Wikinger waren sexy und modebewußt – Schwedische Forscher widerlegen bisherige Annahmen
Bunte Farben, seidene Tücher und
körperbetonte Kleider – so haben sich die Wikinger in alten Tagen
angezogen. Die schwedische Archäologin Annika Larsson von der
Universität Uppsala http://www.uu.se hat viele der bisherigen Annahmen
über den Lebensstil der Nordländer widerlegt. Archäologische Funde
bestätigen, dass die Frauen sehr provokative Kleider trugen und die
Männer eitel waren. Mit der Christianisierung habe sich allerdings der
Kleidungsstil rapide geändert.
„Die Wikinger haben orientalische Elemente mit dem nordischen Stil
kombiniert. Die Kleidung war auch so konzipiert, dass sie sowohl in den
Häusern als auch am Feuer präsentiert werden konnte“, erklärt Larsson,
die Textilien rund um den Mälarsee untersucht hat. Die Umgebung des
Sees, der eine Fläche von mehr als 1.100 Quadratkilometern hat, grenzt
an Stockholm und Uppsala und gehört zu den zentralen Siedlungsgebieten
während des Wikinger-Zeitalters von 750 bis 1050. Dieses Zeitalter könne
allerdings nicht als eine gesamte Periode bezeichnet werden, betont die
Forscherin. Die mittelalterliche Christianisierungsperiode hat Schweden
nämlich bereits Ende 900 erfasst. Damit verschwand der orientalische
Einfluss in der Kleidung. Durch die Erschließung neuer Handelswege gab
es dann einen regen Austausch mit West-Europa sowie dem christlichen
Byzanz.
„Textilforschung kann uns sehr viel mehr über den Status einer
Gesellschaft erklären als die Untersuchung der Traditionen. Alte Rituale
überleben manchmal die Veränderungen einer Gesellschaft. Werden
allerdings Handelsrouten abgeschnitten, hat das sofortige Auswirkungen
auf den Kleidungsstil“, so die Forscherin. Die schwedische Wikingerin
habe sich viel provokativer gekleidet, als wir das bisher angenommen
haben. Auch Funde im russischen Pskov, nahe von Novgorod (dem ehemaligen
Gorki), scheinen zu bestätigen, dass es solche Handelrouten gab.
Bisher waren Forscher davon ausgegangen, dass Wikinger-Frauen lange
Kleider trugen, die aus rechteckigen Stoffteilen bestanden und die durch
einen Gürtel zusammengehalten wurden. Funde aus Birka außerhalb
Stockholms widerlegen diese Theorie. Vielmehr legt die Forscherin die
Theorie nahe, dass es eine Art moderner Büstenhalter war, den die Frauen
trugen und der die Brust betonte, indem jede einzelne mit einer Spange
gehalten wurde. Die Kleider waren vorne offen. „Mit der
Christianisierung verschwand diese Art der Kleidung, die auch an
zahlreichen weiblichen Figuren festgestellt werden konnten“, erklärt die
Archäologin. Das könne einerseits darin liegen, dass die Christen eine
starke Akzentuierung der Weiblichkeit verboten. Andererseits könnte
diese Kleidung auch bei vorchristlichen Ritualen üblich gewesen sein und
daher untersagt. Wolfgang Weitlaner