Seehofer und Sonnleitner betonen Bedeutung einer starken Landwirtschaft für die Nahrungsmittelversorgung weltweit
„Wir brauchen eine starke Landwirtschaft in den Industrienationen, um für Stabilität auf dem Weltmarkt zu sorgen. Man stärkt nicht die Schwachen, indem man die Starken schwächt,“ erklärte Horst Seehofer, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, heute in Berlin auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Gerd Sonnleitner, Präsident des Deutschen Bauernverbandes. „Die wichtigste Aufgabe der Landwirtschaft wird auch künftig die Lebensmittelerzeugung bleiben,“ sagte Sonnleitner und ergänzte: „Die größte Sicherheit für eine verlässliche Lebensmittelversorgung sind angemessene und motivierende Erzeugerpreise für die Landwirte.“
Beide äußerten Übereinstimmung darüber, dass der Einfluss der Bioenergie auf die Nahrungsmittelpreise überschätzt werde. Nachwachsende Rohstoffe, insbesondere die Bioenergie, seien nicht das Grundübel für den Anstieg der Lebensmittelpreise. Die Gründe lägen vielmehr in einem Anstieg der Weltbevölkerung, in der steigenden qualitativen Nachfrage nach Lebensmitteln sowie den weltweit ungenutzten Agrarflächen. „Auch ohne Biosprit gäbe es Hunger,“ so Seehofer. „Es hilft uns daher nicht, auf die Vorteile von Biosprit zu verzichten. Biosprit hilft das Klima zu schützen, macht unabhängig von Erdöl und Erdgas und schafft weltweit Einkommensquellen für Landwirte – auch für arme Bauern in Entwicklungsländern.“
In der aktuellen Debatte werde die Rolle der Bioenergie für die Nahrungsmittelpreise überschätzt, waren sich beide einig. So seien 2007 weltweit nur sieben Prozent des Pflanzenölverbrauches von 127 Millionen Tonnen und 3,5 Prozent des Getreideverbrauches von 2,1 Milliarden Tonnen für die Bioenergie eingesetzt worden. „Deshalb sind unsere Landwirte über die heftige Debatte über die Bioenergie sehr verwundert,“ stellte der DBV-Präsident fest. Er erinnerte in diesem Zusammenhang an die geradezu euphorische Klimadebatte im vergangenen Jahr in Deutschland, mit immer höher geschraubten politischen Zielsetzungen zur CO2-Minderung und zum Einsatz von erneuerbarer Energie. Der DBV habe hier immer einen soliden und verlässlichen Weg angemahnt. „Wir können mit einer klimafreundlichen Pflanzenproduktion einen begrenzten, aber wichtigen Beitrag zur Biogasproduktion, zum Wärmemarkt und zur Kraftstoffproduktion leisten,“ stellte Sonnleitner fest. Benötigt würde weiterer technischer Fortschritt gerade auch bei der Bioenergie. Er sagte zu, in Zukunft die Energie- und Rohstoffproduktion konsequent hinter die Nahrungsmittelerzeugung zu schalten.
„Bioenergie sollte nicht zum Grundübel für steigende Lebensmittelpreise erklärt werden,“ so Seehofer. Die Ursachen seien vielmehr sehr vielfältiger Art. So nehme die Weltbevölkerung um rund 80 Millionen Menschen pro Jahr zu. Außerdem verändere steigendes Einkommen zum Beispiel in Schwellenländern das Nachfrageverhalten nach Lebensmitteln. Und schließlich seien weltweit viele landwirtschaftliche Nutzflächen nicht bewirtschaftet aufgrund von mangelndem Kapital, Krieg und Vertreibung oder weil sich bei den bisherigen Preisen die Bewirtschaftung nicht gelohnt habe. Seehofer: “In Deutschland ist das wirkliche Konkurrenzproblem nicht die Bioenergie, sondern die Tatsache, dass wir pro Tag 113 Hektar wertvolle Flächen für Städtebau, Straßenbau und andere Infrastrukturmaßnahmen verlieren. Da brauchen wir ein Umdenken.“
Beide verwiesen darauf, dass für eine zukunftsfähige Entwicklung der Landwirtschaft weltweit die Armutsbekämpfung eine Schlüsselrolle einnehme. „Armut kann nur durch eine nachhaltige Strukturpolitik und Landwirtschaft vor Ort bekämpft werden. Wir brauchen neue Ansätze, die es erlauben, die bisherige Förderung der ländlichen Entwicklung und der Landwirtschaft in den Entwicklungsländern deutlich zu verbessern. Wer Hunger bekämpfen will, muss Armut bekämpfen,“ erklärte Seehofer. Sonnleitner ergänzte: „Höhere Preise sind ein Hoffnungssignal für die Landwirtschaft und die Lebensmittelversorgung vor allem auch in den Entwicklungsländern. Die Lösung hierfür lautet „Good Governance“. Das Recht auf Eigentum sowie Zugang zu Märkten und Produktionsmitteln, eine Verwaltung ohne Korruption, ein funktionierendes Bankenwesen und leistungsfähige Infrastrukturen sind hierfür die Voraussetzungen. Eine funktionierende Landwirtschaft ist der Grundstein für Entwicklung und Wohlstand eines Landes.“