Kindersnacks mit wertvollen Extras sind nur ein Werbegag

Die meisten wertvollen Kinderlebensmittel sind Süßigkeiten, gesundes Naschen gibt es nur in der Werbung. Das ist das ernüchternde Ergebnis einer aktuellen AK Studie, in der 57 Kinderlebensmittel ernährungswissenschaftlich bewertet wurden.

„Kinderlebensmittel sind nicht die tollen Ernährungshits für Kids und nicht besser als normale Lebensmittel“, entzaubert AK Konsumentenschützer Harald Glatz. Sie liefern zu viel schlechte und zu wenig gute Kohlenhydrate und sind teilweise auch zu fett.
90 Prozent der untersuchten Kindersnacks sind nicht oder nur eingeschränkt empfehlenswert. Vitaminanreicherungen erfolgen willkürlich und liefern das, wovon unsere Kinder ohnedies genug haben – sämtliche B-Vitamine und Vitamin C. Bei vielen süßen Snacks wird mit Milch geworben, aber es ist bestenfalls ein Esslöffel Vollmilch drinnen. Unzureichende Nährwertkennzeichnung erschwert den Eltern einen klaren Blick auf den wahren Wert der Produkte. Bei vier Produkten sind in der Nährwertkennzeichnung sogar falsche Angaben vorhanden. Der Zuckergehalt ist nur bei jedem fünften Produkt genau angegeben.

„Sie tun Ihrem Kind etwas Gutes, wenn Sie auf eine ausgewogene, vielseitige Kost setzen“, sagt Glatz. Süßigkeiten sind okay, sollen aber nicht ernährungsbestimmend sein.

Anlässlich der erschreckenden Ergebnisse fordert die AK mehr Schutz für die Eltern und ihre Kinder – bei den Kindersnacks sind gesetzliche Regeln nötig, auch auf EU-Ebene:
+ eine realistische Werbung: gesundheitsbezogene Werbung für zu fette, süße und salzige Produkte muss EU-weit verboten werden
+ spezielle Regeln für Kinderlebensmittel und –werbung: Es müssen z.B. Angaben wie „fettfrei“ oder „light“ verboten werden
+ bessere Qualität – Zucker, Salz, Fett reduzieren, mehr gute Kohlenhydrate und Ballaststoffe, weniger oder unbedenkliche Zusatzstoffe
+ mehr und unabhängige Ernährungsaufklärung und –bildung.

Kinderlebensmittel am Prüfstand

Die AK hat 57 Kinderlebensmittel untersucht – 34 Snacks zum Abbeißen, davon vier pikante Snacks, 14 Snacks zum Löffeln und neun Zwischendurch-Goodis wie Zuckerl, Schlecker, Fruchtgummis.
Es wurden jene Lebensmittel ausgesucht, die sich auf Grund ihrer Namen, Verpackung und Aufmachung oder Werbung eindeutig an Kinder richten. Eingekauft wurde laufend von August bis November 2005 in Wiener Supermärkten Billa, Spar, Merkur, Interspar, Zielpunkt.

Die AK hat die Produkte auf Grund ihrer Zusammensetzung und – wo vorhanden – der Nährwertkennzeichnung ernährungswissenschaftlich bewertet und die Werbeaussagen kritisch analysiert.
Eingekauft haben die AK Tester z.B. Snacks zum Abbeißen: viele Vertreter der Marke „Kinder von Ferrero wie die Milch-Schnitte oder den Pinguin, Leibniz Löwen Snack von Bahlsen, Alete Bären Taler von Nestle, Milka Milkinis von Kraft Foods, Schulmaus von Ölz, aber auch weniger bekannte Marken wie Tabaluga Croissant von Chipita oder Surfy von Solo Italia.
Snacks zum Löffeln: Fruchtzwerge Duo von Danone, Frosties Crrrunchy Choco Vanille-Joghurt von Kelloggs, Monte von Zott, Joghurt & Smarties von Nestle, Happy Yoghurt mit M&M’s von Rhöngold, Clever Frucht Minis, Monsterbacke von Ehrmann, Götterspeise von Dr. Ötker, Alete Früchtchen Gartenfrüchte von Nestle oder Hipp Fruchtpause.
Zuckerl, Fruchtgummis: Cremosa by Chupa Chups, Sportgummi active oder Hustinetten Wild Berries von A. Egger’s Sohn, Gripsis von Kaiser oder Fruchttiger von Ragolds.

