonst. Die Sonne schien aber eher weniger. Der Juli war durch
zahlreiche Gewitter sehr feucht, Eisenstadt kam fast auf die dreifache
Niederschlagsmenge. Leider waren dabei in allen Gebieten auch viele
Hagelschauer zu verzeichnen.

Auch der August sparte nicht mit Niederschlägen, die Temperaturen
blieben durchschnittlich, mit einem häufigen Wechsel warmer und kühler Tage.

Der September war eher kühl, ein markanter Kaltlufteinbruch ab dem 13.
September brachte einen Temperatursturz im 10 – 15°C. Dazu kamen
kurzzeitig reichliche Niederschläge, auch wenn die Gesamtsumme nur
durchschnittliche Werte ausweist.

Der Oktober verlief relativ freundlich bis kühl mit vereinzelten
Regenfällen, wobei in manchen Gebieten lang anhaltender Nebel zu
verzeichnen war.

Das Vegetations- und Erntejahr
Der milde Witterungsverlauf sorgte für einen guten und eher frühen
Austrieb, ab Mitte April setzte eine schnelle und gleichmäßige
Rebenentwicklung ein. Die Blüte im Juni war heuer durch gute Witterung
begünstigt, und so waren die Erwartungen groß – vorerst. Denn schon kurz
danach sorgten erste Hagelschläge für eine erste natürliche
Ertragsbegrenzung und drückten dem Jahrgang den ersten Stempel auf.

Hagel und viel Feuchtigkeit
Diese beiden Worte kennzeichnen für die Winzerschaft den heurigen
Jahrgang, wenn sie an die notwendig gewesene Arbeit im Weingarten denkt.
Hagelschläge sowohl in der frühen als auch späten Wachstums- und
Reifephase sorgten für Beeinträchtigungen, wobei frühe Schäden durch die
Rebe zu einem großen Teil im weiteren Verlauf ausgeglichen wurden.

Die Feuchtigkeit brachte zwar eine gute Rebenversorgung, aber auch einen
hohen Krankheitsdruck für Echten und Falschen Mehltau. Das war der
Prüfstein für die Qualität der Weingartenarbeit. Hier zeigte sich, wer
seine Hausaufgaben im Weingarten gemacht hatte. Bei guter Vorsorge
konnten die Probleme gelöst bzw. vermieden werden. Außerdem war dann ein
Zuwarten möglich, um eine entsprechende Traubenreife zu erhalten. Für
manche biologisch-dynamisch arbeitende Betriebe war der extrem hohe
Druck jedoch unbeherrschbar, es mussten schmerzhafte Ertragseinbußen
hingenommen werden.

Immer wieder waren den Sommer über gewitterbedingt Hagelschläge
hinzunehmen. Je nach Temperatur kam es dann zu höherem Infektionsdruck
oder einem Eintrocknen der geschädigten Beeren.

Reife und Lesezeitpunkt
Mit dem Weichwerden der Beeren Mitte August stellte sich der Anfang der
Reife ein. Durch die Feuchtigkeit kam es zu einer guten Rebversorgung,
sodass die Mostinhaltsstoffe heuer sehr gute Voraussetzungen für die
Gärung brachten. Auf Grund des eher kühlen Witterungsverlaufes im
September und Oktober war aber nur eine sehr schleppende Zunahme an
Reife und Gradation zu verzeichnen. Das beeinflusste auch die regionalen
Lesezeitpunkte.

Große Fäulnisprobleme waren nur dort zu verzeichnen, wo die
Weingartenarbeit nachlässig ausgeführt wurde. Bei sorgsam ausgeführten
Schnitt- und Pflanzenschutzmaßnahmen fiel die Leseentscheidung auf Grund
der Reife und nicht der Fäulnis.

Während im Burgenland, vornehmlich im Seewinkel, bereits in den ersten
Oktobertagen die Lese beendet war, im Weinviertel zum Staatsfeiertag am
26. Oktober die letzten Trauben abgeschnitten wurden, hatte zu diesem
Zeitpunkt die Lese in der Wachau für die höheren Qualitätsstufen noch
gar nicht richtig begonnen.

Wer die Nerven behielt und eine weitere physiologische Reife abwartete –
wenn dies auch vom Traubenzustand her möglich war – hatte nach dem
kühlen September einen relativ schönen Oktober zur Verfügung, um die
Lese abzuschließen.

