Tag des Öko-Landbaus

Öffentliche Gelder für Nachhaltigkeit und im Sinne der Konsumenten einsetzen – Ökolandbau bietet Politik Erfolgsbeispiele und Impulse

Beim diesjährigen Tag des Ökolandbaus des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) in Berlin waren sich Wirtschaft, Wissenschaft und Politik einig: Die gesellschaftlichen Zusatzleistungen der Landwirtschaft müssen angemessen entlohnt werden. Rege diskutiert wurde die Frage, wie die Politik ihre Steuerungsfunktion am nachhaltigsten gestalten könne und welche Rolle dem Ökolandbau dabei zukomme.

Keinen Zweifel an der Dimension der notwendigen Veränderungen ließ Professor Franz Josef Radermacher, Mitglied des Club of Rome: „Wir brauchen eine Revolution für ein Global Governance!“ Ohne weltweite verbindliche, gemeinsam entwickelte Standards drohe der ökologische Kollaps. Denn eine rasant wachsende Weltbevölkerung, der zunehmende Wohlstand und die sich verändernden Konsummuster in China und Indien, sowie die ungelöste Energiefrage verschärfen die dramatischen Flächenkonkurrenzen und Umweltprobleme. Der Ökologische Landbau sei ein Modell nachhaltigen Wirtschaftens. Zudem stabilisiert der Ökolandbau sensible Böden der Tropen und Subtropen und trägt damit dort zu Ertragssteigerung und Ernährungssicherung bei. Allerdings müsse er sein Innovations- und Intensivierungspotential im Rahmen der ökologischen Grenzen ausschöpfen, um den Herausforderungen gewachsen zu sein.

Jörg Große-Lochtmann, Geschäftsführer der Marktgesellschaft der Naturland Betriebe, machte deutlich, dass der Ökologische Landbau verlässliche politische Rahmenbedingungen brauche, um seine Leistungen für die Gesellschaft erbringen zu können: „Solange es keinen Markt für diese öffentlichen Güter gibt, brauchen wir die Unterstützung der Politik!“

„Der Legitimationsdruck für die Politik steigt – aus öffentlichen Mitteln müssen auch öffentliche Güter entstehen“, betonte Felix Prinz zu Löwenstein, Vorstandsvorsitzender des BÖLW. Den Ökolandbau bezeichnete er als ein Agrar-Umweltprogramm, durch das effizient ein ganzes Bündel an gesellschaftlichen Zielen erreicht werden könne und an dem sich obendrein viele Verbraucher durch ihre Kaufentscheidung für Ökoprodukte beteiligten. „In Zeiten der von den Weltmärkten und der Energiepolitik veranlassten Intensivierung der Landwirtschaft brauchen wir zur Entlastung von Natur, Landschaft und Klima nicht weniger, sondern mehr solcher Programme“ forderte Löwenstein. Damit diese bei den veränderten Preisverhältnissen ihre Anreizfunktion erfüllen könnten, müssten sie allerdings neu berechnet werden. „Dafür wird mehr Geld erforderlich sein. Das kann nur durch eine Umschichtung innerhalb der Agrar-Mittel gewonnen werden – und das ist ebenso möglich wie nötig, denn eine reine Einkommensübertragung ohne Gegenleistung wird auf Dauer nicht zu begründen sein!“

Bei der anschließenden Podiumsdiskussion waren sich die Beteiligten einig, dass eine Förderung der Landwirtschaft explizit an deren Zusatznutzen, wie etwa Ressourcenschonung, zu koppeln sei und dass der Ökologische Landbau solche Zusatzleistungen erbringe. Dennoch wurde die Frage, welchen Stellenwert der Ökolandbau in der in der Fördersystematik bekommen solle, kontrovers diskutiert.

Hiltrud Nieberg, Johann Heinrich von Thünen-Institut (VTI), betonte: „Ein Set an geeigneten Maßnahmen ist da. Sie müssen aber, z.B. innerhalb der Umweltprogramme, sinnvoll aufeinander abgestimmt werden.“ Zudem müsse Ausbildung, Beratung und Forschung verstärkt gefördert werden. Kritik übte sie an den Ländern: „Die deutliche Kürzung der Umstellungsbeihilfen durch fast alle Bundesländer war ein fatales Signal.“

Thomas Dosch, Vorsitzender von Bioland, mahnte eine Neuberechnung der Prämien an: „Es kann nicht sein, dass konventionellen Bauern ein Ausgleich für Investitionen in tiergerechte Haltung gewährt wird, und Öko-Landwirten hierfür keine zusätzlichen Mittel zustehen, weil Tierschutz ohnehin zu den Leistungen des Ökolandbau gehört.“ Dosch betonte die Verantwortung und Lenkungswirkung der Politik beim Einsatz öffentlicher Gelder: „Wenn wir mehr gesellschaftliche Leistungen wollen, muss dafür gezahlt werden. Die Förderung nachwachsender Rohstoffe zeigt, wie schnell Veränderungen möglich sind.“

Auch Till Backhaus, Agrarminister Mecklenburg-Vorpommerns, kritisierte die negativen Folgen eines unökologischen Energiepflanzenanbaus und kündigte an, gegebenenfalls mit der Honorierung vielfältiger Fruchtfolgen gegenzusteuern. Zudem bekundete er seinen Willen, Vorpommern zu einer ökologischen Modellregion zu machen.

Ebenso wie dieser lehnte auch Gert Lindemann, Staatssekretär im BMELV es ab, vor 2013 weitere Mittel aus der 1. Säule umzuschichten. Beide Politiker sehen hierin eine Gefahr für die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Betriebe und wollen so Verlässlichkeit demonstrieren – demgegenüber erinnerte Thomas Dosch: „Auch diejenigen, die sich nach den Empfehlungen der Politik gerichtet haben, und in Programme der 2. Säule eingestiegen sind, haben Verlässlichkeit verdient!“ Lindemann will sich dafür einsetzen, dass nach 2013 die gekürzten Mittel der 1. Säule weiterhin landwirtschaftsnah eingesetzt werden. Lindemann weiter: „Eine bevorzugte Förderung einer bestimmten Wirtschaftsform ist nicht Ziel der deutschen Agrarpolitik.“ Im Grundsatz stimme er aber zu, dass die Mittel bevorzugt bei denen eingesetzt werden sollen, die die gesellschaftlichen Leistungen am besten erfüllen.

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