AK Test aus dem Jahr 2000: Kindersnacks mit hohem Fett- und Zuckergehalt

Die AK hat bereits im Jahr 2000 30 Kinderlebensmittel untersucht. Das Ergebnis: Die Kindersnacks sind zu süß und überwiegend auch zu Fett, um als besonders „wertvoll“ zu gelten. Bei den Produkten handelte es sich durchwegs um Süßigkeiten, die nicht allzu häufig gegessen werden sollen. Das Angebot hat seit damals zugenommen. Mittlerweile gibt es gut 300 Kinderlebensmittel in den österreichischen Supermarktregalen.

Süß, unausgewogen, subtil beworben

Die AK Studie zeigt: Die süßen Snacks zum Abbeißen sind zu 100 Prozent Süßigkeiten, bei den pikanten Snacks zum Abbeißen besteht kein Unterschied zu herkömmlichen Vergleichsprodukten. Die Löffelsnacks sind zu 100 Prozent süßer als normales Joghurt und teilweise auch fetter. Die Zwischendurch-Goodies sind zu 100 Prozent Zuckerwaren.

+ Die meisten Kinderlebensmittel (90 Prozent) sind nicht oder nur eingeschränkt empfehlenswert. Werden sie regelmäßig in den Speiseplan eingebaut, wird dadurch eine ausgewogene gesunde Ernährung erschwert und die Entwicklung von Übergewicht und Karies begünstigt.

Einige Beispiele: Eine Portion Monte liefert bereits ein Viertel des am Tag erlaubten Zuckers, eine Portion Joghurt & Smarties bereits mehr als die Hälfte. Das muss berücksichtigt werden, damit man das Zuckerkonto nicht – regelmäßig – überzieht.

+ Bloß drei (fünf Prozent) Produkte können mit gutem Gewissen empfohlen werden: Alete Früchtchen Gartenfrüchte von Nestle, Frucht-Pause Birne Apfel von Hipp, Frucht Erlebnis Marille-Erdbeere in Apfel von Milupa.

+ Die meisten Produkte sind zu süß, um als besonders wertvoll gelten zu können. Außer bei den pikanten Snacks handelt es sich fast durchwegs um Süßigkeiten.

+ Die süßen und pikanten Snacks sind teilweise auch zu fett, ebenso einige der Milchprodukte. Vor allem die Snacks Schoko & Milch sowie Prinzen Taler von De Beukelaer, Milka Milkinis von Kraft und Tabaluga Croissant von Chipita sind zu üppig als Zwischenmahlzeit, besonders bei jüngeren Volkschulkindern.

+ Die Zugabe der Vitamine erfolgt willkürlich und wird scheinbar „blind“ verabreicht. So wird z.B. mit Slogans wie „mit Vitamin C“ oder „5 wichtige Vitamine“ geworben, zugesetzt sind dann meist Vitamin C und mehrere B-Vitamine. Das sind aber genau jene, von denen Kinder ohnedies genug haben. Vitamine sind somit nicht mehr als ein Verkaufsargument. Denn Kinder sind nur mit Folsäure und Vitamin D schlecht versorgt.
Ein Beispiel: Gripsis wirbt mit Wickie und für schlaue Köpfchen und weist auf die enthaltene Kidaktivkapsel hin, die Traubenzucker, B-Vitamine, Folsäure und Vitamin C enthält. Eine Portion Gripsis liefert einem Volksschüler an die 150 Prozent seines Bedarfes von Vitamin B1, B2, B12 und Niacin, 120 Prozent seines Bedarfes an Pantothensäure und sogar 300 Prozent seines Bedarfs an Vitamin C. Einen Mangel an diesen Vitaminen hat ein Schulkind aber nicht. Ganz im Gegenteil: Mit den genannten Vitaminen sind Schulkinder ausreichend versorgt, bei Vitamin B12 sogar überversorgt. Dass die Gripsis dann auch noch 70 Prozent des Bedarfs an Folsäure liefern ist zwar erfreulich, aber die sechs Würfelzucker, die man so aufnimmt, trüben die Freude wieder.

