Hinrich Bischoff ist tot

Air-Berlin-Chef Hunold erfüllt den letzten Wunsch von Dr. Hinrich Bischoff

Dr. Hinrich Bischoff, der Inhaber der Fluggesellschaft Germania, ist tot. Er starb am späten Freitagnachmittag im Alter von 69 Jahren nach kurzer, schwerer Krankheit in einer Klinik auf der Bühler Höhe im Schwarzwald. Eine Stunde zuvor hatten ihm noch sein Generalbevollmächtigter und langjähriger Freund, der Berliner Rechtsanwalt und Notar Jürgen Vogt, Germania-Geschäftsführerin Edda Gauch und Air-Berlin-Chef Joachim Hunold am Sterbebett Vollzug gemeldet: „Alles ist geregelt!“ Dr. Bischoff lächelte dankbar und drückte den Besuchern die Hand. Zuvor waren vertragliche Vereinbarungen zwischen Generalbevollmächtigten, Hinrich Bischoff und Joachim Hunold zur Weiterführung der Airline getroffen worden. Auf der Rückfahrt zum Baden-Badener Flughafen erreichte die drei Besucher dann telefonisch die Nachricht, dass Dr. Bischoff gestorben sei.

„Ich bin tief bewegt und stolz zugleich, dass mir Herr Dr. Bischoff so viel Vertrauen geschenkt hat. Für mich ist das die Verpflichtung, sein Lebenswerk fortzuführen“, erklärte ein sichtlich bewegter Joachim Hunold am Samstag vor Mitarbeitern seines Unternehmens. Der Vorgang dürfte von der Branche als Sensation aufgenommen werden. Denn Bischoff und Hunold galten über viele Jahre hinweg als Intimfeinde. Hunold hatte 1991 die bis dahin amerikanische Air Berlin übernommen und war damit Dr. Bischoff zuvorgekommen. Erst vor eineinhalb Jahren kam es unter dem Druck der ausländischen Billigflug-Konkurrenz zu einer Annäherung zwischen beiden. Air Berlin mietete drei Flugzeuge von Germania, Dr. Bischoff stellte im Gegenzug die Strecken nach Zürich und Wien ein, auf der sich Germania und Air Berlin einen erbitterten Preiskampf geliefert hatten.

Die Zusammenarbeit der beiden Selfmade-Männer funktionierte bald so gut, dass sich daraus sogar eine Freundschaft entwickelte. Als Hinrich Bischoff vor fünf Wochen ins Krankenhaus musste, bat er Hunold zu einem ersten Gespräch, in dem es um die Zukunft von Germania ging. Bereits im Sommer hatte Dr. Bischoff in einem viel beachteten Zeitungsinterview die Manager-Fähigkeiten von Joachim Hunold gelobt und dabei Größe gezeigt, indem er eigene Fehler eingestand. Der Erhalt der Unternehmensgruppe, die insgesamt 577 Mitarbeiter beschäftigt, war Dr. Bischoffs größte Sorge in den letzten Wochen seines Lebens.

Hinrich Bischoff war ein ebenso ungewöhnlicher Mensch wie genialer Unternehmer. Er wurde am 19. März 1936 in Bad Soden-Allendorf geboren, studierte in Berlin und Tübingen Rechtswissenschaften. 1965, im Alter von 29 Jahren, wurde er bereits im Versicherungskonzern Gerling Abteilungsleiter mit Prokura. Von 1968 bis 1972 gehörte er zum Beraterstab des Vorstandsvorsitzenden der „Werft AG Weser“, der damals größten Schiffbaugesellschaft in Deutschland. 1973 wurde er Mitbegründer und Geschäftsführer der Hapag-Lloyd Fluggesellschaft mbH, die sich bald zur zweitgrößten deutschen Charterfluggesellschaft entwickeln sollte.

Nachdem ihm die Beteiligung an der von ihm aufgebauten Fluggesellschaft verweigert worden war, machte sich der damals 40-Jährige selbstständig, erwarb 1978 die marode Fluggesellschaft SAT für eine symbolische D-Mark, bewahrte sie vor dem Konkurs und sanierte sie innerhalb von drei Jahren. 1986 gründete Dr. Bischoff die Germania Fluggesellschaft mbH und stieg damit ins operative Fluggeschäft ein. Zur Unternehmensgruppe gehören heute 44 Flugzeuge.

Trotz seines großen geschäftlichen Erfolges und seines Vermögens, um das sich viele Legenden ranken, trat Dr. Hinrich Bischoff stets bescheiden auf. Nur selten sah man ihn mit Anzug und Krawatte. Selbst zu „vornehmen“ Anlässen erschien er im Polohemd. Daten und Fakten über seine Unternehmen hatte er stets im Kopf, unvermeidbare Papiere in einer Aktentasche, die eher an das Outfit eines ländlichen Tierarztes als an das eines erfolgreichen Unternehmers erinnerte. Privat kümmerte sich Bischoff auf seine Weise um den „Aufbau Ost“: Vom Land Brandenburg übernahm er das Gestüt Görlsdorf und richtete es wunderschön her. Für die Sanierung eines Hotels auf Usedom bekam er sogar einen Preis. Er kümmerte sich um in Not geratene Leistungssportler aus der früheren DDR. Bischoff spielte regelmäßig und passioniert Skat und wurde zu einem in der internationalen Kunstszene anerkannten Sammler alter flämischer Meister. Die Werke sind überwiegend in Museen zu sehen, u. a. in der Neuen Berliner Gemäldegalerie, zu deren Mäzenen Bischoff gehörte.

Dr. Hinrich Bischoff hinterlässt Frau und zwei erwachsene Kinder. Der von Bischoff persönlich beauftragte Joachim Hunold will Germania in Kürze durch einen Managementvertrag an Air Berlin binden.

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