Wolfgang Raub von „Raub’s Restaurant“ in Kuppenheim bei Baden-Baden und Jörg Sackmann vom „Gourmetrestaurant Schlossberg“ in Baiersbronn-Schwarzenberg bei Freudenstadt sind für die französische Gourmet-Bibel Gault Millau die kulinarischen Aufsteiger des Jahres in Baden- Württemberg. Damit stehen von den 30 besten deutschen Köchen 9 im Ländle am Herd.
Sackmanns „Gerichte, die Gaumen und Gemüt entzücken, offenbaren stets auch große Finesse, künstlerisches Empfinden und immense handwerkliche Meisterschaft.“ Weil überdies „die Kreativitätsmaschine des Aromenkünstlers läuft wie einst der VW in der Werbung“, kürten die Kritiker Sackmann, der beispielsweise geschäumte Bauernmilch mit Hummer und Süßdolde serviert, zum deutschen „Aufsteiger des Jahres“.
Raub bereitet „in seinem unscheinbaren Gasthaus an der stillen Dorfstraße unaufgeregt mit untrüglichem Instinkt für Aromen allzeit geschmacksstarke und harmonische Verbindungen bester Produkte. Er zählt zu den wenigen Köchen, die Gemüse nicht simpel im Salzwasser blanchieren und damit weitestgehend ihr Aroma entziehen, sondern sie rösten. So umrahmen gebratene Farnsprossen, Steinpilze und Artischocken den Steinbutt auf Graupenrisotto“.
Beide bekamen vom Gault Millau, der nach dem französischen Schulnotensystem urteilt, 18 von 20 möglichen Punkten, die für „höchste Kreativität und Qualität“ stehen. Dieselbe Note erreichten noch 5 Küchenchefs in Baden-Württemberg:
Josef Bauer vom „Landgasthof Adler“ in Rosenberg beeindruckt durch „schwäbischen Bauernschmaus mit französischem Adelsbrief“ und serviert das Gault Millau-„Menü des Jahres“ als Musterbeispiel für „Kreativität ohne Allerweltsaromen“ (beispielsweise getrüffelte Kalbskutteln mit Räucheraal und Schmorzwiebeln, geschmelzte Schwarzbrotsuppe mit Gänsestopfleber). Albert Bouley demonstriert im „Waldhorn“ in Ravensburg „virtuose Würzkunst und raffinierte Aromatik bei Bärenkrebsen in gelbem Chili-Curry mit Belugalinsen auf gebackenen Kartoffelscheiben in prickelndem Crémant-Sud“. Bei Claus-Peter Lumpp im Restaurant „Bareiss” in Baiersbronn-Mitteltal wird durch „aromenstrotzendes, extrem zartes Kaninchen, mit Lavendel und Salbei pochiert, auf Schalottenconfit in Schnittlauchbutter auch das kälteste Herz von südlicher Sonne erwärmt“. Martin Öxle“ zeigt in der Stuttgarter „Speisemeisterei“ seine „überzeugende Liaison von Eleganz und Frische auch bei Langostinos mit Rohrzucker-Curry und wunderbarer Vanille-Vinaigrette“. Christian Scharrer im „Imperial“ des „Schlosshotels Bühlerhöhe“ in Bühl „klassisch schöne Tafelfreuden wie Rücken vom Iberico-Schwein unter würziger Kräuterkruste auf geschmorter Paprika mit Saft von getrockneten Tomaten“.
Auf 17/20 steigerten sich Thomas Heilemann vom „Olivo“ in Stuttgart („die exzellente italienische Küche veredelt selbst das Vitello tonnato zum Geschmackserlebnis“), Armin Karrer vom „Hirschen“ in Fellbach („superbe Gänsestopfleber im Pfeffer-Croustillant oder als Praline mit Kohlrabi/Trüffel-Salat“), Andreas Krolik vom „Park-Restaurant“ in Baden-Baden („kocht dank mehr Kompetenz und Eigenverantwortung hochmotiviert mit vollem Elan und Ehrgeiz groß auf“) und Wolfgang Staudenmeier vom „Da Gianni“ in Mannheim („er beherrscht als Tedescho die Cucina alta souveräner und authentischer als die allermeisten gehätschelten Edel- und Lieblingsitaliener in Deutschland“). Sven Messerschmidt nahm seine 17 Punkte nach Schließung der „Traube“ in Freiburg mit an den neuen Herd der „Klostermühle“ im nahen Ehrenkirchen.
