BfR empfiehlt stattdessen einheitliche Nährwertkennzeichnung
Diabetikern wurde lange eine strenge Diät mit dem Verbot von Zucker und dem genauen Abzählen von Broteinheiten (BE) verordnet. Um Diabetikern das Einhalten ihrer Diätvorschriften zu erleichtern, entwickelte die Industrie spezielle Diabetiker-Lebensmittel. Sie enthalten Zuckeraustauschstoffe wie zum Beispiel Fructose. Neuere wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen jedoch: Ein Zuckerverbot ist bei Diabetes nicht notwendig. Vielmehr sollten sich Diabetiker bei ihrer Ernährung an den Empfehlungen orientieren, die auch für die Allgemeinbevölkerung gelten. Vor allem der tägliche Verzehr von Obst und Gemüse ist wichtig, weil diese Lebensmittel nicht nur antioxidativ wirkende Substanzen enthalten, sondern auch viele Ballaststoffe. Spezielle Diabetiker-Lebensmittel sind dagegen nicht erforderlich. Damit erübrigen sich aus Sicht des Bundesinstituts für Risikobewertung besondere Vorschriften für Diabetiker-Lebensmittel. „Vielmehr sollte eine einheitliche und erweiterte Nährwertkennzeichnung auf verpackten Lebensmitteln Diabetikern die Auswahl erleichtern“, sagt Professor Dr. Dr. Andreas Hensel, Präsident des BfR. Eine solche Kennzeichnung käme auch allen anderen Verbrauchern zugute.
Diabetes mellitus ist eine Stoffwechselkrankheit: Der Körper produziert entweder kein Insulin mehr (Typ 1) oder die Zellen können es nicht mehr aufnehmen (Typ 2). Beide Varianten bewirken, dass der mit der Nahrung aufgenommene Zucker nicht ins Zellinnere gelangt und folglich auch nicht als Energielieferant oder Energiespeicher wirken kann. Der aufgenommene Zucker wird stattdessen im Blut angereichert, der Blutzuckerspiegel steigt, und der Zucker wird ungenutzt mit dem Urin ausgeschieden.
Diabetikern wurde daher lange empfohlen, Zucker in der Nahrung streng zu kontrollieren oder auf Lebensmittel mit Zuckeraustauschstoffen, zum Beispiel Fructose, zurückzugreifen. Neuere Studien zeigen, dass solche Diäten nicht erforderlich sind. Da Diabetes keine reine „Zuckerkrankheit“ ist, sondern auch mit Störungen des Protein- und Fettstoffwechsels einhergeht, benötigen Diabetiker vielmehr individuelle Ernährungspläne. Neben normalen Blutzuckerwerten sind optimierte Blutfettwerte, normaler Blutdruck und normales Körpergewicht Ziele der Diabetes-Therapie. Diese lassen sich vor allem durch eine ballaststoff- und vitaminreiche Ernährung erreichen. Obst, Gemüse und Salat sowie Hülsenfrüchte und Vollkornprodukte sollten täglich auf dem Diabetiker-Speiseplan stehen, fette Wurst- und Käsesorten dagegen ebenso wenig wie Schokolade, Kuchen und Kartoffelchips. Diabetiker sollten fettarme Milchprodukte bevorzugen und zum Kochen Öle statt Butter verwenden. Ihre Nahrung sollte nicht zu viel Kochsalz enthalten, Alkohol sollten sie nur maßvoll konsumieren, zum Beispiel bis zu ein bis zwei Gläser Wein am Tag. Spezielle, „für Diabetiker geeignete“ und als solche gekennzeichnete Lebensmittel sind dagegen entbehrlich. Dies gilt umso mehr, als die Kennzeichnung ihren Zweck nicht erfüllt: Es gibt eine Vielzahl anderer Lebensmittel, die für Diabetiker geeignet, als solche aber nicht gekennzeichnet sind.
Wie alle anderen Verbraucher auch würden Diabetiker von einer erweiterten, einheitlichen Nährwertkennzeichnung profitieren, wie sie derzeit auf europäischer Ebene diskutiert wird. Leicht verständliche Angaben nicht nur zu Brennwert, Eiweiß, Kohlenhydraten und Fett, sondern auch zu Gesamtzucker, gesättigten Fettsäuren, Ballaststoffen und Natrium oder Kochsalz auf verpackten Lebensmitteln würden die Auswahl geeigneter Produkte erleichtern.