Friend of the Sea

Angebot und Verbreitung des Labels Friend of the Sea (FOS) wachsen rasch. Auf der Oberfläche des deutschsprachigen Markt scheint dies noch wenig sichtbar. Im Hintergrund aber bereiten sich derzeit mehrere Firmen auf die FOS-Zertifizierung ihres Sortiments aus Fischfang und Fischzucht vor.

Tiefseegarnelen aus der Barentsee
Norway Prawns AS erhielt das FOS-Zertifikat für Tiefseegarnelen (Northern shrimp, Pandalus borealis), die von 60 Küsten- und 40 Hochseebooten in der Barentsee gefischt werden. Gemäss neusten Informationen des International Council for the Exploration of the Sea (ICES) sind die Bestände unternutzt. Das Audit zeigte, dass die Beifangrate der Produzenten Nergaard Reker AS, Stella Polaris AS und Lyngen Reker AS deutlich unter der FOS-Limite von 8 Prozent liegt. Die Beeinträchtigung des Meeresbodens durch die Fischerei ist vernachlässigbar, dank verschiedener Massnahmen: So werden die Schleppnetze oberhalb des Bodens gezogen (in der Regel 60 cm) und der Einsatz von Bodenrollgeschirr ist ausgeschlossen. Gleichzeitig wird die weltweit grösste Meeresschutzzone für Kaltwasserkorallen eingerichtet.
«Die norwegische Tiefseegarnelenfischerei setzt ein Beispiel für Schleppnetzfischereien weltweit», urteilt FOS-Direktor Paolo Bray, während Norway Prawns-Direktor Øystein Petterson sich darüber freut, dass «Friend of the Sea die strengsten Kritieren anwendet, wodurch unsere Kunden eine klare Botschaft bezüglich unserer Nachhaltigkeitsleistung erhalten».

Kabeljau aus Aquakultur
Einer der führenden Anbieter von gefarmtem Kalbeljau (Gadus morhua), die norwegische Nærøysund AS, ist neu FOS-zertifiziert. Das Audit belegte die Übereinstimmung mit den FOS-Kriterien für Aquakulkturen, so die stete Überwachung der Wasserparameter, vorsorgliche Massnahmen gegen Krankheiten, gegen das Entweichen von Fischen und gegen das Eindringen von Räubern sowie Verzicht auf Antifoulinganstriche, genetisch veränderte Organismen oder Hormone. Zudem sind Massnahmen zur Futteroptimierung etabliert; die Futterkonversionsrate konnte bereits auf 1.2 gesenkt werden.
Die Zertifizierung war vom Schweizer Detailhändler Manor beantragt worden, welcher sein Sortiment auf FOS-Kriterien umstellt und auf den rotgelisteten Kabeljau aus Wildfang verzichtet.

Kaviar aus Zucht
Agroittica Lombarda, der eurpoäische Marktführer für Kaviar aus Störzuchten, erhielt das FOS-Zertifikat für Calvasius Kaviar von Weissem Stör (Acipenser transmontanus). Die bei Mailand gelegene Firma ist ein Pionier der ökologischen Produktion; bereits in der 1970er Jahren begann sie, das warme Abwasser aus der Stahlproduktion für die Aquakultur zu nutzen. Heute umfassen die Anlagen 600’000 Quadratmeter. Dank dieser renommierten Firma wurde Italien zum drittgrössten Kaviarproduzenten der Welt.
Agroittica-Direktor Sandro Cancellieri ist «stolz auf die Anerkennung durch Friend of the Sea. Das signalisiert unserer umweltbewussten Kundschaft den Mehrwert unseres Produkts.“

Shrimps aus Madagaskar
Der französische Marktführer Gel-Pêche darf das FOS-Siegel für Shrimps (Penaeus) aus Widlfang in Madagaskar führen. Laut dem aktuellsten FAO-Bericht sind die Bestände nicht überfischt. Die lokalen Produzenten, Réfrigepêche und Crustapêche, verwenden Massnahmen zur Vermeidung des Beifangs von Meeresschildkröten (TED) und generell zur Reduktion des Beifangs unter die FOS-Limite von 8 Prozent. Jedes Fangboot untersteht einem Überwachungssystem (VMS) und muss der nationalen Fischereiaufsicht täglich mindestens 24 Positionen melden. Das System wird ergänzt durch Kontrolleure an Bord und an der Küste und unterstützt die Beachtung der gesetzlichen Vorschriften und mehrerer Meeresschutzgebiete.

Miesmuscheln aus Galizien
Frinsa ist eine der grössten Konservenfabriken Spaniens. Sie verfügt bereits über diverse Zertifikate (ISO 9001 und 14001, BRC, IFS, EMAS) und darf neu auch das FOS-Label für ihre Galizischen Miesmuscheln (Mytilus galloprovincialis) aus Zucht führen. Die Bestände dieser lokalen Art sind reichlich, sie dienen zur Auffrischung der Zucht, welche ihrerseits auch Nachwuchs produziert. Die Jungmuscheln werden auf Tauen ins Meer gesetzt und von Plattformen aus überwacht, welche nebenbei wie künstliche Riffe wirken. Die Fischerei bleibt vom Zuchtbetrieb unbehelligt und die Muschelschalen werden zu Calciumcarbonat für Bauindustrie und Dünger verarbeitet.
«Wir beabsichtigen, unser ganzes Sortiment für Friend of the Sea zu zertifizieren», sagt Frinsa-Präsident Ramiro Carregal Rey. «Die Verbraucher sollen wissen, dass unsere Muscheln sehr nachhaltig und mit sehr geringen Auswirkungen auf die Umwelt produziert werden. Das FOS-Label wird uns helfen, dies zu kommunizieren.»

Kalmar und Sepia aus Vietnam
Eine besondere artisanale Fischerei entstand in Vietnam zu Beginn der französischen Kolonisierung vor etwa hundert Jahren. Weil viele Fischerfamilien die von der Verwaltung erhobenen Steuern auf Boote nicht bezahlen konnten, erfanden sie ein Wassergefährt in der Form eines runden Korbes aus Bambus, welches nicht als Boot taxiert wurde. Diese «Thyen Thung» sind noch heute in Gebrauch, im Fischfang wie auch als Attraktion für Touristen, welche die nicht einfache Handhabung selber erlernen können.
Die Thung-Fischer fangen mit ihren Handleinen ausschliesslich ausgewachsene Kalmare und Sepien, ohne jeden Beifang. Ein eklatanter Gegensatz zum industriellen Tintenfischfang in der Region, bei welcher Grundschleppnetze den Meeresboden umpflügen, hohen Beifang verursachen und vor allem kleinere Tintenfische einbringen. Coop Italia hatte die FOS-Zertifizierung für die Thung-Fischer beantragt.

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