Anlässlich der Konferenz der SPD-Bundestagsfraktion zur Kennzeichnung „ohne Gentechnik“ zieht der Spitzenverband der deutschen Lebensmittelwirtschaft ein Resümee zu der seit 1. Mai 2008 geltenden „ohne Gentechnik“-Kennzeichnung. „Die Vorgaben dieser neuen „ohne Gentechnik“-Kennzeichnung finden in der Ernährungsindustrie und im Lebensmitteleinzelhandel bislang keine Akzeptanz“ erklärt Dr. Marcus Girnau, Geschäftsführer des Bundes für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e. V. (BLL). Eine Ausnahme bildeten lediglich Nischenmärkte.
Dies liegt vornehmlich an dem mit der neuen Regelung verbundenen Glaubwürdigkeitsdefizit, das dem Verbraucher nicht vermittelbar ist. So muss der Verbraucher aufgrund des klaren und uneingeschränkten Werbehinweises „ohne Gentechnik“ annehmen, dass Gentechnik bei der Herstellung des Lebensmittels keine Rolle gespielt hat. Tatsächlich dürfen diese Lebensmittel nach den neuen Kennzeichnungsvorgaben aber trotz entgegenstehender Verbrauchererwartung „mit ein bisschen Gentechnik“ hergestellt sein. Der Einsatz gentechnisch hergestellter Verarbeitungshilfsstoffe, Enzyme, Aminosäuren und Vitamine im Tierfutter lässt den Hinweis „ohne Gentechnik“ vielmehr ebenso zu wie die Verwendung gentechnisch veränderter Futtermittel vor den gesetzlich vorgegebenen Sperrfristen. Dies zieht nach Auffassung des BLL zwangsläufig eine Irreführung der Verbraucher nach sich, die die Glaubwürdigkeit der mit diesem Hinweis werbenden Unternehmen erheblich beschädigen kann. Das schränkt die Verwendbarkeit dieser Werbeaussage in der Praxis deutlich ein – wie die derzeitige Situation im Markt beweist.
Der BLL hatte bereits im Gesetzgebungsverfahren zur neuen „ohne Gentechnik“-Kennzeichnung mehrfach auf dieses Glaubwürdigkeitsdefizit und dessen Konsequenzen für die Anwendbarkeit des Werbehinweises in der Praxis hingewiesen. Er hatte deshalb empfohlen, die Formulierung des Werbehinweises und die an seine Verwendung gestellten Anforderungen in Einklang zu bringen.