+ Jedes dritte Produkt hat keine Nährwertkennzeichnung und verschweigt somit wie viele Kilocalorien, Fett und Zucker im Produkt enthalten sind. Bei der Mehrheit der Produkte erfährt der Konsument zumindest den Kilocalorien- und Fettgehalt, weil hier die „großen Vier“ (Kilocalorien, Fett, Eiweiß, Kohlenhydrate) angegeben werden. Der Zuckerwert kann nur abgeschätzt werden, was unbefriedigend ist, da es nicht leicht erkennbar ist, dass es sich um Süßigkeiten handelt. Lediglich bei knapp einem Fünftel kann man mit den Nährwertangaben wirklich zufrieden sein, weil alle nötigen Informationen korrekt gegeben werden.

Bei vier Produkten (sieben Prozent) sind falsche Nährwertangaben abgedruckt (Rechen- oder Kommafehler). So wird z.B. beim Tweety Lollypop angegeben, dass das Produkt nur 0,41 Kcal hätte, tatsächlich hat es aber 410.

+ Gut ein Drittel enthält bedenkliche Zusatzstoffe, z.B. die Azofarbstoffe Allurarot oder Gelborange, die Allergien auslösen können. Allurarot wird zusätzlich noch nachgesagt, dass es Hyperaktivität bei Kindern bedingen kann, genauso wie die in zahlreichen Produkten vorkommenden Polyphosphate.

+ Mit Milch wird am liebsten geworben – fast zwei Drittel aller Kinderlebensmittel tragen einen Hinweis auf Milch oder Bilder von Milch. Viele enthalten aber gar keine frische Vollmilch.
Das wertvolle an Milch ist wohl Calcium. Ein neunjähriges Schulkind müsste 16 Milchschnitten essen, um seinen Calciumbedarf zu decken und würde gleichzeitig damit etwa 35 Stück Würfelzucker und ein halbes Packerl Butter aufnehmen!

So „ideal für Zwischendurch“ sind Kinderlebensmittel nicht
Eltern wollen ja bekanntlich das Beste für ihr Kind. Verunsichert von Lebensmittelksandalen oder regelmäßigen Geschichten vom angeblichen Vitaminmangel, glauben viele daher, dass spezielle Kinderlebensmittel die Lösung sind. So wird die Angebotspalette immer breiter, obwohl es keine wissenschaftliche Grundlage gibt, dass Kinder besondere Lebensmittel brauchen. „Kinder brauchen keine Extrawurst, sie müssen nicht anders essen und brauchen keine anderen Lebensmittel als Erwachsene, nur ihrem Alter entsprechend weniger“, betont Glatz.

Im Großen und Ganzen sind Österreichs Kinder ausreichend ernährt. Gute zehn Prozent sind sogar überernährt, weitere drei bis sechs Prozent gelten als fettleibig, Tendenz steigend. Schon Volkschulkinder essen zu viel Fett – 36 statt der empfohlenen 30 Prozent – und dabei auch noch das falsche Fett, zu viel tierische Fette, zu viel gesättigte Fettsäuren, zu wenig Fisch. Auch bei den Kohlenhydraten kommen komplexe Kohlenhydrate wie Nudeln, Reis, Vollkornprodukte zu kurz, während übermäßig viel Zucker gegessen wird, 15 Prozent statt der empfohlenen maximal zehn Prozent.

Mehr Sicherheit für Eltern bei Kinderlebensmitteln

„Eltern und ihre Kinder brauchen mehr Schutz“, sagt Glatz. Daher sind bei den Kinderlebensmitteln Regeln auf nationaler und EU-Ebene nötig:
Werbung beschränken

+ Nährwert- und gesundheitsbezogene Werbung für zu fette, süße und salzige Produkte muss EU-weit verboten werden. Es gibt bereits einen Vorschlag der EU-Kommission, die Claims-Verordnung, die das was und wie vorgibt, wenn es um die Auslobung von Nährwerten oder um gesundheitlich positive Eigenschaften eines Nährstoffs geht. Die vorgesehenen Nährwertprofile müssen kommen, und das rasch.

+ Angaben, die sich nicht auf einen bestimmten Nährstoff, sondern auf eine gesunde Zutat beziehen, müssen auch geregelt werden – das ist in der Claims-Verordnung nicht erfasst.

Regeln für Kinderlebensmittel und Kinderwerbung
+ Eine rechtlich verbindliche Definition von Kinderlebensmitteln ist nötig.

+ Angaben wie „fettfrei“, „light“ müssen für Kinderprodukte verboten werden.