In manchen Gebieten brachte allerdings lange anhaltender Nebel bei
warmem Wetter Gefahr für Botrytis. Zusätzliche Arbeit war oft nötig, um
geschädigte Trauben herauszulesen, bzw. auszusortieren.
Selektion im Weingarten oder bei der Traubenübernahme war heuer wichtig.
Ebenso musste bei der weiteren Verarbeitung speziell darauf eingegangen
werden, da beispielsweise höhere Phenolgehalte korrigiert werden müssen.
Auch das heurige Säureniveau wird teilweise noch einer önologischen
Korrektur bedürfen.

Die Jahrgangsbeurteilungen

Steiermark
Die Steiermark kam dieses Jahr wettermäßig mit einem blauen Auge davon.
Die Hagelschläge sowohl zur Blütezeit als auch Ende des Sommers konnte
die Natur teilweise wieder ausgleichen. So wird insgesamt von einer
Erntemenge die dem Vorjahr entspricht, zu rechnen sein.

Auch von den ausgedehnten Regenfällen, wie in Niederösterreich bekam die
Steiermark nur einen markanten Guss Mitte September ab. Dadurch konnte
insgesamt mit der Lese zugewartet, und somit eine gute Reife erzielt
werden. Gute Fruchtigkeit, schöne Säure und zufriedenstellende
Gradationen werden für einen Jahrgangscharakter sorgen, der auch vom
Alkohol her nicht wirklich schwächer ausfallen wird. „Perfekte Reife,
perfekte Säure, schöne Fruchtigkeit“ beschreibt ein Winzer den heurigen
Jahrgang.

Wien
Viel Arbeit war heuer nötig, um gutes Traubenmaterial zu bekommen! Dafür
erfreut die Winzer eine gute Sortencharakteristik der Weine.
Fruchtigkeit und eine kernige Säurestruktur, gepaart mit nicht zu hohem
Alkohol sind Faktoren, die bei den Konsumenten, beim Heurigen und in der
Gastronomie gut ankommen werden.

Niederösterreich
Hätte man gewusst wie der schön der Oktober wird, hätte man manchmal mit
der Lese noch zuwarten können. So ging man oft auf Nummer sicher, oder
musste aufgrund der Traubengesundheit zeitgerecht ernten. Die
Feuchtigkeit sorgte für eine größere Entemenge, trotz der erlittenen
Schäden. Weite Teile Niederösterreichs hatten im September mit einem
besonderen Problem zu kämpfen. Nebel der bis weit über Mittag anhielt,
verbunden mit relativ angenehmen Temperaturen um die 20°C. Dies führte
dazu dass Botrytis oft über Nacht entstand, was dann schnellstes
Reagieren notwendig machte. Ansonsten hatte der kühle September und
Oktober keine starke Gradationserhöhung gebracht, da das Laub keine
Leistung mehr brachte.

Damit steht heuer eine gute Fruchtigkeit, angenehmer Alkohol und ein
markantes Säuregerüst im Vordergrund, auf das im Keller noch einzugehen
sein wird. Wer seine Hausaufgaben im Weingarten gemacht hatte, konnte
sich aber den Lesetermin aussuchen, um schöne und gut ausgereifte
Trauben einzubringen.

Burgenland
Ab Ende Mai begannen die Niederschläge, die viel Laubarbeit nötig
machten um Fäulnis zu vermeiden. Der riesige Hagelschlag am 7. Juli ist
vielleicht noch in besonderer Erinnerung. Gute Arbeit wird aber dieses
Jahr belohnt mit schöner frischer Frucht und einer angenehmen Säure.
Die
Rotweine sind gut gedeckt, die Blaufränkischen mit einer ausgeprägten
Frucht und Würze. Auch Zweigelt und Pinot Noir präsentieren sich markant
und fruchtbetont. Der moderate Alkoholgehalt wird den Jahrgang leicht
trinkbar machen, und die höhere Erntemenge auch für eine entsprechende
Verfügbarkeit der Weine sorgen.

Die Erntemenge
Die letzte Vorschätzung der Statistik Austria von Ende Oktober geht von
einer Gesamterntemenge von knapp über 2,8 Mio lt. aus. Der langjährige
Durchschnitt (2003-2007) der heimischen Weinernte liegt bei ca. 2,5 Mio lt.

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