Bio allein reicht nicht!

„Bio allein reicht nicht!“

Traditionelle Bio-Bewegung am Wendepunkt – Neue Anforderungen an Erzeuger – Vielbeachteter DLG-Jungwinzer-Workshop zum Thema „Bio-Weinbau“

„Bio allein reicht nicht, die Qualität der Weine ist der entscheidende Erfolgsfaktor.“ Dies ist eines der zentralen Ergebnisse des Jungwinzer-Workshops der DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft), der Anfang Juli im Weingut Klumpp in Bruchsal stattfand. Rund 40 Nachwuchs-Winzer aus ganz Deutschland diskutierten mit Experten der Bio-Branche über Anbaumethoden, Perspektiven und Strategien in der Vermarktung von Bio-Weinen. In der Diskussion wurde deutlich, dass ökologische Produktionsmethoden vor allem als Möglichkeit gesehen werden, um bessere Weinqualitäten zu erzielen.

In den vergangenen fünf Jahren hat sich die Rebfläche, die biologisch bewirtschaftet wird, nahezu verdoppelt und liegt zurzeit bei rund 2.800 Hektar. Das Interesse und der Wille zur Umstellung auf die arbeitsintensiven Methoden des alternativen Weinbaus sind groß. Die traditionelle Bio-Bewegung ist dabei an einem Wendepunkt angelangt. Die erfolgreiche Marktentwicklung und das veränderte Konsumverhalten stellen neue Anforderungen an Bio-Erzeuger, so die einstimmige Aussage der Workshop-Teilnehmer. Um mit Bio erfolgreich zu sein, reicht es nicht mehr, sich auf die Kernaussage „unbelastete Nahrungsmittel“ zu stützen. „Spitzenqualität im Weinbau ist eng mit der biologischen Erzeugung verbunden. Bio muss deshalb in der Qualität einen Mehrwert für den Verbraucher bringen“, so Bio-Jungwinzer Markus Klumpp, vom gastgebenden Bruchsaler Weingut Klumpp.

Biowein – nichts für den schnellen Euro
Die Ansprüche der Verbraucher an Öko-Lebensmittel steigen in Bezug auf Qualität, Nachvollziehbarkeit der Herkunft und Transportwege. Auch Regionalität sowie ethische Werte, wie Sozialbedingungen und Klimaschutz, haben wachsende Bedeutung bei der Entscheidung für Bio-Produkte, so die Feststellung des bekannten Experten für Bio-Marketing, Prof. Dr. Ulrich Hamm, von der Universität Kassel-Witzenhausen. Die Ansprüche der Verbraucher differenzierten sich auch zunehmend in ein Hochpreissegment (z.B. regionale Spezialitäten) in Fachgeschäften, auf Wochenmärkten und im gut sortierten konventionellen LEH sowie in ein Niedrigpreissegment (Öko unabhängig von der Herkunft) in Discountern. Produkte aus Mittelpreislagen gerieten dabei in Bedrängnis. Der internationale Wettbewerb sei im Öko-Landbau grundsätzlich geringer als im konventionellen Landbau wegen der stärkeren Bindung deutscher Verbraucher an die regionale Herkunft, so Prof. Hamm. Angesichts knapper Flächen, hoher Umweltauflagen und hoher Lohnkosten sollten landwirtschaftliche Unternehmen in Deutschland jedoch versuchen, sich mit hochwertigen Qualitäten, kreativen Ideen und ausgefeilten Marketingkonzepten am Markt zu behaupten und nicht versuchen, in billige Massenprodukte zu investieren.

Prognose: Zahl der Öko-Winzer wächst in den nächsten drei Jahren stark

In den nächsten drei Jahren werden zahlreiche Winzer auf den ökologischen Anbau umstellen, so lautet die Prognose von José Serrano, Leiter Einkauf und Qualitätsmanagement von Peter Riegel Weinimport, Deutschlands führendem Händler für Bio-Weine. Auch für Serrano steht der Qualitätsaspekt dabei im Vordergrund: „Bio allein auf die Flasche zu schreiben, ist für den Markterfolg nicht ausreichend. Die Qualität muss auch stimmen. Sie muss mit der von konventionell hergestellten Weinen vergleichbar sein“, beschreibt José Serrano die Erwartungshaltung der Verbraucher. So seien bei „Bio“ die gleichen Regionen und die gleichen Rebsorten wie bei konventionellen Weinen im Trend. Auch bei Geschmackspräferenzen gäbe es keine Unterschiede: „Restzucker, wenig Alkohol, fruchtige Weine sowie Rosé sind die Themen, die beide Märkte beherrschen“, so Serrano. Der Unterschied zwischen „Bio“ oder „nicht Bio“ zeige sich auch nicht mehr in den Flaschenausstattungen.

Durch Neuzüchtungen in 20 Jahren Verzicht auf Rebschutz

Welche Rebsorten für den ökologischen Anbau besonders geeignet sind, stellte Dr. Rudolf Eibach (IRZ-Institut für Rebenzüchtung Geilweilerhof, Siebeldingen/Pfalz) in den Mittelpunkt seines Beitrags. Nach Einschätzung des erfahrenen Rebzüchters könnte es durch innovative Züchtungen möglich sein, in 20 Jahren auf Rebschutz vor allem gegenüber den gefürchteten Mehltaukrankheiten fast vollkommen zu verzichten. Die Rebsorte Regent leistete hierbei Pionierarbeit. Mit ihr ist es gelungen, einerseits den Pflanzenschutz deutlich zu reduzieren und gleichzeitig erstmals überzeugende Weinqualität zu erreichen. Zusätzlich bietet das Geschmacksbild eine ideale Ergänzung der modernen Weintrends. Die nächste Generation neuer weißer und roter pilzwiderstandsfähiger Sorten ist zurzeit in der Anbauprüfung. Neuste Methoden mit sogenannten molekularen Markern zur Frühdiagnose wichtiger weinbaulicher Eigenschaften lassen erwarten, dass zukünftig die langwierige Züchtung deutlich verkürzt werden kann.

Erfolgreiche Praxisbeispiele

Erfolgreiche Praxisbeispiele aus dem ökologischen Weinbau präsentierten Johannes Lorenz vom Weingut Lorenz in Friesenheim (Rheinhessen) sowie die beiden DLG-Jungwinzer Timo Dienhart (Weingut Römerkelter, Maring-Noviand/Mosel und Vorstandssprecher des ECOVIN Bundesverbandes Ökologischer Weinbau) und Markus Klumpp (Weingut Klumpp, Bruchsal/Baden), der sein Öko-Weingut im Rahmen einer Betriebsbesichtigung vorstellte. „Bei der Produktion nach ökologischen Richtlinien ist es wichtig, das Ganze zu sehen und die Zusammenhänge zu nutzen. Letztlich sind viele bisher als notwendig erachteten Maßnahmen und Behandlungsstoffe im Weinbau und in der Oenologie nicht mehr notwendig. Darüber hinaus kommt das Terroir durch die biologische Bewirtschaftung viel besser zur Geltung“, so die Erfahrungen von Timo Dienhart.

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