Bei Harald Wohlfahrt, der nun schon im 13. Jahr in allen kulinarischen Hitparaden die Nr. 1 in Deutschland ist und „sich auf Augenhöhe mit den besten europäischen Köchen bewegt“, jubeln die Kritiker: „Er ist nach 50 Lebens- und 25 Chefjahren unverbraucht und munter wie ein Perpetuum mobile. Ein Gericht kann nicht durchdachter und vollkommener sein kann als die zeitgemäße Kreation auf seinem Porzellan. Nicht minder bewundernswert ist, wie er sich noch immer für Neues begeistern kann, selbstverständlich nicht mit ungestümem Enthusiasmus, sondern mit weiser Gelassenheit. Die bewahrt ihn vor jeder dieser Modetorheiten, die allzu viele andere Köche in ihrer Profilierungssucht so demonstrativ zur Schau stellen wie Frauen ihre Silikonbusen oder Botoxlippen. Frei von Affektiertheit, Manierismus und missverstandenem Modernismus geht er den Weg der Qualität, Kreativität und Natürlichkeit.“ Für Gerichte wie seine Taube (die Brust ist mit Löwenzahn- Blütenhonig gelackt und mit Szechuanpfeffer gebraten, die Keulen als Kompott und die Innereien auf einem Crouton) mit Rouennaiser Sauce und Steckrüben, die mit Sirup von Süßwurzelholz glasiert sind, wurde Wohlfahrts Note auf 19,5 Punkte erhöht.
Die beste Beurteilung unter den neueröffneten Restaurants bekamen mit 15 Punkten das „Schloss Neuweier“ in Baden-Baden und „Werners Restaurant“ in Gernsbach bei Baden-Baden sowie mit 14 Punkten das „Landhaus Rössle“ in Bretzfeld und das „Lamm“ in Bühl.
Die Tester beschrieben und bewerteten dieses Jahr insgesamt 206 Restaurants in Baden- Württemberg. 173 Küchenchefs zeichneten sie mit einer oder mehreren Kochmützen aus, wofür die Künstler am Herd mindestens 13 von 20 möglichen Punkten erreichen mussten, was einem Michelin- Stern nahe kommt.
Im Vergleich zur Vorjahrsausgabe servierte der wegen seiner strengen Urteile und deren zuweilen sarkastischer Begründung von den Köchen gefürchtete, von den Gourmets mit Spannung erwartete Gault Millau im Ländle 21 langweilig gewordenen Restaurants ab und nahm 20 neu auf, 37 wurden höher, 20 niedriger bewertet; 5 Küchenchefs verloren die begehrte Kochmütze.
Dass in Baden-Württemberg nicht nur vortrefflich gekocht, sondern auch gastfreundlich bewirtet wird, demonstriert die Ehrung Karin Kaisers von der „Klostermühle“ in Ehrenkirchen bei Freiburg als „Restaurateur des Jahres“. Aus der Laudatio: „Die über 1000 Jahre alte, mit Millionenaufwand originalgetreu rekonstruierte Wassermühle erlebt eine glanzvolle Renaissance als Wallfahrtsort für Genießer, an dem Sven Messerschmidt nach dem trostlosen Ende der Freiburger ,Traube’ mit großer Kochkunst zu neuen Höhenflügen startet.“
Außerdem testete der im Münchner Christian Verlag erscheinende Reiseführer für Genießer (892 Seiten, 30 €) wieder Kreuzfahrtschiffe, die für ihre gute Küche werben: die deutsche Luxusyacht „MS Europa“, die alle Küchenstile der Welt bietende „MS Westerdam“ der Holland-America-Linie und die vom Hollywood-Starkoch Wolfgang Puck beehrte japanische „MS Crystal Symphony“. Ferner beschreibt und klassifiziert er 420 Hotels.
Die besten Restaurants des Gault Millau in Baden-Württemberg
1. Schwarzwaldstube in Baiersbronn-Tonbach (19,5 Punkte),
2. Bareiss in Baiersbronn-Mitteltal,
Gourmetrestaurant Schlossberg* in Baiersbronn-Schwarzenberg,
Imperial in Bühl,
Raub’s Restaurant* in Kuppenheim bei Baden-Baden,
Waldhorn in Ravensburg,
Landgasthof Adler in Rosenberg bei Crailsheim,
Speisemeisterei und Zirbelstube in Stuttgart (alle 18 Punkte),
10. Park-Restaurant* in Baden-Baden,
Landhaus Feckl in Ehningen bei Stuttgart,
Klostermühle* in Ehrenkirchen,
Zum Hirschen* in Fellbach,
Colombi in Freiburg,
Da Gianni* in Mannheim,
Berghotel Baader in Heiligenberg bei Meersburg,
Zirbelstuben in Bad Mergentheim,
Villa Hammerschmiede in Pfinztal bei Karlsruhe,
Burgrestaurant Staufeneck in Salach bei Göppingen,
Flohr’s Restaurant in Singen,
Olivo* in Stuttgart,
Adler in Weil bei Lörrach (alle 17 Punkte).
* Aufsteiger
www.gault-millau.de
www.jre.de
www.kochmesser.de/jre.html (JRE Messer)