Wähle deinen Freund nach dem Geschmack seines Essens

In der Türkei isst niemand gern alleine – „Melting Pot“ verantwortlich für einzigartige Koch- und Esskultur

„Wähle deinen Freund nach dem Geschmack
seines Essens“ – anhand dieses türkischen Sprichwortes ist deutlich zu
erkennen, welch wichtigen Stellenwert das Essen in der Türkei einnimmt.
Es stellt fast schon ein im Alltag verankertes Ritual dar. So ist es
beispielsweise beinahe unvorstellbar, alleine oder „schnell“ seinen
Hunger zu stillen. Denn das gemeinsame Genießen der kulinarischen
Köstlichkeiten mit Freunden, Verwandten oder aber die Verpflegung
überraschend eingetroffener Gäste bestimmen bis heute die
Ernährungsgewohnheiten und zeigen auch die ungebrochene türkische
Gastfreundschaft im Land am Bosporus.

Gegessen wird in der Regel drei Mal am Tag, wobei das Essen im Sitzen
eingenommen wird. Dabei ist das Abendessen wohl das wichtigste Mahl,
denn die ganze Familie kommt zusammen, um die Ereignisse des Tages zu
besprechen. Oft werden Freunde oder Verwandte geladen und das Motto
dabei ist, gut und reichlich zu servieren. Nur bei zwei Gelegenheiten
gibt es keinen Gastgeber im eigentlichen Sinn: wenn zusammen die
Wintervorräte zubereitet werden und bei gemeinsamen Ausflügen oder
Picknicks.

Kulinarisch „On top“
Die türkische Küche ist eine der größten und umfangreichsten der Welt
und liegt in puncto Vielfalt im internationalen Vergleich neben der
chinesischen sowie der französischen unter den Top drei. Das Geheimnis:
eine große Auswahl an frischem Obst und Gemüse, ein reichhaltiges
Angebot an Fleisch und Fisch und eine Palette an Gewürzen, die
verschiedenen Speisen ihre eigene Note verleihen. Auch die Atmosphäre
während einer Mahlzeit ist eine nahezu feierliche und die besondere Art
der Gestaltung macht die türkische Küche einzigartig. Die Esskultur im
Land am Bosporus kann durchaus als „Melting Pot“ verschiedenster
Kulturen bezeichnet werden.

Wichtigste Zutat: Vielfalt
Jahrhunderte lang haben verschiedene Einflüsse die türkische Küche
geformt. Drei Elemente sind deutlich erkennbar: ein kreatives Umfeld,
ein vielseitiges Nahrungsmittelangebot aufgrund der geographischen Lage
und die Verschmelzung der eigenen Traditionen mit anderen Kulturen bzw.
das Erbe verschiedener königlicher Küchen. Zusätzlich bestimmen die
reiche Fauna und Flora maßgeblich die wichtigsten Zutaten der nationalen
und regionalen Spezialitäten. Die türkische Landschaft ist geprägt von
vielen geographischen Zonen und das spiegelt sich auch in der Küche
wider. Neben trockenen Steppen in Anatolien finden sich im Westen warme
fruchtbare Berghänge oder an der Schwarzmeerküste ein relativ mildes
Klima. Im Gegensatz zum Südosten mit wüstenähnlichen Gebieten ist die
Marmara-Region in der gemäßigten Zone wohl am fruchtbarsten. Der Lage
der Türkei ist auch der Reichtum an Fisch- und Meeresfrüchten zu
verdanken, die immer wieder wichtige Bestandteile von Rezepten sind. Wie
im gesamten islamischen Raum gelten auch im Land am Bosporus für die
muslimische Bevölkerung zahlreiche religiöse Speisevorschriften. So wird
kein Schweinefleisch gegessen, dafür kommen aber Spezialitäten vom Rind,
Lamm und Geflügel zum Zug.

