Nahrungsmittelpreise und Weltbevölkerung
Komplexe Ursachen erfordern vernetzte Lösungen
Wer heute die Medien studiert, wird feststellen, dass es derzeit zwei Themen gibt, die sehr hoch auf der Agenda der Politik stehen: Klimawandel und steigende Nahrungsmittelpreise. Dazu kommt noch die Diskussion um Biodiversität, die anlässlich der internationalen UN-Konferenz in Bonn kurzfristig in den Mittelpunkt vieler Foren und Plattformen gerückt war. Zu Recht werden alle diese Themen derzeit mit Hochdruck bearbeitet, denn es sind Faktoren, die unsere Existenz betreffen. Doch folgt man den derzeitigen Diskussionen und Beiträgen im Detail, fällt auf, dass ein Thema oftmals nur am Rande behandelt wird, obwohl es umfängliche Auswirkungen mit sich bringt: das Wachstum der Weltbevölkerung. Am 11. Juli 2008, am „Tag der Weltbevölkerung“ gab die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung bekannt, dass in etwa vier Jahren die Sieben-Milliarden-Marke überschritten werden wird. Derzeit leben auf unserer Erde 6,7 Milliarden Menschen. Nach Angaben des Agrarhandelsexperten Thomas Michel von der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) in Eschborn steigert das globale Bevölkerungswachstum die Lebensmittelnachfrage alleine um zwei Prozent, berichtete die „Rhein-Zeitung“. Daneben tragen das zunehmende Wohlstandswachstum in den Schwellenländern Indien und China sowie Naturkatastrophen, Marktregulierungen und Spekulationen zum rapiden Anstieg der Nahrungsmittelpreise bei. Die Einflussfaktoren auf Nahrungsmittelpreise, Klimawandel und die Abnahme von Biodiversität sind eng miteinander vernetzt. Die Agrarproduktion hat einen Einfluss auf den Klimawandel und umgekehrt führt der Klimawandel vielerorts zu verminderten Ernten durch Dürre oder Überflutungen. Die steigende Weltbevölkerung hat nicht nur Auswirkungen auf die Nahrungsmittelpreise durch die erhöhte Nachfrage, sondern auch Folgen für den Artenschutz: In der Milch- und Fleischerzeugung werden in Entwicklungs- und Schwellenländern beispielsweise alte Landrassen zunehmend von leistungsfähigeren Kreuzungsszüchtungen verdrängt. Auf Wäldern und Naturschutzgebieten lastet der Druck der Flächenausdehnung für Nahrungsmittelerzeugung und Siedlung. Gab es 1975 weltweit nur fünf Städte mit mehr als zehn Millionen Einwohnern, werden es 2015 schon 26 sein. Vernetzte Probleme erfordern deshalb auch vernetzte Lösungen: Die faire Einbindung der Entwicklungsländer in den Weltmarkt muss einhergehen mit der Förderung von kleinbäuerlichen Strukturen und Märkten in Entwicklungsländern. Daneben ist es ebenso wichtig auf soziale Sicherung, Bildung und die insgesamte Verbesserung der Lebenssituation zu setzen. Gleichzeitig müssen höhere Erträge auf den vorhandenen landwirtschaftlichen Nutzflächen erzielt werden, um den weiteren Verbrauch von Waldflächen zu bremsen. Dann werden auch Klima und Artenvielfalt eine echte Chance bekommen, sich zu stabilisieren und den Menschen eine langfristige, nachhaltige Lebensgrundlage zu sichern.
aid, Friederike Eversheim