Orang-Utans setzen auf Naturheilmittel

Lokale Einwohner wenden gleiche Medizinalpflanzen an

Erstmals haben Forscher der
britischen Universität von Cambridge http://www.cam.ac.uk festgestellt,
dass wildlebende Orang Utans natürliche Heilpflanzen als Medikament an
sich selbst anwenden. Das Forscherteam um Helen Morrogh-Bernhard hat im
Sabangau Peat Swamp Forest in Zentral-Kalimantan auf der Insel Borneo
beobachtet, dass die Menschenaffen Pflanzen, die eine
entzündungshemmende Wirkung haben, auf ihre Gelenke reiben. Bisher
hatten Wissenschaftler ein solches Verhalten bei wild lebenden Orang
Utans nicht beobachten können, berichtet das Magazin New Scientist in
seiner Online-Ausgabe.

Die Wissenschaftlerin konnte beobachten, wie ein Weibchen eine Handvoll
Blätter eines Baumes abriss. Das Affenweibchen kaute dann die Blätter
und spie sie mit Speichel vermengt aus, ehe sie die Paste dann entlang
ihres Armes auftrug. Morrogh-Bernhard verglich die Tätigkeit mit der
eines Menschen, der Sonnencreme auf die Haut appliziert. Nach dem
Auftragen der Paste warf das Orang Utan Weibchen die Paste zu Boden. So
konnten die Forscher auch nachweisen, um welche Substanzen es sich
handelte. Insgesamt konnten die Forscher vier erwachsene Tiere bei der
Verabreichung der Selbstmedikation beobachten.

Die Pflanzen gehören zur Gattung der Commelina-Gewächse. Diese zählen
nicht zur Nahrung der Primaten. In der traditionellen Medizin der
indigenen Bevölkerung der indonesischen Insel sind die Blätter dieser
Pflanzen seit langem bekannt. Auch sie machen aus den Blättern eine
Paste, die anschließend auf die Haut aufgetragen wird, um
Muskelschmerzen oder Schwellungen zu lindern. Commelina-Gewächse sind
auch in Zentralafrika als Heilpflanzen in Verwendung.

„Von verschiedenen Menschenaffen kennt man die Verwendung von Pflanzen
zu medizinischen Zwecken“, erklärt Barbara Ingrid Fruth vom Max Planck
Institut für evolutionäre Anthropologie http://www.eva.mpg.de .
Fruth leitet das Forschungsprojekt „Cuvette
Centrale – Reservoir für medizinische Pflanzen“
http://www.eva.mpg.de/procuv , das die Bedeutung des zentralen
Kongogebiets hervorheben will. „Wir konnten beobachten, dass Bonobos
gewisse Blätter eingerollt verschlingen, um gewisse Parasiten
loszuwerden“, so die Forscherin. Im Prinzip gehe es bei Cuvette Central
zwar um ethnobotanische Anwendungen beim Menschen. „Wir sind allerdings
sehr daran interessiert festzustellen, welche Pflanzen Menschen und
welche die Affen als Heilmittel verwenden und wo es dabei Überlappungen
gibt.“

Beobachtet haben Forscher auch das Verhalten, dass einige Affenarten,
inklusive Lemuren, Pflanzenmixturen als Insektenrepellentien verwenden.
Zur Anwendung kommen hier etwa Mischungen aus Tabakblättern, Knoblauch
oder anderen ätherischen Ölpflanzen. Für Morrogh-Bernhard ist es
ausgeschlossen, dass die Orang Utans diese Handlung von den Menschen
abgeschaut haben. Sie hält es vielmehr für möglich, dass Vorfahren der
indigenen Bevölkerung über die Wirkung der Pflanzen von den Affen
gelernt haben. Fruth könne sich allerdings auch das Gegenteil
vorstellen. „Die Nutzung von Heilpflanzen ist definitiv kein Spezifikum
des Menschen“, meint Fruth. Die Studie von Morrogh-Bernhard habe
gezeigt, dass es sogar sehr komplexe Anwendungen mancher Substanzen
gibt.

Weitere Informationen: Sabangau Peat Swamp Forest:
http://www.orangutantrop.com/research/researchsite/researchsite.html
Wolfgang Weitlaner

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