Verbesserung des Vollzugs bei irreführender Werbung
+ Beweislastumkehr ist nötig (generell in der Gesundheitswerbung). Firmen, die Gesundheitsangaben verwenden, sollten deren Richtigkeit beweisen müssen. Derzeit ist es umgekehrt. Irreführende Werbung ist zwar verboten, die Irreführung ist aber zu beweisen.

Bessere Informationen
+ Bei allen Kinderprodukten müssen die Nährwerte angegeben werden, und zwar die „großen Acht“ (Kcal, Eiweiß, Kohlenhydrate, Zucker, Fett, gesättigte Fettsäuren, Ballaststoffe, Natrium). Nährwert- inklusive Vitaminangaben müssen pro 100 Gramm und je Portion angeschrieben werden.

Strengere Regeln für Fernsehwerbung
Fernseh- und Internetwerbung, die sich an Kinder richtet, muss strenger geregelt werden als Werbung für Erwachsene. Denn Kinder sind erst ab etwa zehn Jahren in der Lage, Werbung und Information zu unterscheiden. Hier sollte es jedenfalls gesetzliche Einschränkungen hinsichtlich Süßigkeiten und zu fetter Snacks (auch Fast Food Produkte) geben. Ein „Code of Conduct“ ist zu wenig. In der geplanten neuen EU-TV-Richtlinie müssen solche Einschränkungen vorkommen.

Bessere Qualität der Produkte
Sollen Lebensmittel speziell für Kinder vermarktet werden, muss auch die Qualität stimmen. Die Zusammensetzung muss sich stärker an den Empfehlungen für Kinder oder bekannten Ernährungsdefiziten von Kindern orientieren. Für Produktentwickler bedeutet das: Reduzierung der Zucker-, Fett- und Salzgehalte, mehr komplexe Kohlenhydrate, mehr Ballaststoffe, schonende Verarbeitungsweisen, weniger Zusatzstoffe.

Unabhängige Ernährungsaufklärung und Ernährungsbildung
+ Neben den meist einseitigen Informationen der Lebensmittelindustrie sollten mehr unabhängige Ernährungsinformationen als Gegengewicht vorhanden sein und Eltern, Ärzten und Pädagogen zur Verfügung stehen.
+ Ernährungsbildung in Schulen muss als eine (von mehreren) wesentliche Säulen der Gesundheitserziehung etabliert werden.
+ Informationskampagnen zur Aufklärung, dass Kinderlebensmittel keine besondere Lebensmittelkategorie und in vielen Fällen auch nicht „besonders wertvoll“ sind.

Tipps der AK Konsumentenschützer für Eltern und ihre Kinder
+ Wenn Sie Ihrem Kind hin und wieder Süßigkeiten geben, ist das in Ordnung.
+ „Mit Milch“ bei Snacks heißt noch lange nicht, dass es sich um Vollmilch handelt und selbst wenn, ist die Menge vernachlässigbar. Ein Glas Magermilch oder Joghurt bringt mehr, Milchschnitten und Co sind kein Ersatz dafür.
+ Honig, Traubenzucker oder Fruchtzucker sind um nichts besser als Haushalts- oder Kristallzucker.
+ Kinder brauchen viel Flüssigkeit – ideal ist Wasser, ungesüßter oder leicht gesüßter Tee oder verdünnte Fruchtsäfte.
+ Früchtepürees zum Löffeln sind eine gute Alternative zur Süßigkeit und als Zwischenmahlzeit geeignet.

Bei Kinderspeiseplan auf ausgewogene Ernährung achten!
Beim Zusammenstellen des Kinderspeiseplans sollten Eltern auf ausgewogene Ernährung achten, sagen die AK-Konsumentenschützer:
Täglich
+ ein Glas Milch und zusätzlich noch ein Milchprodukt (Joghurt, Topfen, Käse etc)
+ mehrere Scheiben Brot, am besten Vollkorn, Gebäck, Zwieback, Knäckebrot etc
+ Reis, Nudeln oder Kartoffeln
+ mindestens eine Portion Gemüse roh und eine gekocht
+ mehrere Stück Obst
+ mindestens 1,5 Liter Flüssigkeit in Form von kalorienarmen koffeinfreien Getränken
+ wenig Streichfett.

Ideal ist für Kinder zwei Mal pro Woche Fisch und maximal drei Mal wöchentlich mageres Fleisch und Geflügel oder Wurst- und Wurstwaren (magere Sorten).

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