Wiener Spitzenkoch fasst Traditionsküche zusammen
Anstelle kulinarischer Fernflüge in die Kochtöpfe
Spaniens, Frankreichs oder Italiens geht es bei Ewald und Sohn Mario
Plachuttas neuestem Kochbuch schlichtweg um die Wiener Küche. An sich
keine Überraschung, da die Familie Plachutta mit ihren
Tafelspitz-Kochkompetenz-Zentren in Nussdorf, in der Wollzeile,
Hietzing und demnächst bei der Oper prinzipiell und bekanntermaßen
der Wiener Küche sehr verbunden ist. Die aufgelisteten, jeweils auf
einer Doppelseite vorgestellten Rezepte marschieren zügig durch den
kalten Vorspeisenbereich, um bei den verschiedenen Wiener Suppen,
allen voran die klassische Rindssuppe, eine erste mehrseitige Rast
einzulegen. Hernach geht es zuerst zu den fleischlosen Klassikern,
wie Kraut- und Schinkenfleckerln, Specklinsen und Eiernockerln, um
sich spätestens auf Seite 94 der wunderbaren Rindfleischwelt zu
widmen. Als Entree kommt natürlich gleich der Tafelspitz daher, der
„Kalbskopf mit Wurzeln“ folgt sofort – nicht zuletzt, um an die
Innereien-Kochkunst zwischen Ottakring und Simmering zu erinnern.
Gulasch, Kalbswangerln, Kalbsvögerl, Leber, Beuschl, Kalbsbries
läuten das Ende der fleischlichen Freuden ein, Beilagen-Zubereitungen
runden den Hauptspeisenbereich ab.
Zuletzt das Dessert á la Vienne, welches auch vertraut daher
kommt: Vom Strudel über die Buchteln, Mohr im Hemd, Palatschinken,
Salzburger Nockerln und Marillenknödeln reicht die Auswahl der
letzten Gänge. Fazit: Kaum Überraschungen, dafür ein handfestes
Kochbuch über Wiener Verführungen, vorgestellt von einer der
anerkanntesten Koch-Familie der Stadt. Die im Anhang beigefügten
Bilder zeigen bekannte Perspektiven von Wien, deren sonderlicher Sinn
sich einem nicht erschließt. Die zwischen den Rezepten großformatig
gebrachten Speisebilder erklären sich hingegen ohne großes
Nachdenken. Interessanter als die Wien-Bilder sind dafür die
Schnappschüsse zu Beginn des Buches, die Ewald Plachuttas Werdegang
vom Grandhotel Wiesler in Graz, über das Hotel Elisabethpark in Bad
Gastein und das Hotel Astoria in Wien bis zu den 3 Husaren, die er
Ende der 70er Jahre zu leiten begann, zeigen. Was hier etwas streng
und hierachisch zwischen den vielen weiß behaupten Köchen
durchschimmert, wird wohl bei den Lehr- und Wanderjahren des 1968
geborenen Co-Autors Mario Plachutta, der in Kanada, Frankreich und
Hongkong sein Metier gelernt hat, sich schon anders dargestellt
haben.
o Ewald und Mario Plachutta, Meine Wiener Küche, Christian
Brandstätter Verlag 2008, 224 Seiten, Euro 29.90,
ISBN-D 978-3-85033-213-2