Zentralasiatische Periode und die Seldschuken-Herrscher
Schon seit frühester Zeit spielen Bräuche und Traditionen in der Türkei
eine wichtige Rolle und beeinflussen bis heute die Kultur und somit auch
die Kulinarik. Aus Aufzeichnungen geht hervor, dass sich in der Zeit der
Zentralasiatischen Periode, in den Jahren vor 1038, Menschen im Land am
Bosporus vor allem von Milchprodukten, ungesäuerten Backwaren und
Fleisch ernährt haben. Bis heute haben einige dieser Nahrungsmittel
überlebt. Aus der Periode der Seldschuken-Herrscher (von 1038 bis 1299)
datieren die ersten Erzählungen über Rezepte und beginnenden Kochkünste,
v.a. die Verwendung von Grillrosten, Spießen und irdenen Kochgefäßen
wird immer wieder beschrieben. Gegartes Gemüse, gegrilltes Fleisch
wurden damals schon durch spezielle Gewürze verfeinert.

Osmanische Periode
Die Ausbreitung des osmanischen Reiches prägte die türkische Küche
besonders stark. Die Spannweite reichte von Mittelasien nach Marokko,
vom Jemen bis fast nach Wien. Von Reisen und Kriegszügen wurden
unbekannte Zutaten und exotische Gewürze mitgebracht, die die damalige
Küche verfeinerten und bis heute beeinflussen. Neben der einfachen Küche
der Bauern und Hirten entwickelte sich die Kochkunst des Sultanserails.
Eine Herrschaar an Palastköchen bewirtete Herrscher und Würdenträger mit
ausgefallen, neuen Gerichten. Für jede Speise gab es eigene
Spezialisten, etwa für Suppen, Gemüse, Fisch, Brot, uvm. Von den
Palästen fanden die Rezepte ihren Weg ins ganze Land und gelangten sogar
bis nach Russland und Nordafrika. Vor allem Istanbul galt als
Mittelpunkt des Geschehens. Das pulsierende Stadtleben und die Gründung
von Kochzünften und Gilden, die zum Wissensaustausch beitrugen und die
Verbesserung von Rezepten förderten, beeinflussten maßgeblich die
Esskultur der Türkei.

Schnittpunkt Europa und Asien
Neben einer komplexen sozialen Organisation prägte aber auch die
Kontrolle der Gewürzstraße das soziale und kulinarische Leben. Damit
verbunden spielt die privilegierte Stellung der Türkei am Schnittpunkt
zwischen dem Fernen Osten und Europa eine wichtige Rolle. Durch die
Wanderungen der Türken von China bis zum Mittelmeer verdankt die
türkische Küche ihre Vielfalt und ihren Reichtum an Spezialitäten.

Rezeptvorschlag
Schwarzmeersardinen „Hamsi“ auf Gartenlattich (Sommerendivie)
Zutaten für 4 Personen
1000 g Sardinen, frisch (Sprottengröße)
2 Köpfe Salat (Gartenlattich – gibt es bei jedem türkischen
Gemüsehändler)
75 g Maismehl, mittelfein (alternativ normales Weizenmehl)
Öl zum Frittieren (z.B. Maisöl)
1 Prise Salz
1 TL Pfeffer, rot, geschrotet (im türkischen Laden = Pul Biber)
4 Frühlingszwiebel(n), frisch, grün (alternativ Schalotten)
1 Bund Dill
3 EL Olivenöl
1 Zitrone(n)

Zubereitung
Sardinen ausnehmen, auseinander falten und immer zwei Stück so
zusammenlegen, dass nur Außenseiten zu sehen sind. Das sieht nicht nur
besser und appetitlicher aus, sondern beim frittieren bleibt das Innere
schön weiß, während es außen knusprig braun wird. Die auf diese Art
filettierten Fische werden vorsichtig im Mais (oder Weizen-Mehl) mit
etwas Salz und rotem scharfen Pfeffer gewälzt und dann in der
Frittierpfanne (z. B. in einem Wok) für 3 – 4 Minuten gebräunt. Aus dem
Gartenlattich wird ein ganz normaler Salat angerichtet, zusammen mit
Zitrone, Salz, Frühlingszwiebeln, Dill, Schalotten und Olivenöl.
Afiyet
Olsun (Guten Appetit)!

http://www.turkinfo.at

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